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Kristina Schröder

© picture alliance / dpa

Politik: Unter Kommunisten

Das Familienministerium lässt Lehrmaterial zu Linksextremisten extern erstellen – das Ergebnis ist umstritten.

Von Matthias Meisner

Das Bundesfamilienministerin hat Ärger mit der Zeitung „Neues Deutschland“ (ND). Aus seinem Etat wurde eine Broschüre für Lehrer zum Thema Linksextremismus gefördert – und das der Linkspartei nahestehende Blatt dort aufgeführt. Ministerin Kristina Schröder (CDU) hat das Vorwort geschrieben. Ihr Haus aber erklärt, für die Inhalte des Schulmaterials im Detail nicht zuständig zu sein.

Nach einer Beschwerde der Zeitung gab das Ministerium zu, es sei nicht bekannt, auf welche Informationen insgesamt sich die in München ansässige Zeitbildstiftung als Herausgeberin der Broschüre stütze. Der Leiter des Presse- und Informationsstabes im Ministerium, Christoph Steegmans, führt an, dass „tatsächlich“ das „Neue Deutschland“ in einigen Verfassungsschutzberichten der Länder erwähnt werde. „Ob der Zeitbildstiftung noch weitere Anhaltspunkte vorlagen, ist uns nicht bekannt.“

Im Verfassungsschutzbericht des Bundes wird das ND im Kapitel zu linksextremistischen Verlagen und Publikationen nicht erwähnt. „Von den wenigen bundesweit vertriebenen Publikationen ist die traditionskommunistische Tageszeitung ,Junge Welt’ mit über 17 000 Exemplaren das bedeutendste Printmedium der linksextremistischen Szene“, heißt es dort, es habe der „Klassenkampfidee und der Symbolik von Hammer und Sichel (…) nicht abgeschworen“. Würde das ND vom Verfassungsschutz des Bundes für linksextremistisch gehalten, hätte ihm in dem vom Bundesinnenminister präsentierten Bericht der Spitzenplatz gebühren müssen – denn seine Auflage liegt mit knapp 40 000 deutlich höher als die der „Jungen Welt“. Aber offenbar sieht die Kölner Behörde das nicht so.

Die 36-seitige Broschüre „Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern“ erwähnt das ND dagegen in einem Atemzug nicht nur mit der „Jungen Welt“, sondern auch mit der DKP-Zeitung „Unsere Zeit“ sowie der „Roten Fahne“ der marxistischen Splitterpartei MLPD. „Beiträge in diesen Medien unterstützen kommunistische bzw. anarchistische Weltdeutungen und diskreditieren zugleich gegenläufige Nachrichten als ,bürgerlichen Manipulationszusammenhang’“, heißt es undifferenziert. Sie hätten meist die Aufgabe, die Leser zu „einseitigem politischem Aktivismus zu ermuntern“. Im Vorwort der Broschüre schreibt Schröder: „Wir müssen gegenüber sämtlichen extremistischen Tendenzen und Auffassungen wachsam sein.“

Die Zeitbildstiftung wurde 2006 von einem Internet-Unternehmer gegründet, laut Selbstdarstellung „eine operative Stiftung, die eigene Projekte initiiert und durchführt“, als gemeinnützig anerkannt. Aus dem Familienministerium heißt es, bewusst werde „Zuwendungsempfängern“ solcher Projekte mehr Spielraum gegeben als Auftragnehmern von Broschüren, die das Ministerium herausgibt. Mit wie viel Geld die Broschüre gefördert wurde, konnte Sprecher Steegmans am Sonntag nicht sagen.

ND-Chefredakteur Jürgen Reents kritisiert, in der Broschüre würden „Information und Aufklärung durch (irreführende) Parolen ersetzt“. Das betreffe nicht nur seine Zeitung. „Verwunderlich und abwegig“ nennt er es, dass SPD-Gründervater Ferdinand Lassalle zwischen einem Anarchismus-Symbol, einem Lenin-Engels-Marx-Banner und einem Roten Stern abgebildet werde. Linksextremistisch sei seine Zeitung nicht. Als Chefredakteur werde er sogar regelmäßig zu einer Gesprächsrunde zusammen mit anderen Kollegen bei der Bundeskanzlerin eingeladen. Reents verlangt, Inhalte solchen Lehrmaterials müssten vom Ministerium geprüft werden. Der Verweis auf eine Stiftung als externer Herausgeber sei nur „eine Ausrede“.

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