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Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski ist der starke Mann in der polnischen Politik.

© Reuters

Vor offenbar kritischem Bericht: Jaroslaw Kaczynski: „Polen ist keine Kolonie“

Die Venedigkommission des Europarats wird die Lage des Verfassungsgerichts in Polen offenbar als Gefahr für die Demokratie beurteilen. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski widerspricht: "Wir werden uns nicht der Meinung fremder Herren unterwerfen."

Am Freitag oder Samstag will das Beratergremium des Europarats in Verfassungsfragen, die sogenannte Venedigkommission, den Abschlussbericht einer zweitägigen Polenreise publizieren. Polen selbst hatte die in Europa hoch angesehene Expertenkommission kurz vor Weihnachten nach ersten Demonstrationen beunruhigter Bürger eingeladen, um die umstrittene Reform des Verfassungsgerichts zu prüfen. „Die winken unsere Reformen durch und Ruhe ist“, erklärte damals im Gespräch ein Insider der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Inzwischen wird in der PiS darüber spekuliert, wer Jaroslaw Kaczynskis Außenminister Witold Waszczykowski zu dieser selbstmörderischen Einladung an die Venedigkommission verleitet habe. Es wird sogar gewettet, wann Parteichef Kaczynski seinen Mann im Außenministerium fallen lasse.

Das Problem ist, dass die Venedigkommission zu ganz anderen Schlüssen kommt als die PiS. Für diese ist klar, dass die parlamentarische Mehrheit beschließt, was Recht ist und wo es demnach geändert werden muss. Ein durchgesickerter Entwurf des Kommissionsberichts sieht dies anders und kommt zu einem vernichtenden Befund. In dem von der Zeitung „Gazeta Wyborcza“ publizierten Papier wird die unklare Lage um das Verfassungsgericht als Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte in Polen benannt.

Nach einem Streit um die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts ließ der gewiefte Jurist Kaczynski mittels eines einfachen Verfahrensgesetzes gleich das ganze Verfassungsgericht von seiner Parlamentsmehrheit lahmlegen. Das Verfahrensgesetz schreibt eine strikte Reihenfolge der Behandlung der Fälle vor. Da noch viele Anrufungen unbearbeitet sind und dazu immer neue Bagatellfälle – auch absichtlich von PiS-nahen Kreisen – eingereicht werden können, wird die Arbeit laut Experten de facto lahmgelegt.

Dies scheint nun auch die Venedigkommission durchschaut zu haben. Unklar ist indes, welche Lösung sie vorschlägt. Ministerpräsidentin Beata Szydlo hatte nach dem Durchsickern des Expertenberichtes bekannt gegeben, die Regierung wolle auf den Abschlussbericht warten und diesen dann erst einmal analysieren. Jaroslaw Kaczynski wurde schon deutlicher. Polen sei keine Kolonie und werde sich der Meinung fremder Herren nicht unterwerfen, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in der ostpolnischen Stadt Lomza. So ähnlich reden auch Wladimir Putin und Aleksander Lukaschenko. Sowohl Russland wie Weißrussland widersetzen sich den Urteilen der Venedigkommission regelmäßig. Polen allerdings ist Mitglied der Europäischen Union. Doch die PiS scheint dies nicht weiter zu kümmern. Den von Brüssel eingeleiteten Rechtsstaatsmechanismus will man einfach aussitzen, in der Hoffnung, dass Brüssel wichtigere Probleme hat.

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