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Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einer TV-Ansprache am Samstag.

© dpa

Syrien-Konflikt erreicht den Libanon: Hisbollah-Chef Nasrallah erklärt sich zur Kriegspartei

Im Libanon wächst die Kriegsangst: In Beirut schlugen mehrere Raketen ein - vermutlich abgefeuert von Sympathisanten der sunnitischen Aufständischen in Syrien. Hisbollah-Chef Nasrallah ruft seine Anhänger unterdessen zur Unterstützung des syrischen Regmies auf.

Einen Tag nach der offenen Kriegsrede von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sind im Süden Beiruts, der wichtigsten Hochburg der schiitischen Kampforganisation, zwei Grad-Raketen eingeschlagen – vermutlich abgefeuert von Sympathisanten der sunnitischen Aufständischen in Syrien. Vier Männer wurden verletzt, ein Autogeschäft sowie ein Wohnblock beschädigt. Dieser erste innerlibanesische Raketenbeschuss auf Beirut seit Jahren heizte am Sonntag die Spannungen und die Kriegsangst im Libanon weiter an.

Ein Kommandeur des Rebellen-Militärrats von Aleppo hatte der Hisbollah zuvor per Video offen gedroht. „Wir kommen, Hassan Nasrallah“, rief er aus, „wir werden uns dein Hauptquartier in Dahiyeh vorknöpfen“. Auch in der zweitgrößten libanesischen Stadt Tripoli forderten die seit fünf Tagen andauernden schweren Gefechte zwischen Assad-Gegnern und Assad-Anhängern weitere Opfer. Bisher starben mindestens 32 Menschen, darunter auch drei Soldaten der libanesischen Armee. Über 200 wurden verletzt.

Nasrallah hatte am Samstagabend in einer einstündigen Rede über Großbildleinwand vor tausenden von Anhängern in der Bekaa-Ebene erklärt, man trete jetzt in eine ganz neue Phase ein und werde bis zum Sieg an der Seite von Syriens Staatschef Bashar al-Assad kämpfen. „Ich sage allen ehrenhaften Leuten, allen Kämpfern und allen Helden – ich habe euch stets Siege versprochen und nun verspreche ich euch einen weiteren Sieg“, rief er unter dem donnernden Applaus der Menge und warnte davor, ein Sturz des syrischen Regimes werde zum Erstarken sunnitischer Extremisten führen und zu neuen Angriffen Israels auf die Hisbollah.

„Wir werden nicht mit verschränkten Armen zuschauen, wie Amerika, Israel und sunnitische Radikale gemeinsam Syrien das Rückgrat brechen“, sagte Nasrallah. „Wir wären Narren, wenn wir das zuließen.“ Die sunnitischen Assad-Gegner in der Hafenstadt Tripoli forderte er auf, wie die Hisbollah nach Syrien zu gehen und den Konflikt auf syrischem Boden auszufechten. „Haltet Tripoli und den Libanon da raus“, erklärte er.

In der syrischen Grenzstadt Kusair gingen unterdessen die schweren Kämpfe auch am Wochenende weiter. Die syrische Armee nahm Wohnviertel im Norden unter Dauerbeschuss, zwischen 1200 und 1600 Hisbollah-Kämpfer sollen bei den Straßenkämpfen im Einsatz sein, mindestens 22 kamen allein am Wochenende ums Leben. Die „Nationale Koalition“ der syrischen Opposition, die ihr Treffen in Istanbul über das Wochenende hinaus verlängerte, verurteilte die Rede Nasrallahs und nannte sie einen Versuch, das libanesische Volk gegen ihre Schwestern und Brüder in Syrien aufzuhetzen, die gegen einen brutalen Diktator revoltierten. Die Assad-Gegner appellierten an die Hisbollah-Kämpfer, ihre Einheiten zu verlassen und überzulaufen.

Es gelang den Delegierten jedoch auch nach mehrtägigen Beratungen nicht, sich knapp zwei Wochen vor der geplanten internationalen Friedenskonferenz in Genf auf einen neuen Oppositionschef zu einigen. Der bisherige Vorsitzende, der aus Damaskus stammende sunnitische Geistliche Moaz al-Khatib, war im März zurückgetreten. Entsprechend pessimistisch äußerte sich der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi. Er habe keine großen Hoffnungen, dass bei dem Diplomatentreffen in Genf ein Durchbruch erzielt werden könne, erklärte er in Jordanien auf einer Tagung des Weltwirtschaftsforums am Toten Meer. Das syrische Außenministerium erklärte sich am Sonntag grundsätzlich zur Teilnahme an der Konferenz bereit. Das Treffen biete eine gute Gelegenheit, die Krise des Landes beizulegen.

Derweil verlautete aus syrischen Oppositionskreisen, die beiden vor fünf Wochen in der Provinz Aleppo entführten Bischöfe seien bei guter Gesundheit. Das habe ein Arzt bestätigt, der die gefangenen Geistlichen vor drei Tagen besuchen konnte. Nach wie vor jedoch gibt es keine gesicherten Informationen darüber, wer die Kidnapper des syrisch-orthodoxen Metropoliten Yohanna Ibrahim und seines griechisch-orthodoxen Amtskollegen Paul Yazigi sind und welche Forderungen sie stellen.

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