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Kann auch viele Konservative nicht begeistern: der republikanische Kandidat Donald Trump.

© Joe Raedle/AFP

US-Präsidentschaftswahl: Republikaner wollen Trump für "amtsunfähig" erklären

Der Unmut über den eigenen Präsidentschaftskandidaten ist bei vielen Republikanern enorm. Seine heftigsten Widersacher erwägen, den Milliardär durch die Parteisatzung loszuwerden.

Angesichts des zunehmend unberechenbaren Verhaltens ihres Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und sinkender Umfragewerte denken einige Vertreter der US-Republikaner über Möglichkeiten nach, den 70-jährigen Milliardär noch loszuwerden. Weniger als drei Monate vor der Wahl wird die Zeit dafür knapp, zudem kann Trump auf eine legale Nominierung durch den Parteitag im vergangenen Monat verweisen.

Getrieben werden die Umstürzler nicht nur von wachsendem Entsetzen über den eigenen Präsidentschaftsbewerber, der sich am Dienstag den Vorwurf zuzog, zur Gewalt gegen seine demokratische Rivalin Hillary Clinton aufgerufen zu haben. Viele Republikaner befürchten, dass Trumps Verhalten der Partei bei den am 8. November gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl anstehenden Kongresswahlen schwere Verluste beibringen wird. Hinzu tritt ein schon länger schwelender Konflikt zwischen dem politischen Seiteneinsteiger Trump und der Parteiführung der Republikaner.

Immer wieder war spekuliert worden, dass der als selbstverliebt geltende Milliardär von sich aus hinschmeißen werde, weil er die Schmach der drohenden Wahlniederlage gegen Clinton vermeiden wolle. So hieß es, Trump wolle gesundheitliche Gründe vorschieben. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass Trump tatsächlich aufgeben will. Deshalb rückt ein an sich harmlos aussehendes Wort in der Parteisatzung der Republikaner in den Mittelpunkt der Überlegungen mancher Trump-Gegner. Der „Regel 9“ zufolge, wie die Vorschrift allgemein genannt wird, kann der erweiterte Parteivorstand einen vakant werdenden Kandidatenposten neu besetzen, wenn dieser wegen des Todes eines Bewerbers, einem freiwilligen Amtsverzicht oder „sonstigen“ Gründen frei werden.

Dieses „sonstige“ eröffnet nach Meinung der Gruppe „Befreit die Delegierten“ die Möglichkeit, Trump loszuwerden: Nach dieser Variante würde Trump von der eigenen Partei für amtsunfähig erklärt. Allerdings weiß niemand, wie die Parteibasis, bei der die Unterstützung für den Milliardär nach wie vor stark ist, auf eine solche Entscheidung der Führung zur Aufhebung des Parteitagsbeschlusses reagieren würde. Zudem könnte sich Trump juristisch wehren und damit völliges Chaos im republikanischen Lager anrichten.

„Befreit die Delegierten“ ist eine Initiative, die beim Parteitag der Republikaner in Cleveland im Juli vergeblich versucht hatte, die Nominierung Trumps zu verhindern. Nun appellieren die Dissidenten an die Parteiführung und fordern auf ihrer Internetseite eine Dringlichkeitssitzung, um Trump abzusetzen. Bei Gedankenspielen über eine Ablösung Trumps fällt als Ersatzkandidat immer wieder der Name des Präsidenten des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Bisher haben die „freien Delegierten“ die erforderliche Mindestzahl von Antragstellern für die Sitzung der Parteiführung nicht zusammentrommeln können.

Ohnehin wäre es nicht ganz einfach, Trumps Namen auf den Wahlzetteln durch den eines anderen Kandidaten zu ersetzen. In einigen Bundesstaaten ist die Frist für die Kandidaten-Nennung bereits abgelaufen, in anderen steht der Termin unmittelbar bevor – vielerorts würde also Trump am 8. November auf dem Zettel, auch wenn er bis dahin als Bewerber abgesetzt worden sein sollte. Da die Amerikaner ihren Präsidenten nicht direkt wählen, sondern über ein Wahlmännerkollegium, würde sich zudem die Frage stellen, ob diese Wahlmänner überhaupt für einen anderen Kandidaten stimmen dürften. Die Vorschriften hierzu sind von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden.

Die Partei könnte auch für andere Gegenkandidaten mobilisieren

Einfacher wäre es für die Gegner, zur Wahl eines anderen Bewerbers aufzurufen. Vor einigen Tagen warf der erst 40-jährige und weithin unbekannte Republikaner Evan McMullin seinen Hut in den Ring: Er tritt als nominell parteiloser Kandidat an und könnte republikanische Protestwähler an sich binden. McMullin hat aber in vielen Bundesstaat kaum Chancen, seinen Namen noch auf die Wahlzettel zu bekommen.

Eine andere Möglichkeit ist der Kandidat der Libertären Partei, Gary Johnson, der sich ebenfalls an konservative Trump-Gegner wendet. Johnson liegt derzeit bei knapp neun Prozent der Stimmen. Sein Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, William Weld, berichtete vor einigen Tagen von einem wachsenden Interesse an seiner Partei. Einige republikanische Politiker seien kurz davor, von Trump zu Johnson überzulaufen.

Am wahrscheinlichsten ist, dass Trump in der eigenen Partei mehr und mehr isoliert wird und dass republikanische Kongresskandidaten in ihrem eigenen Wahlkampf die Distanz zu dem Kandidaten suchen. Als sich Ryan jetzt einer innerparteilichen Vorwahl stellen musste, erwähnte er Trump nicht einmal. Und siegte haushoch.

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