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Kreativer Protest gegen die unterirdische Lagerung von Kohlenstoffdioxid

© dapd

Exklusiv

Umstrittene CO2-Verpressung: Vermittlungsausschuss einigt sich auf CCS-Gesetz

Vattenfall darf doch in Brandenburg Kohlendioxid im Boden verpressen. Der Vermittlungsausschuss für Bund und Ländern hat sich überraschend auf ein so genanntes CCS-Gesetz geeinigt. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Verhandlungskreisen. Auch beim Solarstrom gab es eine Einigung.

Nach langem Streit haben sich Bund und Länder entschlossen, die rechtlichen Grundlagen für die unterirdische Verpressung von Kohlendioxid in Deutschland zu schaffen. Die Seiten einigten sich auf der Sitzung am Mittwochabend mit knapper Mehrheit auf Eckpunkte eines CCS-Gesetzes, wie der Tagesspiegel von Teilnehmern erfuhr. „Wir haben den Knoten durchschlagen“, bestätigte Katherina Reiche, Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, im Anschluss.

Kommt das Gesetz, würde es dem Energiekonzern Vattenfall erlauben, im südbrandenburgischen Jänschwalde eine Pilotanlage zu errichten, um diese Technologie zu Abscheidung und Lagerung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage) zu erproben. Damit wiederum könnte sich Vattenfall Zugriff auf bereits verloren geglaubte EU-Fördergelder in Höhe von rund 180 Millionen Euro sichern. Vattenfall hatte die CCS-Pläne Ende 2011 auf Eis gelegt und dies mit mangelnder politischer Unterstützung begründet. Zuvor war ein CCS-Gesetz am Widerstand von Ländern wie Schleswig-Holstein gescheitert, die für sich in Anspruch nehmen wollen, CCS auf ihrem Gebiet zu verbieten. Brandenburg lehnte dies ab. Die nun erfolgte Einigung wollten Unternehmenssprecher am Mittwoch zunächst nicht kommentieren. Dem Vernehmen nach einigten sich Bund und Länder auf den ursprünglichen Gesetzesantrag mit leichten Änderungen. So darf bundesweit etwa zunächst nur eine Gesamtmenge von vier statt acht Millionen Tonnen CO2 unterirdisch eingelagert werden. „Es handelt sich hier um ein schlechtes und überflüssiges Gesetz für eine riskante Technologie“, sagte Tina Löffelsend, Klima- und Finanzexpertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) in einer ersten Bewertung. Der zwischen Union, SPD und Brandenburger Linken ausgehandelte Text sei „ein fauler Kompromiss gegen die Interessen der Umwelt und der Betroffenen“. Länder sollten von einer Klausel Gebrauch machen, und CO2-Lager verbieten, forderte Löffelsend.

Der Ausschuss einigte sich zudem auf eine abgeschwächte Kürzung der Förderung von Sonnenstrom, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Für große Solarparks gibt es künftig 20 bis 30 Prozent weniger Geld. Die Solarförderung soll bei einer installierten Leistung von 52.000 Megawatt (MW) auslaufen. Derzeit sind es 28.000 MW. Die Förderkosten zahlen die Verbraucher über den Strompreis. Dies könnte aber nach Expertenmeinung den von der Regierung nicht beabsichtigten Effekt auslösen, dass es zu einem rasanten Zubau an Solaranlagen kommt, um noch Fördergeld zu kassieren. Denn dies wird auf 20 Jahre garantiert gezahlt. Nach wochenlangen Verhandlungen soll es für größere Dachanlagen (10 bis 40 Kilowatt) mit 18,50 Cent je Kilowattstunde mehr Geld geben. Zunächst waren 16,50 Cent geplant.

Damit soll auch der deutschen Solarindustrie geholfen werden, die wegen der Konkurrenz aus China unter starkem Druck steht. Die Länder hatten weitergehende Kürzungspläne der Koalition von Union und FDP im Mai mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundesrat blockiert. Alle Beteiligten wollen das Speichern von Solarstrom forcieren, damit eine Antwort auf die schwankende Solarstromerzeugung gefunden wird. Die Regierung betont, dass es wegen immer günstigerer Module einen rasanten Zubau gebe, der die Kosten der Bürger in die Höhe treibt. Zudem ist das Stromnetz oft nicht fit für immer mehr Solarstrom. Bundestag und Bundesrat müssen den Kompromiss noch absegnen. (mit dpa)

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