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Petra Sitte (53) ist Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken und Obfrau ihrer Fraktion im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestags.

© Thilo Rückeis

Transparenz im Bundestag: „Das kann die Demokratie nur stärken“

Nach einem Gerichtsbeschluss für mehr Information über Bundestagsausschüsse fordert die Linken-Politikerin Petra Sitte mehr Öffentlichkeit bis hin zu Livestreams aus den Parlamentsgremien

Frau Sitte, nach einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts soll es künftig mehr Transparenz in den Bundestagsausschüssen geben. Denkbar seien ausführliche Zusammenfassungen nichtöffentlicher Sitzungen. Ist das ein richtiger Weg?

Der Bundestag gibt bereits jetzt Auskünfte über nichtöffentliche Ausschusssitzungen im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit. Dabei zeigen sich bereits die Probleme, wenn Redebeiträge redaktionell aufbereitet und gekürzt werden. Aus Sicht der interessierten Öffentlichkeit wird dem Informationsinteresse damit nicht ausreichend entsprochen. Aus Sicht der Abgeordneten ist unbefriedigend, wenn ihre Beiträge verkürzt oder gar nicht dargestellt werden.

Sollten nach den Sitzungen Wortlautprotokolle bekannt gemacht werden?
Wortprotokolle werden derzeit nicht in jeder Sitzung, sondern aufgrund des immensen Aufwands des Protokollierens und der Kontrolle durch alle Beteiligten auf Richtigkeit nur in besonderen Fällen, etwa Anhörungen, gefertigt. Eine Anfertigung berichtigter Wortprotokolle nach allen Ausschusssitzungen halten wir kaum für leistbar. Daher plädieren wir für die Herstellung der Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen als Regelfall. Wir diskutieren derzeit einen Antrag, dies in der Geschäftsordnung des Bundestags zu verankern. Nach Maßgabe der Technik sollen die Sitzungen auch im Internet als Livestream übertragen werden.

Kritiker sagen, die Politiker könnten unter den Augen des Publikums schlechter Kompromisse schließen. Stimmt das?
Dieses Argument hält der politischen Praxis nicht stand, in der Regierung und Regierungsfraktionen in der Regel einen engen Abstimmungsprozess verfolgen. Die Meinungsbildung und Kompromissbildung findet bis auf wenige Ausnahmen etwa bei fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen, dem Haushalt oder anderen Sonderfällen vor der Beratung in den Ausschüssen statt. Haben Ausschüsse tatsächlich Änderungen an Gesetzen beschlossen und Kompromisse verhandelt, dann wird dies auch jetzt bereits durch die Ausschussberichte nachvollziehbar. Ein Schaden ist daher nicht zu erwarten.

Warum wäre mehr Transparenz hilfreich?
Sie würde zu einer verbesserten Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungsfindung beitragen. Das kann die parlamentarische Demokratie in den Zeiten des ihr oft entgegengebrachten Misstrauens nur stärken. Landesparlamente wie etwa das Abgeordnetenhaus von Berlin und der Landtag von Brandenburg haben mit öffentlichen Ausschusssitzungen gute Erfahrungen gemacht.

(Den Beschluss des Gerichts finden Sie hier als Download)

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