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Laut Umfragen sehen viele Israelis in Trump einen Freund des jüdischen Staats. Vor allem nationalreligiöse Siedler feiern den Republikaner.

© Jim Hollander/dpa

Trump und der Nahe Osten: Verbunden und verbündet mit Israel

Donald Trump und sein Team nehmen immer offener Partei für Israel. Welche Folgen hat das für den Nahost-Konflikt und die Region? Eine Analyse.

Es waren schwierige Jahre. Unter Barack Obama und Benjamin Netanjahu sind die amerikanisch-israelischen Beziehungen von einer Krise in die nächste getaumelt. Nach dem Machtwechsel in Washington gibt es nun Zeichen dafür, dass Donald Trump einen eindeutig proisraelischen Kurs einschlagen will. Doch es ist unsicher, ob sich der neue US-Präsident tatsächlich mit Verve im Nahostkonflikt engagieren wird.

Warum hat sich das Verhältnis zwischen den USA und Israel verschlechtert?

Als der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy beim G-20-Gipfel von Cannes vor fünf Jahren bei versehentlich eingeschaltetem Mikrofon mit seinem amerikanischen Kollegen Obama am Konferenztisch plauderte, kam die Rede auf den israelischen Premier. „Ich kann Netanjahu nicht ausstehen, er ist ein Lügner“, sagte Sarkozy, worauf Obama erwiderte: „Sie haben vielleicht die Nase voll von ihm, aber ich muss mich noch viel öfter mit ihm herumschlagen als Sie.“

Obama und Netanjahu sind sich in einer tiefen Abneigung verbunden. Doch es gab nicht nur persönliche Gründe für die Abkühlung der Beziehungen. Obama hat es Netanjahu nie verziehen, dass er die amerikanischen Bemühungen um einen Ausgleich mit den Palästinensern ins Leere liefen ließ. Umgekehrt haben es viele Israelis nie vergessen, dass Obama bei seiner großen Nahost-Rede im Juni 2009 in Kairo die Siedlungspolitik des jüdischen Staates kritisierte.

Trotz seiner Distanz zu Netanjahu ist Obama jedoch einer Maxime der amerikanischen Nahostpolitik treu geblieben: Die großzügige militärische Unterstützung der USA für Israel lief weiter. Unter Obamas Präsidentschaft wurde im September sogar eine US-Militärhilfe für den jüdischen Staat im Volumen von 38 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren vereinbart. Ein deutliches Zeichen der Treue und Verbundenheit.

Was könnte sich unter Trump verändern?

Er wünsche sich, dass unter seiner Präsidentschaft ein Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern erreicht werden könnte, sagte Trump vor wenigen Wochen dem „Wall Street Journal“. Eine Vereinbarung zur Beendigung des Jahrhundertkonflikts wäre „der ultimative Deal“. Doch seit seiner Wahl setzt Trump so viele Zeichen einer eindeutig pro-israelischen Politik, dass sich die Frage stellt, warum die Palästinenser unter diesen Umständen zu einem „Deal“ bereit sein sollte. So hat der US-Republikaner mehrfach erklärt, er liebe Israel und stehe fest an der Seite des Landes.

Trump brachte auch seinen jüdischen Schwiegersohn Jared Kushner als inoffiziellen Nahost-Vermittler ins Gespräch und ernannte jetzt den Anwalt David Friedman zum amerikanischen Botschafter in Israel. Der steht der nationalreligiösen Rechten und der Siedlerbewegung nahe und ist gegen die Zwei-Staaten-Lösung im Nahostkonflikt.

Der designierte Diplomat bezeichnet zudem das sowohl von den Israelis als auch den Palästinensern beanspruchte Jerusalem als „ewige Hauptstadt Israels“. Trump verspricht sogar, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, was auf eine Anerkennung der israelischen Ansprüche hinauslaufen würde – und großen Unmut in der arabischen Welt sowie einem Großteil der Staatengemeinschaft verursachen dürfte.

Trotz dieser klaren Parteinahme für Israel ist nicht sicher, dass sich Trump mit voller Energie dem Nahostkonflikt widmen wird. Schließlich hat der designierte Präsident andere Prioritäten in der Region: Neben der Bekämpfung des „Islamischen Staates“ in Syrien und dem Irak ist das vor allem die Eindämmung des iranischen Einflusses.

Wie wird Trumps Politik gegenüber dem Iran aussehen?

Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, das Abkommen über das Atomprogramm aufzukündigen. Sein designierter Sicherheitsberater Michael Flynn und der als Verteidigungsminister vorgesehene James Mattis sind als Iran-Gegner bekannt. Doch zumindest Mattis ist dafür, die Vereinbarung einzuhalten. Der neue Minister plädiere für eine „strikte Kontrolle“ iranischer Aktivitäten, sagt Owen Daniels vom Atlantic Council in Washington.

