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Benjamin Netanjahu.

© AFP

Bereitschaft zu Neuanfang: Türkei und Israel: Partner ohne Wahl

Die Türkei und Israel üben sich in vorsichtigen Gesten der Wiederannäherung. Hinter den Kulissen laufen Gespräche. Dabei geht es um einen Neuanfang in den Beziehungen generell, aber auch um ein konkretes Hindernis auf dem Weg dorthin.

Mehr als ein Jahr nach dem Tod von neun türkischen Aktivisten beim Angriff israelischer Soldaten auf einen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern für Gaza bemühen sich die Türkei und Israel vorsichtig um eine Reparatur ihrer krisengeschüttelten Beziehungen. Ankara verhinderte mit sanftem Druck eine türkische Beteiligung an der neuen Gaza-Flotille. Und israelische Regierungsvertreter beteuerten in einer Serie von Interviews mit türkischen Medien ihre Bereitschaft zu einem Neuanfang.

Als die umstrittene türkische Hilfsorganisation IHH Mitte Juni ihren Verzicht auf die Teilnahme an der neuen Gaza-Flotille bekannt gab, atmeten Außenpolitiker in Ankara und Tel Aviv erleichtert auf. Vor einem Jahr war die – von Israel als islamistisch kritisierte – IHH die Anführerin der Gaza-Blockadebrecher. Die neun Aktivisten starben an Bord des IHH-Flaggschiffes, der „Mavi Marmara“.

Derzeit versuchen Teilnehmer einer neuen internationalen Gaza-Flotille, von Griechenland aus die israelische Abriegelung des Palästinensergebietes zu durchbrechen. Die „Mavi Marmara“ bleibt derweil zu Hause. Offiziell begründet die IHH das mit technischen Problemen. Doch das dürfte nicht die ganze Wahrheit sein. Die türkische Regierung hatte die IHH aufgerufen, über ihre Beteiligung noch einmal nachzudenken. Wenig später zog sich die IHH aus dem Projekt zurück.

„Das gibt uns die Chance, die Beziehungen zu erneuern“, meint Danny Ayalon. Der israelische Vize-Außenminister lud kürzlich eine Gruppe türkischer Journalisten nach Jerusalem ein: eine wichtige Geste. Denn Ayalon war jener Mann, der im Januar vergangenen Jahres den türkischen Botschafter in Israel vor laufenden Kameras gedemütigt hatte.

Nun will Israel aus der Krise heraus. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schickte seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan eine Glückwunschbotschaft nach dessen kürzlichem Wahlsieg. Netanjahu äußerte laut Presseberichten den Wunsch, den „Geist der Freundschaft“ neu zu beleben.

Ayalon und der türkische Diplomat Özdem Sanberk bestätigten, dass hinter den Kulissen neue Gespräche zwischen beiden Staaten laufen. Dabei geht es um einen Neuanfang in den Beziehungen generell, aber auch um ein konkretes Hindernis auf dem Weg dorthin. Die Türkei verlangt von Israel eine Entschuldigung für den Angriff auf die „Mavi Marmara“ und Entschädigungszahlungen an die Familien der Opfer. Israel lehnt beides ab. Laut Presseberichten könnte Netanjahus Regierung aber bereit sein, ihr „Bedauern“ über die Gewalt zu äußern.

Beide Seite sind grundsätzlich an einer Erholung der Beziehungen interessiert. Israel braucht Partner im Nahen Osten. Auch die Türkei braucht mittelfristig stabile Beziehungen zu Israel. Nur so kann sie ihre angestrebte Rolle als regionale Führungsmacht spielen, die mit allen Parteien im Nahostkonflikt offene Gesprächskanäle hat. Allerdings mangelt es noch deutlich an Vertrauen auf beiden Seiten.

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