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Update

US-Vorwahl in Iowa: Romney siegt mit acht Stimmen vor Santorum

Die erste Vorwahl der US-Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur ist praktisch mit einem Gleichstand ausgegangen. Damit gibt es einen Favoriten und einen Überraschungskandidaten.

Die erste Vorwahl der US-Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur ist praktisch mit einem Gleichstand ausgegangen. Der Ex-Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, hat die ersten Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner im Bundesstaat Iowa hauchdünn gewonnen. Nach Parteiangaben vom frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) lag Romney mit 30.015 Stimmen vor dem christlich-konservativen Ex-Senator Rick Santorum, der auf 30.007 Stimmen kam. Auf dem dritten Platz landete der texanische Abgeordnete Ron Paul. Damit ist die Suche nach einem Herausforderer gegen Präsident Barack Obama bei der Präsidentenwahl im November weiter völlig offen.

Aber ganz gleich, wer sich am Ende vielleicht mit einem hauchdünnen Vorsprung durchsetzen wird, gilt Rick Santorum doch als der wahre Sieger. Der katholische Ex-Senator von Pennsylvania zog die Stimmen der religiösen und wertkonservativen Wähler auf sich. Sein sensationeller Erfolg wird wohl erneut Zweifel in der Partei verstärken, ob Romney der richtige Kandidat ist und genügend Begeisterung an der Basis wecken kann, um in der Hauptwahl Amtsinhaber Barack Obama zu besiegen.

Dritter wurde der Libertäre Ron Paul mit 21 Prozent, Vierter der ehemalige Speaker des Abgeordnetenhauses Newt Gingrich mit 13 Prozent. Texas-Gouverneur Rick Perry kam auf 10 Prozent, die Abgeordnete Michele Bachmann, die lange als Heldin der Tea Party galt, landete mit fünf Prozent abgeschlagen auf dem sechsten Platz.

In einer Woche folgt die zweite Vorwahl in New Hampshire. Der Ostküstenstaat ist liberaler, die Wirtschaft ist dort wichtiger als Religion und Ideologie. In den Umfragen hat Romney dort einen hohen Vorsprung, und Überraschungen bei der Abstimmung sind doch viel seltener als in Iowa. Amerikanische Wahlexperten prognostizieren, dass Romney dort seine Favoritenstellung bestätigt, ehe zwei Vorwahlen in Südstaaten folgen, wo er schlechte Chancen hat.

Die USA spekulieren nun, wie gut Santorum mit dem Überraschungserfolg von Iowa im Rücken in New Hampshire abschneiden wird – und ob er Romney auch auf längere Sicht gefährlich werden kann.

Die Attraktivität der Botschaft von Santorum, der besonders auf die Familie und religiös-konservative Werte wie ein absolutes Abtreibungsverbot und ein Verbot der Homo-Ehe setzt, konnte man bei Wählerversammlungen am Dienstagabend in Iowa ablesen. In das Gemeindezentrum am Westrand der Kleinstadt Indianola waren 183 Bürger gekommen. Sie liegt rund 35 Kilometer südlich der Hauptstadt Des Moines. Die Menschen sind ganz überwiegend älter als 55 Jahre und ausschließlich Weiße. Ihr Wahlbezirk Lincoln umfasst das Umland. Viele sind im Pickup gekommen, wenige Männer behalten auch im Saal ihren Stetson auf dem Kopf. Pünktlich um 19 Uhr hat Larry Hughes die Versammlung eröffnet. Er wird als Versammlungsleiter per Akklamation bestätigt. Dann werden die Namen der sieben Bewerber vorgelesen, verbunden mit der Frage, ob jemand kurz für sie sprechen wolle. „Maximale Redezeit fünf Minuten“, fügt Hughes hinzu.

Niemand wird die Spanne voll ausnutzen. Die meisten hier sind Farmer und keine großen Redner. Bis auf die zwei, die für Michele Bachmann und Ron Paul werben, haben sie sich offenbar gar nicht darauf vorbereitet, ans Mikrofon zu gehen – jedenfalls haben die anderen keine Sprechzettel dabei. Mehrfach muss Hughes zwei Mal fragen, ehe jemand bereit ist, ein gutes Wort für einen Bewerber einzulegen.

Perry deutet Rückzug an

"Ich bin Vietnam-Veteran und für Michele Bachmann", stellt sich Larry Long vor. "Unser Land ist in der Krise. Daran ist die Regierung Schuld, die wir jetzt haben. Wir brauchen einen neuen Ronald Reagan – jemanden, der uns unsere Freiheiten zurück gibt und der Obama schlagen kann. Ich glaube, dass Michele Bachmann das kann." Beifall.

