zum Hauptinhalt
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

© dpa

Wahl des Bundespräsidenten: Könnte Wolfgang Schäuble die Wahl gewinnen?

Die Union könnte einen eigenen Kandidaten zur Wahl des Bundespräsidenten vorschlagen – aber wen? Und welche Chancen hätte er?

Von Robert Birnbaum

Ob Angela Merkel schon mal bei ihm angefragt hat, sicherheitshalber sozusagen? Selbst etliche, die es wissen könnten, wissen von nichts. Bis vor Kurzem war ja auch die Idee, dass Wolfgang Schäuble seine lange politische Laufbahn als Staatsoberhaupt abschließen könnte, eher ein Fall fürs Feuilleton. Die Volksparteichefs steuerten Richtung Konsenskandidat. Da schien der Parteisoldat Schäuble außen vor. Doch seit die SPD den Vorwahlkampf ums Schloss Bellevue eröffnet und Außenminister Frank-Walter Steinmeier als ihren Favoriten auf die Bühne geschoben hat, scheint der Konsens faktisch gekündigt. CDU und CSU müssen damit rechnen, dass sie einen Gegenkandidaten suchen müssen.

Natürlich gerät Schäuble dabei sofort ins Blickfeld. „Selbstverständlich wird man ihn fragen müssen“, sagt einer aus der Führung der Unionsparteien. Der 74-Jährige, Senior im Kabinett und Dienstältester im Bundestag, hat sich als Finanzminister und knorriger, gerne auch mal scharfer Gegenpart nicht nur Freunde gemacht. In der Union hat mancher mit dem Badener noch eine Rechnung offen. In der FDP ist nicht vergessen, wie Schäuble den Freidemokraten in der letzten Koalition das Steuersenken versperrte. Norbert Lammert hätte solche Aversionen nicht geweckt. Aber der scheidende Bundestagspräsident will sich ja nicht in die Pflicht nehmen lassen.

Schäuble wäre immerhin einer, dem die Wahlmänner und -frauen der Union entschlossen ihre Stimme geben würden. Selbst für die Teile der Parteien, die wegen des Flüchtlingsstreits mit der CDU-Chefin Merkel fremdeln, wäre er ein willkommenes Angebot. In der Bevölkerung genießt er über das Unionsmilieu hinaus Respekt. Kurz, mit einem Kandidaten Schäuble als Alternative zum Umfragen- Beliebtheitskönig Steinmeier könnten Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer sich sehen lassen.

Die Frage ist nur: Könnten sie ihn gewinnen? Und noch wichtiger: Könnte er gewinnen?

Um die Antwort auf die zweite Frage gleich vorwegzunehmen: höchstens vielleicht. Für ein simples Ja oder Nein ist die politische Mathematik in der Bundesversammlung am 12. Februar zu kompliziert. Die Union stellt zwar mit knapp über 540 Wahlfrauen und -männern die mit Abstand größte Gruppe – die SPD kommt als zweitstärkste Fraktion auf um die 387 plus/minus eine/n.

Aber nicht nur zum Regieren, auch zum Präsidentenmachen braucht man Partner. Die sind, im wortwörtlichen Sinne, diesmal besonders schwer berechenbar. In den ersten beiden Wahlgängen, in denen die absolute Mehrheit aller 1260 Mitglieder der Versammlung nötig ist, könnte nur die große Koalition oder ein schwarz-grünes Überraschungsbündnis einen Bewerber durchsetzen. Ein SPD-Kandidat Steinmeier müsste für die absolute Mehrheit sämtliche rot-rot-grünen Stimmen plus mindestens drei weitere auf sich vereinigen – etwa die eine vom Südschleswigschen Wählerverband und zwei der letzten zwölf Piraten.

Allzu wahrscheinlich wäre sein Durchmarsch vor dem dritten Wahlgang nicht. Der Architekt der „Agenda 2010“ hat in der Linken etliche Feinde fürs Leben. Und geschlossene Fraktionsvoten sind bei der geheimen Wahl ohnehin die Ausnahme.

Dafür erscheinen Steinmeiers Karten auf eine einfache Mehrheit im dritten Wahlgang umso besser. Ein Kandidat Schäuble hingegen bräuchte starke Hilfe von FDP und Freien Wählern, um den SPD-Mann zu übertrumpfen – plus etliche heimliche grüne Freunde, denen ein rot-rot-grünes Signal missfällt. Das sind sehr viele Konjunktive. Schäuble kann kampfeslustig sein, wenn er will; aber ob er unter diesen Umständen will?

Für Merkel und Seehofer jedenfalls sind die unsicheren Aussichten ein Grund mehr, bei Sigmar Gabriel am kommenden Sonntag weiter für einen großkoalitionären Konsensbewerber zu werben. Dass der SPD-Chef den Außenminister so forsch als seinen Kandidaten vorgeschoben hat, macht das doppelt schwierig.

Anders als es lange kolportiert wurde, wäre für die CDU-Chefin und den CSU-Vorsitzenden ein Konsenskandidat der großen Koalition namens Steinmeier keineswegs ausgeschlossen. Auf Unionsseite löst der Sozi wenig Begeisterung aus. Aber ihn zu unterstützen, gilt dort als womöglich klüger, als eine Niederlage zum Auftakt des Wahljahrs zu riskieren. Wenn sich denn überhaupt ein Namhafter bereitfände, für die Union in den Kampf zu ziehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false