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Der Nächste. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (r.) hat am Donnerstag den bisherigen Umweltminister Markus Söder zum neuen Finanzminister ernannt – ein weiterer Schritt in Söders Karriere. Foto: Andreas Gebert/dpa

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Politik: War was?

Horst Seehofer bildet sein Kabinett um – die Aufgeregtheiten der vergangenen Tage lacht er weg

Den Versprecher leistet sich Georg Fahrenschon gleich zu Beginn. Getragen-staatsmännisch sagt der bayerische Noch-Finanzminister, dass er sich für den Chefposten des Sparkassen-Bundesverbandes bewerbe – „und deshalb lege ich das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten nieder“. Ein Auflachen bei den Teilnehmern der Pressekonferenz in der Münchner Staatskanzlei, am meisten aber scheint sich Horst Seehofer zu amüsieren. „Das war ein Freud’scher“, meint Fahrenschon. Dann tritt er ganz korrekt als Finanzminister zurück.

Und so endet das Münchner Personal- und Ministerwirrwarr mit dieser Pointe. Fahrenschon verlässt auch deshalb die Politik und wechselt in einen sicheren Job, weil der 43-Jährige erkannt hat, dass er Seehofer nicht wird beerben können. Insofern ist er tatsächlich auch vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten, jedenfalls von dem des künftigen.

Ein anderer ist ihm ein Stück nähergekommen. Markus Söder und die drei weiteren Neubesetzungen im Kabinett sind nicht anwesend, obwohl es sich im Wesentlichen um sie dreht. Stattdessen wird Seehofer von Fahrenschon und dem CSU-Fraktionschef Georg Schmid umrahmt, der einen braunen Trachtenjanker trägt. Die Rochade in der bayerischen Regierung, an der seit fast einer Woche gebastelt wurde und die viele Nerven gekostet hat, sieht so aus: Söder wird neuer Finanzminister, an seine Stelle im Umwelt- und Gesundheitsressort tritt Marcel Huber, bisher Leiter der Staatskanzlei. Auf Huber wiederum folgt Thomas Kreuzer, ein erfahrener CSU-Fraktionsmann aus dem Oberallgäu. Und an Kreuzers Stelle, der erst seit kurzem Staatssekretär im Kultusministerium ist, tritt Bernd Sibler. Dieser gilt als Bildungsexperte und war bisher bei Neubesetzungen immer leer ausgegangen.

„Markus Söder ist ein profilierter und mental starker Politiker“, lobt Seehofer seinen neuen Kassenwart. Das Manko, dass der 44-Jährige nicht vom Fach ist, werde er rasch mit seinem „scharfen analytischen Verstand“ ausgleichen. Auch das Umweltressort sieht der Ministerpräsident in guten Händen – schließlich hat der Tierarzt Marcel Huber dort schon einmal gearbeitet und sich auch in der Staatskanzlei genauestens mit dem Atomausstieg und der geplanten Energiewende befasst.

Also alles wieder gut in der Staatsregierung? Die Grünen sehen in Söder eine „Notlösung“. Und der neue SPD-Frontmann, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, meint spöttisch, dass Söders „Kompetenz und Qualifikation in Finanzfragen der Öffentlichkeit jedenfalls bisher vollständig entgangen sind“.

Nach der Lesart von Seehofer, der sich so oft als der Miss- und Unverstandene sieht, ist gar nichts schiefgelaufen, seit Fahrenschon am Freitagabend vergangener Woche seine Kandidatur für den Sparkassenposten per Interview bekannt gegeben hatte. Seehofer verkündete daraufhin, an Allerheiligen – das war der Dienstag – werde es eine Entscheidung geben. „Es ist interessant zu lesen, wer mir alles einen Korb erteilt haben soll“, sagt er und gluckst dabei laut. Es hätten Leute abgelehnt, „die gar nicht gefragt worden sind“. Er habe erst einmal mit verschiedenen Ministern und anderen wichtigen CSU-Politikern gesprochen. Mit Innenminister Joachim Herrmann etwa, der als Kandidat gehandelt wurde, habe Seehofer sich beraten – aber gar nicht über einen möglichen Wechsel geredet. Gleiches gelte für Telefonate mit Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner. Und sowohl die zeitweise favorisierte Sozialministerin Christine Haderthauer als auch Söder hätten sich bereit erklärt, das Amt zu übernehmen, sich aber keinesfalls aufgedrängt. Sagt Seehofer.

Auch will er nichts davon wissen, dass die Umbildung ganze fünf Tage Zeit in Anspruch genommen hätte: Samstag und Sonntag sei er auf Terminen gewesen, die er nicht habe absagen wollen. Erst am Montag ging es dann um die Neubesetzung, an Allerheiligen wiederum sei nur gegen später daran gearbeitet worden: „Schließlich war ich mit meiner Familie auf dem Friedhof.“ Dienstagabend habe er sich dann wie geplant entschieden, aber noch nichts verkündet. „Glauben Sie im Ernst, ich mache am Feiertag am Abend eine Pressekonferenz?“ Am Mittwoch schließlich sei es nur noch um Feinschliff gegangen. Also alles nach Plan. Eigentlich habe er an der Regierungsumbildung nur eineinhalb Tage gearbeitet. Seehofer grinst: „Wahnsinnig schnell.“

Und schließlich ärgert er sich über Gerüchte, Fahrenschon habe ursprünglich bis zu seiner Sparkassen-Wahl Minister bleiben wollen. Dies sei „falsch“, er habe das auch gesagt. Am Mittwoch seien sie beisammen gewesen, man habe die Übergabe geregelt, eine Brotzeit gegessen und „ganz menschlich gesprochen und zurückgeblickt“. Fahrenschon nickt.

So sieht Seehofer sein Umfeld, so redet der Mann, dem vorgeworfen wird, Bayern in eine Regierungskrise gestürzt zu haben. Und an dessen Stuhl womöglich bald gesägt wird. Dass diese Spekulationen nun kommen, wisse er. Er winkt mit der Hand ab. Söder, die immer wieder als „Ichling“ titulierte Allzweckwaffe, ist im Kampf um die Nachfolge ein Treppchen nach oben gestiegen. Haderthauer hat in der Gunst deutlich verloren, sie wird das aber mit ihrem ausgeprägten Selbstbewusstsein kompensieren. Und Aigner hat aus dem fernen Berlin ihren Hut geschickt im Ring gelassen. An ihr vorbei geht auch künftig nichts, schließlich steht sie auch dem mächtigsten CSU-Bezirksverband Oberbayern vor.

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