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Das liebste Spielzeug: Vorfreude auf die Bundesligasaison.

© dpa

11-Freunde-Freitags: Zum Bundesligaauftakt: Oden an die Vorfreude

Die Deutschen haben ihr liebstes Spielzeug zurück: Heute beginnt die neue Bundesligasaison. Die Weltmeisterschaft ist abgefeiert, wir blicken voraus auf die beste Liga der Welt, Überraschungen in letzter Sekunde, den Fußball im Osten und alte Vertraute.

Drama in Paderborn

92. Spielminute. Ein letzter Freistoß segelt in den Strafraum. Der Ball wird abgefälscht, kullert am verdutzten Torwart vorbei unhaltbar ins Netz. Aus dem 1:0 wird ein 1:1, der Volltreffer im Tippspiel ist hin. Wut staut sich an, will sich entladen. Doch dann, wieder Hoffnung. Noch ein Tor in einem anderen Stadion. Dort wird aus einem 1:1 ein 2:1. Da ist der Volltreffer! Die Freude bricht heraus, entlädt sich in einem Jubelschrei. Ende gut, fast alles gut! 306 Spiele warten auch in der neuen Bundesliga-Saison auf den Tippsportler, in jedem steckt ein potenzielles Drama. Das vermeintliche Spiel des Jahres Bayern München gegen Borussia Dortmund zählt dabei genauso viel wie das Duell zwischen dem SC Paderborn und dem FC Augsburg. Und so wird das ganze Wochenende regelmäßig zur Nervenprobe, manchmal sogar der Dienstag oder Mittwoch. Dabei ist so ein Bundesligaspiel für einen Tipper nie wirklich entschieden. Selbst ein vermeintlich unwichtiges Ehrentor in der 85. Spielminute kann noch die Welt bedeuten. Natürlich, einen Lieblingsverein sollte sich ein ambitionierter Tippsportler besser verkneifen. Aber wer braucht den schon, wenn praktisch jede Mannschaft in der Nachspielzeit dazu werden kann? Jörg Leopold

Weltmeister im Nachfassen

Wenn in den vergangenen 20 Jahren das Wort Weltmeister fiel, habe ich lieber schnell weggehört. Entweder war ein Brasilianer, Italiener oder Spanier gemeint, der einem deutschen Defensivspieler Knoten in die Beine spielte oder – noch schlimmer – Lothar Matthäus. Ab der neuen Saison höre ich ihn wieder, sage ihn wieder, schreibe ihn wieder, diesen kleinen Namenszusatz, der uns bis 2018 an jedem Bundesliga-Spieltag an die Sternstunde von Rio erinnert. Weltmeister.

Vielleicht schaue ich mir deswegen sogar mal ein Spiel von Hannover 96 an: „Weltmeister Ron-Robert Zieler hielt den Ball erst im Nachfassen fest.“ Auch Randnotizen bekommen eine völlig andere Dimension: „Unter den Augen von Weltmeistertrainer Löw saßen die Weltmeister Ginter und Großkreutz bei Dortmund 90 Minuten lang nur auf der Bank.“ Selbst eine Partie wie Gladbach gegen Schalke hat nun das Potenzial, mich künftig zu verzaubern. „Die Weltmeister Christoph Kramer und Benedikt Höwedes prallten böse mit den Köpfen an den Pfosten, Kramer konnte nach kurzer Behandlungspause weiterspielen.“ Das klingt nicht nach schnödem Zweikampf im Tabellenmittelfeld, sondern nach Copacabana und Gauchos, nach Fußball auf allerhöchstem Niveau. Christian Hönicke

