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Politik: Zschäpe will schweigen

Anwälte: Sie vertraut uns / Verwirrung um Protokoll.

Berlin - Bisher war die Linie eindeutig. Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe werde nicht aussagen, hieß es von ihren Anwälten. Am Montag berichtete die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf ein zwölfseitiges Protokoll des Bundeskriminalamts (BKA), dass das Mitglied der rechten Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) vor Anklageerhebung doch bereit gewesen sein soll, auszusagen. Ihre Anwälte hätten ihr aber davon abgeraten, weshalb sie auch einen Wechsel ihrer Strafverteidiger erwogen habe. Das habe die in Köln inhaftierte 37-Jährige in Gesprächen auf einem Gefangenentransport am 25. Juni gegenüber ihren Begleitern vom BKA erklärt. Zschäpe wurde in ein Gefängnis nach Gera und wieder zurück gefahren, damit Mutter und Großmutter sie besuchen konnten.

Anja Sturm, eine von Zschäpes Anwälten, wies den Bericht zurück. „Der ,Bild’-Bericht stützt sich auf eine unzutreffende Zusammenfassung eines Vermerks des BKA, welcher zudem mehrere Monate alt ist. Es gibt keine Aussage unserer Mandantin. Wir raten ihr, sich gegenwärtig nicht zu äußern. Sie vertraut uns; dies entspricht auch ihrem Willen“, sagte die Berliner Anwältin dem Tagesspiegel. Neben Sturm gehören Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl zu Zschäpes Verteidigern. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, dass ihnen der Vermerk, aus dem die „Bild“-Zeitung zitierte, lange bekannt gewesen sei. Allerdings beinhalte der nur eine „grobe Zusammenfassung“ eines Gesprächs zwischen BKA-Beamten und ihrer Mandantin während eines Gefangenentransports. Zschäpe habe darin aber „keine Äußerungen zur Sache abgegeben“. Die drei Juristen betonten, dass Zschäpe „vertrauensvoll“ mit ihnen zusammenarbeite und weder in der Hauptverhandlung noch im Vorfeld eine Erklärung zur Sache abgeben werde. Das BKA wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern und verwies auf den Generalbundesanwalt (GBA). Die Existenz des Protokolls wollte ein GBA-Sprecher nicht bestätigen. Er sagte lediglich: „Frau Zschäpe hat sich bislang nicht zu den Tatvorwürfen eingelassen.“

Stephan Lucas, Anwalt der Geschwister Simsek, deren Vater Enver das erste Mordopfer war, sagte dem Tagesspiegel: „Frau Zschäpe hat das Recht zu schweigen. Aber ein Geständnis ist möglich. Ein Geständnis wäre für die Hinterbliebenen sehr bedeutsam.“ Rechtsanwalt Bernd-Michael Manthey, der die Ehefrau des in München ermordeten Habil Kilic vertritt, erklärte: „Die Angehörigen wollen wissen, warum gerade ihre Angehörigen sterben mussten. Wir bedauern deshalb sehr, dass Frau Zschäpe schweigen will. Damit wäre klar, dass die Taten nicht lückenlos aufgeklärt werden können.“

Der Prozess gegen Zschäpe und vier weitere Angeklagte beginnt vermutlich im kommenden Frühjahr vor dem 6. Strafsenat des Münchner Oberlandesgerichts. Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe Mittäterschaft bei zehn Morden und 15 Raubüberfällen sowie besonders schwere Brandstiftung mit versuchtem Mord in drei Fällen vor. ale/ctr/fan

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