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ZdK-Präsident Alois Glück: „In Rom wurde noch nie so offen diskutiert“

Die Aussagen der Bischofssynode zu Ehe und Familie könnten die Spannungen in der katholischen Kirche in Deutschland vergrößern, meint der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück.

Die Bischöfe haben drei Wochen lang diskutiert und auch heftig gestritten. Herausgekommen ist ein Papier, das Vieles offen lässt oder gar nicht thematisiert. Freuen Sie sich über den Ausgang, Herr Glück?

Die Synode hat Räume geöffnet, keine Türen geschlossen – auch für die konkreten Lebenssituationen in den unterschiedlichen Regionen der Welt. Das ist viel und stimmt mich sehr zuversichtlich.

Im Abschlussdokument bleibt Vieles vage. Können Menschen in zweiter Ehe nun hoffen, dass sie irgendwann zu den Sakramenten zugelassen werden oder nicht?

Alois Glück ist seit 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Alois Glück ist seit 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

© Roland Weihrauch/picture alliance/dpa

Man muss das Papier und die Ansprache von Papst Franziskus zum Abschluss der Synode zusammenlesen. Da hat er gesagt: „Jedes allgemeine Prinzip muss in die jeweilige Kultur übertragen werden, wenn es eingehalten und angewendet werden soll.“ Das ist ein Auftrag an die Ortskirchen, eigenständig und mutig mit den Gläubigen nach Wegen zu suchen, wie Solidarität und Partnerschaft, Ehe und Familie in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche und dem jeweiligen kulturellen Umfeld gelebt werden können.

Das gibt auch der Deutschen Bischofskonferenz den Raum, das umzusetzen, was sie im Vorfeld der Synode vorgeschlagen hatte: wiederverheirateten Geschiedenen in Einzelfällen den Zugang zu den Sakramenten zu ermöglichen.

Trauen Sie den deutschen Bischöfen zu, dass sie diesen Mut aufbringen?

Mehr Gestaltungsmöglichkeit bedeutet natürlich auch mehr Verantwortung. Das ist unbequem für die Bischöfe. Jetzt können sie bei Entscheidungen nicht mehr nur einfach auf Rom verweisen. Ich erwarte aber auf jeden Fall, dass die deutschen Bischöfe diese neuen Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen – auch wenn das die Spannungen in der katholischen Kirche in Deutschland nicht verringern wird, sondern eher vergrößern.

Wie meinen Sie das?

Es gibt eine Minderheit unter den Bischöfen, die bei den Neuerungen etwa mit Blick auf die Geschiedenen vermutlich nicht mitgehen werden. Aber wichtig ist, dass die Mehrheit durch die Synode in Rom und die Worte von Franziskus jetzt viel stärker legitimiert ist als vorher.

Ist die katholische Kirche heute eine andere als vor drei Wochen?

Ich denke schon. Noch nie wurde in Rom so offen diskutiert, unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und Differenzen so offen dargelegt. Diese lebensnahe und angstfreie Kommunikation wird den weiteren Weg der Weltkirche prägen.

Alois Glück (75) ist seit 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der Laienorganisation der katholischen Kirche.

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