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Polizeieinsatz vor geplanter Flüchtlingsunterkunft in Dresden-Übigau. Immer wieder kommt es in Sachsen zu Konflikten um Flüchtlinge.

© Ralf Hirschberger/dpa

"Willkommensfest war Provokation": Dresdner Polizeipräsident rügt Revierchef aus Prohlis

"Refugees welcome" - nicht mit dem Revierchef der Polizei in Prohlis. Der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll spricht von einem Fehler.

Von Matthias Meisner

Der Dresdner Polizeipräsident Dieter Kroll ist auf Distanz gegangen zum Revierchef im Stadtteil Prohlis. Der Beamte Uwe Waurich hatte sich im Vorfeld gegen eine Willkommensaktion für Flüchtlinge eingesetzt und sie nach Krawallen als "Provokation der Asylgegner" bezeichnet. Kroll sagte am Dienstag dem Tagesspiegel, er teile die Sichtweisen und Bewertungen des Beamten "so nicht". Kroll: "Das Interview des Kollegen Polizeioberrat Uwe Waurich spiegelt nicht die sogenannte ,Behördenmeinung' der Polizeidirektion Dresden wider." Der Polizeipräsident sprach von einem Fehler des am 1. Oktober neu eingesetzten Revierführers, für den dieser "persönlich verantwortlich" sei.

Am 9. Oktober, also eine Woche nach dem Dienstantritt von Waurich, hatte es in Prohlis heftige Auseinandersetzungen vor der Ankunft von Flüchtlingen im Stadtteil gegeben. Eine vom Bürgerbündnis "Flüchtlingshilfe Südost" zusammen mit dem Netzwerk "Prohlis ist bunt" organisierte Dialogveranstaltung mit Bürgern war von einem etwa 120-köpfigen rechten Mob massiv gestört worden. Es flogen Böller, später auch Flaschen und Steine. Auch mehrere Polizisten wurden angegriffen und mit Gegenständen beworfen.

In einem Ende vergangener Woche veröffentlichten Interview mit der "Sächsischen Zeitung" hatte Waurich den Organisatoren der Willkommensaktion für Flüchtlinge die Mitverantwortung für die Auseinandersetzungen zugeschoben. "Diese Krawalle hätten verhindert werden können", sagte der Revierchef. "Wir haben den Organisatoren des Willkommensfestes von der Veranstaltung abgeraten, denn es war absehbar, dass etwas passiert. Für die Asylgegner im Stadtteil war das eine Provokation."

Kroll hatte Waurich am Dienstag zum Gespräch zitiert, damit dieser "nochmals Gelegenheit erhält, sich umfassend zu äußern". Der Polizeipräsident sagte anschließend, sein Kollege sei "nicht autorisiert" gewesen, seine Einschätzungen zum Ablauf der Veranstaltung am 9. Oktober zu äußern. "Sie sind Gegenstand der Kritik im Rahmen der durch mich wahrzunehmenden Dienst- und Fachaufsicht." Zu möglichen disziplinarrechtlichen Konsequenzen wollte sich Kroll nicht öffentlich äußern. "Darauf darf der Kollege vertrauen, auch und insbesondere dann, wenn er ein Problem hat." Der Polizeipräsident nannte es "nicht sachgerecht und nicht gerecht", wenn "aus dem Fehler des Einzelnen regelmäßig auf ,die Polizei' geschlussfolgert wird".

Das Bürgerbündnis "Flüchtlingshilfe Südost" hatte sich in einem am Montag veröffentlichten Brief an Waurich gegen dessen Einschätzungen verwahrt - auch Kommunalpolitiker von SPD, CDU und Grünen gehörten zu den Unterzeichnern. Der Polizeioberrat habe jene Menschen, die im Stadtteil die Verantwortung für Deeskalation, Verständigung und Dialog übernehmen, "öffentlich diffamiert". Das Bürgerbündnis bot Waurich den Dialog an. Kroll sagte dazu am Dienstag: "Für diese Gelegenheit bin ich dankbar und werde Herrn Waurich den entsprechenden Auftrag erteilen. Ich hoffe, wir können diese Chance, uns als Polizei zu erklären - und zu entschuldigen - nutzen."

Nach Darstellung von Benjamin Schöler, Koordinator des Bürgerbündnisses, hat die Polizei am 9. Oktober durch Einsatzfehler - zunächst war nur ein Beamter vor Ort - eine "unendlich gefährliche Situation" für die überwiegend älteren Teilnehmer der Dialogveranstaltung in Prohlis provoziert. "Die Polizei hat uns schutzlos dastehen lassen", sagte Schöler am Montag dem Tagesspiegel. Kroll ging auf diese Kritik indirekt ein: "Es müssen auch bislang falsch dargestellte Dinge berichtigt werden." Er habe keinen Anlass, die Einsatzdokumentation der Polizei in Zweifel zu ziehen. Mittlerweile würden in fünf Fällen Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen geführt, berichtete der Polizeipräsident.

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