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Mittendrin. Joachim Gauck spricht in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg mit Kindern, die dort einen öffentlichen Kindergarten besuchen.

© dpa

Zu viel des Lobs?: Geteiltes Echo auf Gauck-Rede zu Bundeswehreinsätzen

Der Bundespräsident will von den Deutschen mehr Anerkennung für ihre Soldaten. Die Frage ist, ob er den richtigen Ton getroffen hat.

Von
  • Hans Monath
  • Antje Sirleschtov

„Glückssüchtig“, „Gedankenlosigkeit“: Es waren deutliche Worte, die der Bundespräsident am Dienstag an die Bürger richtete. Worte, die Joachim Gauck im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr unter anderem in Afghanistan sagte und die zumeist nicht sehr schmeichelhaft waren. Gauck hatte die Hamburger Bundeswehrakademie besucht und dort nicht nur ein uneingeschränktes persönliches Bekenntnis zur Armee der Deutschen abgegeben. Der Präsident forderte gleich auch noch die Bürger auf, sich verantwortungsvoller und intensiver mit ihrer Bundeswehr und den Folgen der Arbeit der Soldaten zu befassen. „Mut-Bürger in Uniform“ nannte Gauck die Soldaten und lobte sie als Garanten der Freiheit.

Tags darauf war jedoch kaum Kritik an den klaren Worten zu hören, obwohl vor allem im Lager der Opposition gerade die Kriegseinsätze der Bundeswehr über lange Zeit hinweg mit kritischem Blick begleitet werden. Doch zunächst lobten SPD und Grüne die Worte des Präsidenten artig, aber zurückhaltend und nur die neue Linken-Chefin Katja Kipping ätzte über Gaucks „Kriegsrhetorik“. Was angesichts der weit überwiegenden Skepsis hinsichtlich der Bundeswehr-Auslandseinsätze auch in der Bevölkerung überraschend anmutete. Doch die Zurückhaltung in den Parteizentralen hat offenbar weniger inhaltliche Gründe als sie vielmehr dem Bestreben folgt, dem Bundespräsidenten, der in letzter Zeit mehrfach öffentlichkeitswirksam das Wort ergriffen hatte, nicht jede Woche Haltungsnoten zu erteilen.

Eine Kurzbiographie in Bildern:

Gauck war in Hamburg deutlich geworden. Größere Offenheit für Auslandseinsätze der Bundeswehr forderte er und zugleich geißelte er eine gewisse Ignoranz der Bürger gegenüber den Streitkräften. In der Bevölkerung herrsche auch eine Tendenz zum „Nicht-Wissen-Wollen“. Es sei zwar menschlich, nicht mit Leid und Terror behelligt werden zu wollen, sagte Gauck. „Und dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist für unsere glückssüchtige Gesellschaft schwer zu ertragen.“ Aber: „,Ohne uns’ als purer Reflex kann keine Haltung sein, wenn wir unsere Geschichte ernst nehmen“, mahnte der Präsident.

Gewalt werde immer ein Übel bleiben, sagte Gauck. „Aber sie kann – solange wir in der Welt leben, in der wir leben (...) – notwendig und sinnvoll sein, um ihrerseits Gewalt zu überwinden oder zu unterbinden“. Freiheit ohne Verantwortung sei nicht zu haben. „Freiheit und Wohlergehen sehen viele als Bringschuld der Demokratie und des Staates“, kritisierte Gauck. „Manche verwechseln Freiheit mit Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Hedonismus.“ Diese Bundeswehr, stellte Gauck fest, „ist eine Stütze unserer Freiheit“.

Die Vereidigung von Joachim Gauck:

Für einige Politiker von SPD und Grünen schien so viel Lob des Bundespräsidenten allerdings doch zu viel. So kritisierte der Grünen-Abgeordnete Hans- Christian Ströbele: „Ich habe Herrn Gauck diesmal nicht meine Stimme gegeben und fühle mich bestätigt“. Dem Tagesspiegel sagte er: „Den schmeichlerischen Ton gegenüber den Soldaten der Bundeswehr kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.“ Er habe wenig Verständnis dafür, dass Gauck „die Bundeswehr über den grünen Klee lobt und ans Herz drückt, ohne etwas Kritisches zu Afghanistan zu sagen“. Ströbele sagte, er vermisse „einen Satz zu Kundus und den mehr als 100 Toten, die die Bundeswehr dort zu verantworten hat“.

Noch härter ging der SPD-Abgeordnete Peter Danckert mit Gauck ins Gericht. Wer Menschen, die gegen Kriegseinsätze eintreten, vorwirft, sie verwechselten Freiheit mit Gedankenlosigkeit, sagte der Sozialdemokrat, „der verstößt gegen Grundprinzipien der Verfassung“, die den Einsatz von Soldaten auf den Verteidigungsfall beschränke. Den Vorwurf des Präsidenten, die Deutschen seien „glückssüchtig“ und würden sich daher schwer tun mit der Übernahme von Verantwortung für militärische Einsätze und auch deren Opfer, bezeichnete Danckert als „völlig deplatziert“. Habe Joachim Gauck eine Debatte über Auslandseinsätze und die Bundeswehr anstreben wollen, sagte der SPD-Politiker, dann sei das mit diesen Vorwürfen an die Menschen gescheitert.

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