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Frauen in den USA wählen eher die Demokraten als die Republikaner. Das ist gut für Präsident Barack Obama – denn auch unter den Wahlberechtigten finden sich mehr Frauen als Männer.

© REUTERS

US-Wahlkampf: Obama könnte dank der Frauen gewinnen

Bei den US-Wählerinnen liegt Präsident Obama in Umfragen klar vor seinem Herausforderer Romney. Das könnte die nächste Präsidentschaft entscheiden. Deswegen schalten sich nun die Ehefrauen von Obama und Romney ein.

Frauen sind das starke Geschlecht bei Wahlen in Amerika. In öffentlichen Ämtern sind sie zwar unterrepräsentiert. Es gab auch noch keine weibliche Präsidentin oder Vizepräsidentin. Frauen haben aber überproportionalen Einfluss, welche Männer gewählt werden. Laut letzter Volkszählung leben 157 Millionen Frauen, aber nur 152 Millionen Männer in den USA. Zudem beteiligt sich ein höherer Anteil der Frauen als der Männer an Wahlen. Vor 1980 war das umgekehrt.

Klar sichtbar ist der „Gender Gap“, der Unterschied zwischen den Geschlechtern, bei der Parteivorliebe. Frauen wählen eher die Demokraten, Männer eher die Republikaner. Barack Obama erhielt bei seiner Wahl zum Präsidenten 2008 56 Prozent der Frauenstimmen, aber nur 49 Prozent der Männerstimmen.

2012 wird das Ausmaß des „Gender Gap“ entscheidend sein. Nach aktuellen Umfragen liegt der Republikaner Mitt Romney unter männlichen Wählern mit sechs bis acht Prozentpunkten in Führung, unter weiblichen mit 19 Prozentpunkten hinter Obama. Wenn er den Abstand nicht verringern kann, stehen seine Siegchancen schlecht. Demoskopen meinen freilich, die außergewöhnlichen Zahlen spiegelten temporäre Stimmungen und nicht notwendigerweise tief verwurzelte Überzeugungen. Während der Vorwahlen hatten republikanische Präsidentschaftsbewerber konservative Positionen zur Abtreibung und zu Verhütungsmitteln vertreten, um die Parteibasis für sich zu gewinnen. Damit brachten sie Frauen auf der Linken und in der Mitte des politischen Spektrums gegen sich auf. Bis zum Wahltag am 6. November bleibt genug Zeit, um diesen Eindruck zu moderieren.

Besondere Hoffnungen setzen Romneys Wahlstrategen dabei auf die Rolle seiner Frau Ann im Wahlkampf. Am Montag feierte sie ihren 63. Geburtstag. Sie strahlt die emotionale Wärme aus, die ihrem Mann fehlt. Ihr persönlicher Kampf gegen Brustkrebs und Multiple Sklerose löst Sympathie aus. Romneys Berater haben sie bei wichtigen Wahlkampfauftritten eingesetzt, damit sie ihren Mann den Wählern vorstellt. Ihre positive Wirkung war unübersehbar. Gerne lässt sie sich dabei von einigen ihrer fünf Söhne und 16 Enkelkinder begleiten. Sie hat in den ersten Monaten des Wahljahres freilich nie Position zu politischen Sachfragen bezogen. Sie sprach über die Bedeutung der Familie und die charakterlichen Qualitäten ihres Mannes.

Mitt Romneys erster Versuch, seine Ehefrau politisch einzusetzen, hat nun eine Kontroverse ausgelöst. Nach den Umfragen ist Obama beliebter als er. Und die Wähler geben Obama einen Kompetenzvorsprung auf den meisten Gebieten, allerdings mit Ausnahme der Wirtschaft, des Arbeitsmarkts und der Verschuldung. Bei diesen drei Kernthemen genießt der langjährige Investmentmanager Romney mehr Vertrauen.

Im offenkundigen Bemühen, diesen Kompetenzvorsprung in Kombination mit Anns Beliebtheit zum Abbau des „Gender Gap“ einzusetzen, behauptete Romney bei mehreren Auftritten, Frauen hätten besonders unter Obamas falscher Arbeitsmarktpolitik gelitten und seien überdurchschnittlich von Jobverlusten betroffen. Ann berichte ihm regelmäßig, wie wichtig das Thema für Frauen sei.

Darüber mokierte sich Hilary Rosen, eine den Demokraten nahestehende TV- Kommentatorin. Ann Romney habe „nicht einen einzigen Tag in ihrem Leben gearbeitet“; sie sei immer nur Hausfrau gewesen. Diese Bemerkung löste Empörung aus, nicht nur unter Konservativen, sondern bis weit in die Mitte der Gesellschaft. Da sehe man wieder, dass Demokraten die Bedeutung der Kindererziehung gering schätzten und behaupteten, dass dies „angeblich keine Arbeit“ sei.

An diesem Punkt wurde die Debatte zu riskant für Obamas Team. Hilary Rosen entschuldigte sich für ihre Bemerkung. Der Präsident distanzierte sich von ihr – „es war falsch, das zu sagen“ – und betonte, wie verantwortungsvoll die Aufgabe der Kindererziehung sei und wie sehr er Ann Romney als Person schätze. Wahlexperten analysieren, Obamas Strategie bestehe darin, sein eigenes positives Bild in der Öffentlichkeit sowie die insgesamt negative Wahrnehmung Romneys zu verfestigen, ohne dabei selbst Angriffsflächen zu bieten.

Die Ehefrauen haben beide deutlich höhere Sympathiewerte als ihre Männer. Sie stehen aber zugleich für sehr unterschiedliche Rollenmodelle. Sie gehören unterschiedlichen Generationen an: Michelle Obama ist 48 Jahre alt, Ann Romney 63. Michelle Obama hat zwei Töchter geboren und den Großteil ihrer Erziehung geleistet, da ihr Mann die meisten Tage der Woche weit von zu Hause arbeitete, erst als Landtagsabgeordneter in Illinois’ Hauptstadt Springfield, dann als Bundessenator in Washington, während die Familie in Chicago blieb. Zugleich hat Michelle Obama nach dem Jurastudium in Harvard eine außergewöhnliche Karriere gemacht; zuletzt war sie eine der Vizepräsidentinnen des Universitätsklinikums Chicago. Und sie hat, bis ihr Mann 2005 dank des Erfolgs seiner Bücher Millionär wurde, mehr Geld verdient als er.

Soweit US-Wählerinnen ihre Entscheidung auch vom Blick auf die Ehefrauen abhängig machen, werden nach aller Erfahrung ältere und vor allem weiße Frauen eher für Romney stimmen, jüngere Frauen sowie Angehörige von Minderheiten eher für Obama. Freilich zeigen Frauen eine höhere Wahlbeteiligung, je älter sie sind.

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