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Verzögert Gründung einer Anti-Korruptionsbehörde: Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine.

© AFP

Ukraine: Mächtige verhindern Anti-Korruptionsbehörde

Der Aufbau einer Anti-Korruptionsbehörde in der Ukraine wird offensichtlich von Präsident Petro Poroschenko und anderen einflussreichen Kräften verhindert, obwohl der Westen davon seine Finanzhilfen abhängig macht.

Seit Monaten beschäftigen sich in Kiew Parlament, Präsident und die Regierung mit dem Aufbau einer Anti-Korruptionsbehörde für die Ukraine. EU und USA haben wiederholt darauf hingewiesen, wie wichtig die Einrichtung eines solchen Amtes sei, und sie machen die Auszahlung von Finanzhilfen davon abhängig. NGO-Vertreter beschleicht der Verdacht, dass einflussreiche Kräfte diese Behörde verhindern wollen.

„Ich gehe so weit und sage, die Entstehung des Amtes wird sabotiert“, sagt Jegor Sobolew. Der 38-Jährige ist seit ein paar Wochen Abgeordneter. Zusammen mit etwa 45 weiteren, meist neuen Parlamentariern versucht er, das Projekt Anti-Korruptionsamt zu retten. Monatelang hatte Sobolew mit Viktor Tschumak mehrere Gesetzesentwürfe für die Schaffung einer solchen Behörde ins Parlament eingebracht. Damals gehörte Sobolew noch zur NGO „Reformpaket für die Ukraine“, Tschumak saß für die Partei Udar von Vitali Klitschko in der Rada und hatte bereits im Sommer „gegen viele Widerstände aus allen Fraktionen zu kämpfen“, berichtet Rechtsanwalt Tschumak.

Dabei waren die europäische Integration der Ukraine und die Bekämpfung der Korruption die beiden Kernforderungen der Maidan-Proteste vom vergangenen Winter. Sobolew war damals einer der Hauptorganisatoren des Maidan. Jetzt sagte er: „Die Menschen fühlen sich betrogen, die neue Regierung hat den Ukrainern Reformen und europäische Standards versprochen. Wir werden es ihnen nicht durchgehen lassen, dass sie das nun vergessen.“

Die Einrichtung der Anti-Korruptionsbehörde wird systematisch verschleppt

Eigentlich sollte die neue Behörde am 24. Januar 2015 ihre Arbeit aufnehmen. Doch daraus wird vorerst nichts. Statt wie vorgesehen im Oktober damit zu beginnen, die Mitarbeiter des neuen Amtes auszuwählen und die Leitung zu bestimmen, wurden die Verfahren immer weiter hinausgeschoben. Nicht nur die Regierung blockiert, auch das Büro von Präsident Petro Poroschenko findet immer neue Vorwände, weshalb die Arbeit der Behörde nicht beginnen kann. Das neu zu schaffende Amt soll landesweit Büros unterhalten und mit 700 Mitarbeitern starten. Als Kopf der Behörde werde eine „professionelle, unabhängige und integere Person“ gesucht. „Wir wollen keine Altlasten aus den Reihen der Generalstaatsanwaltschaft oder der Politik“, sagt Sobolew.

Derzeit droht eine stille Beerdigung des Vorhabens Anti-Korruptionsbehörde. Die seit Anfang Dezember amtierende, mit viel Vorschusslorbeeren ins Amt gewählte Finanzministerin, die US-Bürgerin Natalia Jaresko, hat im Haushaltsentwurf für 2015 nicht eine Kopeke für die neue Behörde vorgesehen. Präsident und Ministerpräsident haben das Berufungsverfahren zur Wahl des Behördenleiters auf unbestimmte Zeit vertagt. Während der Großteil der Ukrainer die Schaffung des neuen Amtes begrüßt, fürchten sich vor allem Politiker und Unternehmer. Tatsächlich soll die Behörde auch durchleuchten, welche Geschäfte Parlamentarier, Minister und andere hochrangige Regierungsvertreter betreiben und betrieben haben.

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