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Der ehemalige Geheimdienstler Edward Snowden

© youtube

Videokonferenz von Edward Snowden: Whistleblower warnt vor dunklen Künsten der digitalen Welt

Der flüchtige US-Whistleblower Edward Snowden geht in die Offensive. Per Video klagt er aus dem russischen Exil bei einer Technologie-Konferenz in Texas die Geheimdienstchefs in Washington an und fordert die IT-Gemeinde zur Gegenwehr auf.

Es wirkt reichlich provokant. Als der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden sich am Montag per Videokonferenz seinem Heimatland stellt, prangt im Hintergrund ein mächtiges amerikanisches Symbol. Eine Kopie des Original-Dokuments der US-Verfassung umrahmt auf dem Bildschirm den wohl meistgesuchten Mann des Landes.

Doch Snowden macht den tausenden Besuchern des Technologie-Festival „South by Southwest“ (SXSW) im texanischen Austin schnell klar, dass er es nicht ironisch meint, sondern bitterernst. „Ich habe einen Eid geschworen, die Verfassung zu achten und zu beschützen und ich habe gesehen, wie die Verfassung auf massive Weise verletzt wurde“, erklärt er mit Blick auf die Datenschnüffelei der US-Geheimdienste, die er enthüllen half.

Über sieben Server musst du gehen

Es ist die ersten Fragerunde dieser Art seit seiner Flucht ins russische Exil und ein wahres Heimspiel für den ehemaligen Geheimdienstler Edward Snowden. Während der Übertragung herrscht Stille im Saal. Das ist aber weniger dem mangelndem Publikumspatriotismus als der schlechten Tonqualität der Übertragung geschuldet. Das Videobild wurde über sieben anonyme Server geleitet, um den Aufenthaltsort des Whistleblowers zu verstecken.

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Edward Snowden schießt scharf gegen die Verantwortlichen in Washington

Snowden beschuldigt Verantwortliche wie NSA-Chef Keith Alexander, die wahren Verfassungsbrecher zu sein und mit ihrer Spionagewut sowohl der Internetsicherheit als auch der nationalen Sicherheit zu schaden. Er fordert gar einen „Aufseher für den Kongress“, der die Öffentlichkeit informiere, was wirklich passiere. „Wir können nicht Beamte wie (den Geheimdienstdirektor) James Clapper haben, die jeden anlügen können und dafür nicht kritisiert werden.“

Außerdem wirft der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiters den Nachrichtendiensten vor gerade wegen ihres massenhaften Abhörens der Internet-Kommunikation die wirklich wichtigen Hinweise in der endlosen Datenflut zu übersehen. Als Beispiel nannte er den Anschlag auf den Boston Marathon. Hier hätten laut Snowden gezielte Ermittlungen womöglich geholfen, das Attentat zu verhindern.

"Wir brauchen euch um das in Ordnung zu bringen!"

Der 30-Jährige fordert neben einer politischen „auch eine technische Antwort“ der Computerkonzerne auf die Herausforderungen des Datenverkehrs im Internet. Mit einer flächendeckenden Verschlüsselung wäre die massenhafte Überwachung der Online-Kommunikation für die NSA und andere Geheimdienste zu kompliziert, sagt er.

Dabei müssten die Unternehmen zugleich darauf achten, dass die Verschlüsselungstechnik nahtlos und automatisch passiert, um den Durchschnittsnutzer nicht zu überfordern. Darin liegt für den Patronus der Datensicherheit die Kunst der „Verteidigung gegen die dunklen Künste der digitalen Welt.“

Snowdens Appell: Nur ein alter Hut?

Dabei scheint Snowdens Appell an die Computer-Experten nichts Neues zu sein. Die Sicherheit privater Daten in der digitalen Welt ist nicht nur auf der SXSW-Konferenz Thema, sondern auch das diesjährige Motto der Cebit in Hannover. Viele Firmen, deren Geschäftsmodell auf das Vertrauen der Nutzer baut, haben auf die neuen Anforderungen reagiert, und auch Giganten wie Apple und Google investieren in Datenschutz.

Das Publikum begeistert, die Politik blockiert

Die Zuschauer in den drei prall gefüllten Veranstaltungshallen klatschen und jubeln nach Ende der eineinhalbstündigen Videokonferenz. Einer sagt: „Ich will ihn öfter erscheinen sehen, damit er die Menschen daran erinnern kann, was schief läuft“.

Die Politik hat derweil in alter Manier die Scheuklappen angelegt: Der US-Abgeordnete Mike Pompeo forderte die Organisatoren der Konferenz gar in einem offenen Brief auf, das Ereignis abzusagen. „Er kümmert sich mehr um seinen persönlichen Ruhm als um persönliche Privatsphäre“, schrieb der Republikaner über Edward Snowden.

Festival-Direktor Hugh Forrest konterte den Angriff im Magazin „Forbes“: „Ich habe noch nie einen Redner ausgeladen. Ich würde es toll finden, wenn die NSA hier mal einen Vortag hält.“ (dpa/AFP)

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