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U.S. Air Force F-15C Eagles fliegen im Rahmen einer Nato-Übung mit türkischen F-16C Fighting Falcons.

© Master Sgt. Nick Hodge/U.S. Air force/dpa

Treffen der Nato-Außenminister: Die Nato ist zwischen Russland und Türkei hin- und hergerissen

Die Nato ist solidarisch mit der Türkei, will aber eine Eskalation verhindern. Außerdem braucht sie Russland für den Syrien-Konflikt. Die Außenminister der Nato-Staaten sind hin- und hergerissen.

Von „turbulenten Zeiten“ und einer „düsteren“ Sicherheitslage hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag zum Auftakt eines zweitägigen Außenministertreffens der Allianz gesprochen. Da sind der Terror im Innern sowie die Kriege an der östlichen wie südlichen Grenze des Bündnisses. Und der Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei vor gut einer Woche stellte die erste direkte militärische Auseinandersetzung zwischen Moskau und einem Nato-Mitglied seit vielen Jahren dar.

Beim Treffen in Brüssel zeigte sich das Bündnis deshalb hin- und hergerissen. Einerseits versicherte US-Botschafter Douglas Lute, die türkische Version des Geschehens decke sich mit eigenen Erkenntnissen, weshalb die Außenminister darüber berieten, wie der Türkei die Solidarität der Bündnispartner versichert werden kann. Stoltenberg kündigte Entscheidungen etwa zur Unterstützung der türkischen Flugabwehr in den nächsten Wochen an.

Andererseits jedoch geht es um Deeskalation, um militärischen Informationsaustausch, damit aus dem strategischen Konflikt mit Russland nicht ein bewaffneter wird. „Wir diskutieren, wie wir die Vorhersehbarkeit in unseren Beziehungen wiederherstellen können“, berichtete Stoltenberg am Rande des Treffens: „Wir müssen Mittel und Wege finden, um transparenter zu werden und das Risiko zu reduzieren, damit es nicht zu weiteren Unfällen oder Zwischenfällen kommt, die außer Kontrolle geraten können.“

Neue Mechanismen sollen eine Eskalation verhindern

So wollten die Minister die Nato-Militärs damit beauftragen, zusätzlich zum Roten Telefon Mechanismen zu entwickeln, damit das Schlimmste verhindert werden kann – mehr Vorab-Information über geplante Flüge und deren Aktualisierung im Einsatz. „Kommt es nämlich erst einmal zum direkten Kontakt ist oft nicht mehr viel zu machen“, berichtet ein Militär, „da der Pilot in wenigen Sekunden seine Einsatzregeln befolgen muss.“

Viele osteuropäische Staaten jedoch sperren sich Diplomatenangaben zufolge wegen des ungelösten Ukrainekonflikts selbst zu diesem Zweck gegen die Wiederaufnahme militärischer Kontakte. „Sie wollen dem erst aus einer Position der Stärke heraus zustimmen“, berichtet ein Nato-Offizieller, „wenn die Verstärkung der Präsenz in Osteuropa weiter fortgeschritten ist.“

Erst beim Gipfel nächsten Sommer in Warschau jedoch soll der sogenannte „Readiness Action Plan“ voll greifen. Die Bundesregierung befürwortet eine vorsichtige Wiederannäherung, um gemeinsam in Syrien gegen die Terrormiliz des "Islamischen Staates" (IS) vorzugehen und eine politische Lösung für das zerstörte Land zu suchen – nicht zuletzt um die Zahl der von dort Flüchtenden zu reduzieren.

Zuletzt hatte vor allem Frankreichs Staatschef Francois Hollande den Schulterschluss mit Kremlchef Wladimir Putin gesucht, und am Dienstag kündigte auch US-Präsident Barack Obama an, im Streit zwischen Putin und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan zu vermitteln: „Wir haben alle einen gemeinsamen Feind, den IS.“ In Berlin sieht man jedoch auch den Widerstand der Osteuropäer, die auf die Minsker Friedensvereinbarung für die Ostukraine pochen: „Das würde unserem gemeinsamen Anliegen in Syrien sicher helfen“, hieß es in deutschen Regierungskreisen. Noch aber sieht es danach nicht aus – und ist die Nato uneins im zukünftigen Umgang mit Russland.

Ein weiterer Testfall dafür steht an diesem Mittwochmorgen an: Die Außenminister entscheiden, ob das kleine Montenegro zu Gesprächen über den Nato-Beitritt eingeladen wird. Weil Moskau vorab Kritik geäußert hat, wollte Stoltenberg am Dienstag noch keine Prognose wagen, ob wirklich die nötige Einstimmigkeit existiert.

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