Alles bleibt anders

Das Schönste an einer neuen Saison ist doch, dass alles beim Alten bleibt. Geschichte wiederholt sich oft im Fußball, beim zweiten Mal macht’s Spaß. Ich sehe schon vor mir, wie Thomas Schaaf bei Eintracht Frankfurt wieder auf die Werder-Raute umstellt, Verteidiger so gnadenlos nach vorne rennen, dass Hoffenheim wirkt wie eine Maurertruppe, und der Trainer nach Pokalsieg und Vizemeisterschaft, Torverhältnis 112:111, die Fahne aus dem Eintracht-Flugzeug hält. Wie alle das Tiki-Taka nach einer weiteren Rekordsaison Bayern Münchens als auferstanden feiern und nach dem Aus in der Champions League wieder für tot erklären. Wie der 1. FC Köln auf Platz 17 vom Europapokal fabuliert und in der Winterpause Lukas Podolski verpflichtet. Wie wieder alle von einer zementierten Tabelle reden und am Ende eine Überraschungsmannschaft im Europapokal landet. Wie beim Hamburger SV munter Trainer, Manager, Investoren und Geliebte van der Vaarts wechseln und am Ende wieder alle die Bundesligauhr ticken hören. Wie bei Hertha erst alle auf Ronny hoffen, ihn schnell abschreiben, dann haut er einen Freistoß rein und in der Winterpause am Büfett. Kennen wir alles, lieben wir alles, bitte mehr davon, immer wieder. Dominik Bardow

Hoffen auf Aufstieg Ost

Schon klar, das nervt mit Red RasenBullSport Leipzig, aber sie haben Zuschauer, Zehntausende im Zentralstadion. Hier feiert der Ostfußball seine Auferstehung (die wievielte vergebliche ist das eigentlich?). Wenn auch mit österreichischem Geld, wenn auch ohne eigene Mitglieder, wenn auch noch in Liga zwei. Als ostdeutscher Fußballfan kann man sich eigentlich nicht auf die Bundesliga freuen – höchstens mit der inzwischen Gesamtberliner Hertha. Oder eben auf Seitenblicke in volle Stadien in Leipzig und Dresden. Der Rest der Klubs zwischen Ostsee und Erzgebirge ist weit schlechter dran, wenn man mal von Erzgebirge Aue absieht, wo im kleinen alten Bergarbeiterstadion immer noch eisern der Steiger kommt – Glück auf, dass es mal ein Aufsteiger wird! Ansonsten versammelt und versemmelt sich der Ostfußball in Liga drei – und schießt sich manchmal im DFB-Pokal zurück ins Gedächtnis. Gerade geschehen in Chemnitz und Dresden und sogar in Cottbus, jeweils nicht weit weg von Leipzig. Dass dies auch mal anderswo geschieht (Hansa, wir hören nichts!), darüber würde ich mich freuen. Und so lange freue ich mich mit Leipzig – nicht mit dem Brauseverein ohne Strudel, aber mit einer Fußballstadt voller Stolz. Robert Ide

Die beste Liga der Welt

Dieses Urteil werden nun viele als überheblich empfinden oder als anmaßend oder auch ganz schlicht als falsch. Das liegt vor allem an einer sehr seltsam geführten Qualitätsdiskussion. In den Zeiten der Millionenverträge und -Ablösesummen gilt automatisch das Teuerste als das Beste, und die teuerste Liga der Welt ist die Bundesliga ganz bestimmt nicht. Die Öl- oder Gas-Finanzmilliardäre aus England, Spanien oder Frankreich können sich für ihr Spielgeld jedes Jahr bunte und teure Mannschaften zusammenstellen. Was aber wirkliche Qualität betrifft, da greift der monetäre Ansatz zu kurz. Die beste Mannschaft der Welt im WM-Sommer von Brasilien trug weiße Leibchen mit schwarz-rot-goldenen Streifen. Von elf Spielern, die im Finale gegen Argentinien in der Startaufstellung standen, verdienten neun ihr Geld in der Bundesliga. Je ein ausländischer Quotenplatz ging an die englische Premier League und die italienische Serie A, zwischenzeitlich hat sich nun auch die spanische Primera Division einen Weltmeister dazugekauft. Für die kommende Saison bedeutet das: Acht Spieler der weltbesten Elf spielen von diesem Wochenende an zwischen Hamburg und München, zwischen Mönchengladbach und Berlin. In der besten Liga der Welt. Sven Goldmann

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