Die schiitische Islamische Republik hat den neuen Präsidenten bereits davor gewarnt, sich von dem Abkommen zu verabschieden. Anlass war eine Entscheidung des US-Senats, dem Präsidenten eine rasche Wiedereinführung von Iran-Sanktionen zu ermöglichen, falls das nötig werden sollte. Mattis und andere setzen auf eine Stärkung der Allianzen der USA mit den sunnitischen Golf-Staaten und eine abschreckende Marine-Präsenz in der Region, um Teheran in die Schranken zu weisen. Aber: „Wir wissen nicht, ob Trump auf seine Berater hören wird“, sagt Stephen Kinzer von der Brown University in Rhode Island.

Was erhoffen sich die israelischen Siedler?

Als Trumps Wahlsieg feststand, kannte die Euphorie bei den nationalistisch gesinnten jüdischen Siedlern kaum Grenzen. Im besetzten Westjordanland wurde der US-Präsident als ein „echter Freund“ gefeiert. Auch die Religiös-Konservativen machten aus ihrer Gefühlen keinen Hehl. Bildungsminister Naftali Bennett etwa erklärte unmittelbar nach Trumps Triumph: „Das ist eine Gelegenheit für Israel, der Idee eines Palästinenserstaates inmitten des Landes eine Absage zu erteilen, weil er unserer Sicherheit und unserer gerechten Sache schaden würde.“ Aus der Sicht des Chefs der Siedlerpartei und seiner Gefolgsleute gehören die „schlimmen acht Jahre mit Obama“ nun endgültig der Vergangenheit an.

Die Freude kommt nicht von ungefähr. Die Obama-Administration hatte immer wieder die Siedlungspolitik harsch kritisiert. Das wird unter Trump wohl eher die Ausnahme bleiben. Sein Berater Jason Greenblatt sagte vor Kurzem im israelischen Armeeradio, man wolle eng mit der Regierung in Jerusalem zusammenarbeiten – der Wohnungsbau in den besetzten Gebieten sei dabei kein Hindernis. Man solle die Siedlungen nicht verurteilen. Der zum Israel-Botschafter ernannte David Friedman sieht das ebenso. Nur: Die Mehrheit der Staatengemeinschaft warnt seit Langem vor dem Siedlungsbau. Dieser sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht und verhindere eine einvernehmliche Lösung des Nahostkonflikts.

Womit rechnen die Palästinenser?

Kein Wunder, dass die Reaktionen der Palästinenser auf die Wahl von Trump eher schmallippig ausfielen. Man erwarte, dass die Zwei-Staaten-Lösung weiterhin anerkannt werde, teilte der palästinensische Außenminister Riad el Malki mit. Eine Legalisierung der Siedlungen komme auf keinen Fall infrage. Die Verantwortlichen um Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas sind sich jedoch im Klaren darüber, dass von Trump und seinem Team kein großes Entgegenkommen zu erwarten ist.

Zwei, die sich verstehen: Der künftige US-Präsident und der israelische Premier, hier bei einem Treffen im September in New York.
Zwei, die sich verstehen: Der künftige US-Präsident und der israelische Premier, hier bei einem Treffen im September in New York.

© Reuters

Sie werden daher wohl eher auf Europa und Organisationen wie die UN als Verbündete setzen – selbst wenn außer Frage steht, dass allein die USA in der Lage sind, Einfluss auf die Regierung in Jerusalem zu nehmen. Niemand rechnet aber ernsthaft damit, dass dies auch passiert. Netanjahu gibt sich denn auch sehr zuversichtlich: „Ich bin mir gewiss, dass Trump und ich weiterhin die einzigartige Allianz zwischen unseren beiden Ländern stärken und zu weiteren Höhen treiben werden.“

Was halten jüdische Gruppen in den USA von Trump?

Obwohl Trumps klare Parteinahme für Israel bei vielen US-Juden gut ankommt, herrscht keineswegs helle Begeisterung über den neuen amerikanischen Präsidenten. Zum Beispiel beschimpft der künftige Botschafter Friedman israelkritische jüdische Verbände in den USA als „Kapos“, jüdische Helfer in den KZs. J-Street wiederum, eine dieser Organisationen, rügte Friedmans Berufung zum Botschafter scharf. Verschiedene jüdische Gruppen sind ohnehin von Trumps bisherigem Kurs und einigen seiner Berater wenig begeistert.

Ihnen wird vorgeworfen, der rechtsradikalen „Alt-Right“-Bewegung anzugehören und antijüdische Tendenzen an den Tag zu legen. Im Zentrum der Kritik steht Trumps Chefstratege Steve Bannon. Verschiedene jüdische Verbände haben mehr als eine Million Unterschriften gesammelt, um Bannons Entlassung zu fordern. „Im Weißen Haus ist kein Platz für einen antisemitischen Frauenfeind, der an eine Überlegenheit der weißen Rasse glaubt und den Klimawandel leugnet“, erklärten die beteiligten Organisationen.

Jüdische Aktivisten wehren sich auch gegen die geplante Wiedereinführung eines Registrierungsverfahrens für Muslime unter Trumps Regierung. Jonathan Greenblatt, Chef der Organisation ADL, die gegen den Antisemitismus kämpft, will sich als Zeichen der Solidarität offiziell als Muslim registrieren lassen, wenn Trump den Plan in die Tat umsetzt.

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