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Medienberichten zufolge, wusste die Bundeswehr schon seit 2011 von Prism. Und der Bundesnachrichtendienst nutzt ein Programm, das ähnlich funktioniert.

© reuters

Wegen Prism-Skandal: NSA-Allmacht soll gebrochen werden

Der Jüngste bricht das Schweigen: Ein 33-jähriger konservativer Abgeordneter fordert Grenzen für den Geheimdienst NSA – wohl erfolglos. Der Widerstand gegen seinen Antrag eint erstmals seit Jahren Demokraten und Republikaner.

Lange hat Washington auf weitere Enthüllungen von Edward Snowden gewartet, der seit Wochen in Moskau festsitzt und mit neuen Informationen über den amerikanischen Geheimdienst NSA droht. Statt weiterzuzittern, wird der Kongress jetzt aktiv: Das Repräsentantenhaus berät darüber, die Allmacht der NSA aufzuheben. Ausgerechnet der jüngste Abgeordnete, ein 33-jähriger Republikaner aus Michigan, hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Weiße Haus in Aufregung versetzt.

Justin Amash, der aus einer arabisch-amerikanischen Familie stammt, hat nach einer ereignislosen ersten Amtsperiode seinen großen Coup gelandet. Der freiheitlich gesinnte Republikaner, der von der Tea Party unterstützt wird, nutzt eine Diskussion über den Verteidigungshaushalt, um einen wichtigen Teil des umstrittenen „Patriot Act“ auszuhebeln. Das umfassende Gesetz wurde unmittelbar nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 fast einstimmig beschlossen und erlaubte der NSA nahezu unbegrenztes Schnüffeln. Große Aufregung verursachte zuletzt die Enthüllung, dass der Geheimdienst Daten über alle in den USA geführten Telefonate sammelt – auch wenn sie von Leuten geführt werden, gegen die es keinerlei Verdachtsmomente gibt.

„Wir müssen uns eine Frage stellen: Sollen wir Geld dafür ausgeben, dass die NSA eine umfassende Sammlung persönlicher Daten von Amerikanern anlegt?“, wetterte Amash in der Kammer. Sein Antrag, dem Geheimdienst eine solche Datensammlung zu verbieten, wird von Abgeordneten beider Parteien unterstützt.

Das heißt nicht, dass der Antrag große Erfolgschancen hat. NSA-Chef Keith Alexander spricht seit Tagen mit Politikern auf dem Capitol Hill – hinter verschlossenen Türen und in öffentlichen Sitzungen. Er will die Befugnisse seiner Behörde erhalten, und das will auch Präsident Barack Obama. Dessen Sprecher Jay Carney sagte am Dienstag: „Wir lehnen das gegenwärtige Unterfangen im Repräsentantenhaus ab, auf hastige Weise eines der Anti-Terror-Instrumente unserer Geheimdienste zu demontieren.“ Der Antrag sei „plump“ und „nicht das Ergebnis einer offenen, informierten und überlegten Debatte“. Amash hält dagegen: „Plump“ sei eher der Patriot Act, der dem Problem zugrunde liege. Das Gesetz wurde in der Tat hastig unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush beschlossen.

Dass die umstrittene Allmacht für die NSA unter Barack Obama zu Problemen führt, aber auf eine Initiative der Republikaner unter Bush zurückgeht, hat in Washington nun eine seltene Allianz zustande gebracht. Zahlreiche Republikaner stemmen sich plötzlich gegen Amash, einen Mann aus den eigenen Reihen, und warnen gemeinsam mit Demokraten vor „ungewollten Konsequenzen für unsere Geheimdienste und die Vollzugsbehörden“. Vier der ranghöchsten Republikaner im Repräsentantenhaus schreiben in einem offenen Brief, das laufende Spionageprogramm der NSA „komplett abzustellen, widerspräche unserer verfassungsmäßigen Verpflichtung, für die allgemeine Sicherheit zu sorgen“.

Es ist das erste Mal seit Jahren, dass sich Republikaner mit dem politischen Gegner verbünden. Sie wissen: Jede Kritik an Obamas Führung der NSA würde umgehend auf ihre eigene Partei zurückfallen, unter deren Regie die gewaltige Ausweitung des Spionageprogramms durchgesetzt wurde. Wie sehr beide Parteien hinter den Kulissen in die gleiche Richtung arbeiteten, bekannte jüngst der frühere NSA-Chef Michael Hayden, der den größten Teil seiner Amtszeit unter der Regierung Bush hatte. Zwischen Bush und Obama herrsche „eine unglaubliche Kontinuität“, sagte Hayden gegenüber Medien. Die Macht der NSA sei unter Bush und Obama immens gewachsen.

Entsprechend findet sich eine parteiübergreifende Einigkeit auch im Senat, wo Amashs Initiative spätestens enden wird, selbst wenn er im Repräsentantenhaus eine Mehrheit finden sollte. Der Geheimdienstausschuss des Senats prüfe zur Zeit, „wie das laufende Programm verändert werden kann, um die Privatsphäre von Bürgern zu schützen ohne seine eigentliche Effektivität zu mindern“, heißt es in einem gemeinsamen Statement von Dianne Feinstein, einer der ranghöchsten Demokratinnen, und dem Republikaner Saxby Chambliss aus Georgia.

Dass die Amash-Vorlage letztlich keine Chance hat, liegt wohlgemerkt nicht nur am Senat, sondern an Barack Obama selbst, dessen Unterschrift für eine Umsetzung notwendig wäre. Die wird es alledings nicht geben. Justin Amash, der junge Republikaner aus Michigan, hat mit seiner Initiative dennoch schon jetzt etwas erreicht: Er hat den Kongress dazu gebracht, sich ausführlich und offen mit der Spionage-Affäre zu beschäftigen, über die man zuletzt vor allem geschwiegen hatte.

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