Es dauert, bis sich jemand als Anhänger Newt Gingrich outet. "Ich heiße Harry Spencer, aber ihr alle nennt mich Skip. Ich bin es nicht gewohnt, öffentlich zu reden. Ihr habt im Fernsehen viel Negatives über Newt gehört – dass er Geld als Lobbyist genommen hat und so. Aber das sind alles Lügen. Sie sagen, er sei ein Washington-Insider. Ja, er war lange im Kongress. Aber man braucht doch Insider, um den Kongress dazu zu bringen, das Richtige zu tun. Wenn es um eine Gehirnoperation geht, beauftragt man ja auch nicht einen Klempner, sondern einen Arzt. Newt hat die Erfahrung. Ich stimme für Newt." Beifall.

Für Jon Huntsman, den zweiten Mormonen neben Romney, der zudem Obamas Botschafter in China war, will niemand sprechen. Huntsman hat in Iowa gar keinen Wahlkampf geführt, weil er sich kaum Chancen ausrechnete. Er setzt auf die zweite Vorwahl in New Hampshire in einer Woche. Der Ostküstenstaat ist säkularer, und Huntsman Wirtschaftskompetenz kommt dort besser zum Tragen.

Für Ron Paul meldet sich Eron Storm, Mitte 30 und viel jünger als die meisten im Raum. Er hat einen Stichwortzettel und redet am längsten, annähernd vier Minuten. Ron Paul habe die Finanzkrise vorhergesagt und ebenso die Immobilienblase. Er sei der Einzige, der wirklich ernst mache mit dem Sparen, auch beim Militär. Er werde die Regierung verkleinern, denn die sei die größte Gefahr für die Bürgerrechte. „Unsere schlimmsten Feinde bedrohen uns nicht von außen, sondern von innen.“ Dafür gibt es lauten Beifall.

Für Rick Perry will zunächst niemand sprechen, schließlich meldet sich Terry Sharp. „Ich bin selbst noch nicht ganz sicher, für wen ich stimme. Es war bisher ein ziemlich hässlicher Wahlkampf. Aber am meisten hat mich noch Rick Perry überzeugt. Er ist ein verlässlicher Konservativer und hat als Gouverneur von Texas Regierungserfahrung. Und das ist doch die 13.-größte Volkswirtschaft der Erde.“ Beifall. Allerdings deutet Perry bereits während Auszählung der Stimmen seinen Rückzug an. Er wolle jetzt nach Texas zurückfliegen und über das Ergebnis nachdenken.

„Terry hat Recht: Wir haben hässliche Auseinandersetzungen zwischen unseren Kandidaten im Fernsehen erlebt“, beginnt Gerry Rubel. Erst nach längerem Zögern hat er sich gemeldet, um für Mitt Romney zu sprechen. „Aber jeder einzelne ist besser als der Präsident, den wir jetzt haben. Vielleicht ist Romney ein bisschen zu liberal. Aber genau deshalb hat er bessere Chancen, das Weiße Haus für uns zurück zu erobern. Und das ist jetzt das Wichtigste.“ Beifall.

„Ich habe mir alle Kandidaten in der Firma, wo ich arbeite, persönlich anhören können“, sagt David Alexander, ein Mann Anfang 40, der etwas eleganter gekleidet ist. „Alle sind gut, aber einer hat herausgeragt: Rick Santorum. Er kann am besten in Worte fassen, welche Werte und wichtig sind. Und er sagt nichts Negatives über andere. Es geht doch nicht darum, andere Personen schlecht zu reden. Sondern darum, den richtigen Weg für unser Land zu finden.“ Lauter Beifall.

Sieben kurze Reden, zusammen nicht einmal 20 Minuten.

Nun werden die Stimmzettel eingesammelt und ausgezählt. Alle sechs Fürsprecher werden als Augenzeugen dazu gebeten.

Währenddessen arbeitet Versammlungsleiter Hughes die Tagesordnung weiter ab. Wer will Vorschläge zur Programmreform der Partei machen  - und wer als Delegierter zur Kreisversammlung fahren?

Dann wird das Ergebnis der Präsidentenkür im Wahlbezirk Lincoln verkündet: 45 Stimmen für Santorum, 39 für Paul, 31 für Gingrich, 30 für Romney, 25 für Perry, 9 für Bachmann und 1 für Huntsman. Das entspricht grob den Trends in ganz Iowa, wenn man die Besonderheiten eines ländlichen Bezirks in Rechnung stellt: Die religiösen Wähler, die Santorum favorisieren, sind stärker vertreten als in Städten – und die Bürger, die Wirtschaftskompetenz über Wertefragen stellen, etwas schwächer.

Versammlungsleiter Hughes ist erleichtert, dass alles so reibungslos ablief. Er kann das Resultat deutlich vor der offiziellen „Deadline“ um 21 Uhr per Telefon an die Parteizentrale durchgeben.

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