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Neue Aufgabe, alte Mittel? Ursula von der Leyen überrumpelte auch früher schon mal die eigene Fraktion. Als Verteidigungsministerin könne sie das aber nicht mehr machen, lautet die Kritik.

© dpa

Unionsfraktion fühlt sich überrumpelt: Ursula von der Leyen - Ministerin im Alleingang

Die Spitzen der Unionsfraktion sind sauer auf Ursula von Leyen. Sie empören sich darüber, wie die Verteidigungsministerin sie über die neuen Einsatzpläne der Bundeswehr in Afrika unterrichtet hat – nämlich gar nicht.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Als sich der Vorstand der Unionsfraktion am Montagabend zur Routinesitzung traf, herrschte dicke Luft. Und der Zorn der Abgeordneten von CDU und CSU hatte ein klares Ziel: Ursula von der Leyen, frischgebackene Verteidigungsministerin und Glamour-Star des Kabinetts. Vom Fraktionschef Volker Kauder angefangen empörten sich die Fraktionsspitzen darüber, wie Leyen sie über neue Einsatzpläne der Bundeswehr in Afrika unterrichtet hatte – nämlich gar nicht. Der Außenpolitiker Philipp Missfelder und selbst sein sonst eher ruhiger Kollege Andreas Schockenhoff machten aus ihrem Unmut über diesen Umgang mit dem Parlament keinen Hehl. „Die sind die Ministerin ganz schön hart angegangen“, sagt ein Teilnehmer der Runde.

Die harschen Töne galten einem Vorgehen, bei dem sich die Parlamentarier vor „vollendete Tatsachen“ gestellt sahen. Von Überlegungen, ein deutsches Sanitätsflugzeug für die europäische Kampfmission in der Zentralafrikanischen Republik zur Verfügung zu stellen, erfuhr Leyens eigene Fraktion aus der Zeitung. Dass deutsche Soldaten demnächst in Somalia einheimische Soldaten ausbilden könnten, stand ebenfalls zuerst im „Spiegel“. Dass dann am Wochenende ein Sprecher des Verteidigungsministeriums diese Berichte sogar noch bestätigte, empfanden Kauder und die Seinen endgültig als Affront.

Geht Leyen nach altem Muster vor?

Der Ärger hat auch damit zu tun, dass mancher bei Leyen ein altes Muster wiederzuerkennen glaubt: Schon als Familien- und als Arbeitsministerin hat die Niedersächsin ihre Fraktion gerne mit Presse-Offensiven überrascht und überfahren. „Aber wenn sie glaubt, dass sie das hier wieder machen kann, dann hat sie sich geschnitten“, sagt ein Abgeordneter. Dafür sei die Verteidigungspolitik ein viel zu sensibles Feld.

Besonders sensibel ist die CSU. Deren Chef Horst Seehofer hatte schon am Vortag seinem neuen General Andreas Scheuer einen Warnschuss befohlen: „Die CSU steht der Ausweitung von Militäreinsätzen der Bundeswehr sehr reserviert gegenüber“, warnte Scheuer – und forderte, das Thema Auslandseinsätze nächste Woche auf die Tagesordnung des ersten Koalitionsausschusses zu setzen.

In der Berliner CSU-Landesgruppe setzte Peter Gauweiler noch eins drauf: So gehe das ja gar nicht, dass da einfach mal von Regierungsseite ein Strategiewechsel verkündet und in Gestalt einer „Afrika-Strategie“ auch gleich umgesetzt werde. „Der Horst hat den Peter voll aufmunitioniert“, sagt ein Christsozialer.

Bei der SPD ist von Bedenken keine Rede

Die Kritik gilt sowohl dem Detail als auch im Prinzip. Dass die somalische Hauptstadt Mogadischu plötzlich ein sicherer Ort sei, in dem die Bundeswehr ungefährdet somalische Soldaten ausbilden könnte, glauben Verteidigungspolitiker nicht mehr, seit sie nach vier Wochen endlich die erste interne Unterrichtung durch den Generalinspekteur und durch BND-Chef Gerhard Schindler bekamen. Aber auch im Prinzip geht vor allem der CSU die neue Forschheit der Wehrministerin gegen den Strich. „Aus Afghanistan gehen wir endlich raus, und die zieht mit Hurra nach Afrika“, sagt ein Christsozialer. „Spinnt die?“

Bei der SPD übrigens ist von solchen Bedenken nicht die Rede. „Afrika ist nicht Afghanistan oder der Balkan“, sagt der neue Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels. Auch von Überlastung der Truppe könne man nicht sprechen, wenn demnächst nur noch rund 3000 Soldaten im Ausland unterwegs seien statt fast 11 000 auf dem Höhepunkt der Balkan- und Terrorkrisen. Der Bundespräsident, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Leyen hätten überdies auch grundsätzlich recht: Als Teil der Europäischen Union müsse sich Deutschland aktiv in europäische Planungen einbinden – zumal es um einen „bescheidenen und verkraftbaren“ Einsatz in Afrika gehe.

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