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Späte Stimmabgabe: Rügen wählt erst in zwei Wochen

In einem Wahlkreis auf der Insel Rügen ist erst in zwei Wochen die Stimmabgabe. Das Wahlergebnis bleibt am Sonntagabend auf jeden Fall vorläufig.

Schon vor dem Wahltag in Mecklenburg-Vorpommern war klar, dass es für zwei Parteien mit dem Wiedereinzug in den Landtag knapp werden könnte: für FDP und NPD. Nach den Hochrechnungen des Sonntagabends schaffte die FDP es nicht in den Landtag, die NPD aber doch. Da beide Entscheidungen nicht knapp sein dürften, kommt eine Spezialität dieser Wahl wohl nicht sonderlich zur Geltung: Im Wahlkreis 33 auf der Insel Rügen hatte Landeswahlleiterin Doris Petersen-Goes eine Nachwahl angeordnet, weil der Direktkandidat der CDU, der 70-jährige Udo Timm, am 20. August überraschend verstorben war. Die rund 27.000 Rüganer aus diesem Wahlkreis, die etwa zwei Prozent aller Wahlberechtigten Mecklenburg-Vorpommerns ausmachen, müssen nun erst in zwei Wochen ihre Stimme abgeben. So soll die Partei genügend Zeit bekommen, einen neuen Kandidaten zu finden. Eine solche Nachwahl sei wahlrechtlich vorgeschrieben, sagte Petersen-Goes.

Laut dem Rostocker Politikwissenschaftler Martin Koschkar könnten die Insulaner das Ergebnis des eigentlichen Wahltages nachträglich „um 0,1 bis 0,15 Prozentpunkte beeinflussen“. Die Annahme beruht auf den Ergebnissen im Land und im betroffenen Wahlkreis bei der letzten Landtagswahl 2006. „Bei nur 36 Wahlkreisen spielt ein einzelner Kreis eine große Rolle“, sagte Koschkar. Die Rüganer könnten, nach Kenntnis des Wahlergebnisses vom gestrigen Sonntag, ganz bewusst taktisch wählen. Würden so viele Leute zur Wahl gehen wie 2006 und würden sie – rein theoretisch – alle einer und der gleichen Partei ihre Stimme geben, könnten sie damit das Landesergebnis dieser Partei um immerhin rund zwei Prozentpunkte steigern.

Zwar ist mit einer solchen „konzertierten Aktion“ nicht zu rechnen, trotzdem ist die Nachwahlregelung diskussionswürdig. Mit einem ähnlichen Vorgang in Sachsen, wo eine NPD-Direktkandidatin kurz vor der Wahl verstorben war, musste sich bei der Bundestagswahl 2005 das Bundesverfassungsgericht befassen. Der Berliner Staatsrechtler Christian Pestalozza argumentierte, die Ergebnisse vom eigentlichen Wahltag, dem 18. September, hätten bis zum 2. Oktober geheim gehalten werden müssen, weil sonst die Nachwähler ihre Stimme viel gezielter einsetzen könnten als die anderen. Er sah die Freiheit und Gleichheit der Wahl beeinträchtigt. Die Karlsruher Richter folgten dieser Auffassung nicht. „Taktische Wahlentscheidungen stellen grundsätzlich eine legitime Beteiligung des mündigen Bürgers an der Willensbildung in einem demokratisch verfassten Staat dar“, urteilte das Gericht. Im Übrigen hätten alle Parteien die Möglichkeit, zur Nachwahl um Stimmen zu werben. Gleichwohl bleibt das Wahlergebnis vom Sonntag mindestens zwei Wochen lang vorläufig.

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