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Auf Nummer sicher. 100 000 Sicherheitskräfte bevölkern das Stadtzentrum von Bagdad beim Arabischen Gipfel

© Hadi Mizban/dapd

Vor dem Gipfel der Arabischen Liga: Bagdad meldet sich zurück

Zum ersten Mal seit 20 Jahren findet ein Gipfel der Arabischen Liga im Irak statt. Im Mittelpunkt des Treffens steht die Gewalt in Syrien

Bagdad hat sich herausgeputzt. Einst galt die Ausfallstraße zum Flughafen als Strecke des Todes, jetzt sind dort junge Palmen gepflanzt. Hotels wurden aufpoliert, Straßen geteert, Fassaden gestrichen und auf den Grünflächen wachsen Petunien. 100 000 Sicherheitskräfte patrouillieren in den Vierteln, für die ganze Woche wurden im Irak Sonderferien ausgerufen.

Die Hauptstadt hält Hof. 500 Millionen Dollar hat das Land für die Ausrichtung des Arabischen Gipfels ausgegeben, der in doppelter Hinsicht eine Premiere ist. Es ist der erste Gipfel nach dem Arabischen Frühling und gleichzeitig der erste im Irak seit mehr als zwanzig Jahren. Saddam Hussein war seit seinem Überfall auf Kuwait 1990 geächtet und isoliert. Seine Nachfolger möchten sich nun zurückmelden als normales Mitglied im Kreis der arabischen Völkerfamilie.

Um gutes Wetter zu machen, legten sie im Vorfeld einige seit langem schwelende Konflikte bei. So zahlte der Irak jetzt 500 Millionen Dollar Extra-Reparationen an Kuwait und beglich mit 408 Millionen Dollar seine seit 1990 bestehenden Lohnschulden für ägyptische Gastarbeiter. Im Gegenzug ernannte Saudi-Arabien zum ersten Mal seit 22 Jahren wieder einen Botschafter für Bagdad, auch wenn der Diplomat zunächst in Jordaniens Hauptstadt Amman residiert. Den angereisten neuen Revolutionären und alten gekrönten Häuptern der Region will sich das Zweistromland als eine Nation präsentieren, die nach US-Invasion, Bürgerkrieg und Terror wieder Herr im eigenen Hause ist. Und mit Iraks Präsident Jalal Talabani wird erstmals ein Kurde den Vorsitz des Staatenplenums innehaben.

Nur wenige zuverlässige Nachrichten dringend aus dem isolierten Syrien. Eine Fotoreportage:

Beim letzten Gipfel in Sirte 2010 thronte noch Gastgeber Muammar Gaddafi über dem Geschehen und stand zusammen mit Ägyptens Hosni Mubarak, Tunesiens Ben Ali und Jemens Ali Abdullah Saleh in der ersten Reihe des Gruppenfotos. Ironie der Geschichte: Damals ließ Libyens „Bruder Führer“ in jeder Konferenzpause die Mit-Potentaten in ohrenbetäubender Lautstärke mit der panarabischen Hymne „Burkan al Ghadab“ beschallen, gesungen vom ägyptischen Herzensbrecher der 60er Jahre, Abdel Halim Hafez: „Oh Vulkan des Zorns, der die Araber vereint, entflamme die Ebenen, verschlinge die Hügel und schäume vor Wut über den Wüstensanden.“ Die Abschlusserklärung polterte wie üblich gegen Israel, gelobte Jerusalem zu befreien und beschwor das Ideal der arabischen Einheit.

Diesmal in Bagdad steht Syrien im Mittelpunkt, „die tiefe, blutende Wunde“ der arabischen Welt, wie Libyens Wirtschaftsminister Ahmed al Koshli formulierte. Vor vier Monaten hatte die Liga einen Plan verabschiedet, der das Ende aller Kampfhandlungen, die Freilassung der Gefangenen, die Versorgung der Bevölkerung, den Zugang für ausländische Beobachter und einen Dialog zwischen Regime und Opposition forderte – eine Verhandlungsplattform, die mit dem Plan von Syrien-Vermittler Kofi Annan nahezu identisch ist.

Katar und Saudi-Arabien reicht das nicht, sie wollen der Opposition Waffen liefern. Die übrigen Länder jedoch, allen voran die Nachbarn Libanon und Irak, haben Bedenken und fürchten, ein möglicher Bürgerkrieg könne rasch auf sie übergreifen. Und so werden die 21 Staatschefs im neu aufgemöbelten Republikanischen Palast von Bagdad wohl nichts weiter tun, als ihre Forderungen vom November zu bekräftigen und Syriens Präsident Baschar al Assad aufzurufen, Annans Friedensplan umzusetzen. Einen Rücktritt Assads aber wird die Abschlussresolution nach den Worten von Iraks Außenminister Hoshyar Zebari nicht fordern. „Es ist nicht die Aufgabe anderer Nationen, den Syrern vorzuschreiben, welchen Typ Staatschef sie haben dürfen und welchen nicht“, sagte er. Sorgen macht dem arabischen Lager aber auch der Zustand der syrischen Opposition, die ihre internen Differenzen am Dienstag in Istanbul nur mit großer Mühe übertünchen konnte. In Syrien ging auch am Mittwoch das Töten weiter, obwohl die Führung in Damaskus den Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan akzeptiert hat.

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