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Bild not welcome. Dortmunder Fanprotest am Donnerstag.

© dpa/Hitij

Update

Aktion "Wir helfen": Bereits zehn Klubs dagegen - auch Hertha-Fans protestieren gegen "Bild"

Zehn Zweitligisten werden nicht mit der Werbung für die Bild-Aktion "Wir helfen" auflaufen. Fans von Hertha BSC fordern ihren Klub auf, ebenfalls nicht mitzumachen. Freiburgs Trainer Streich hält eine beeindruckende Rede zum Thema.

Zunächst versuchte es Kai Diekmann noch mit aufgeregt wirkender Ironie und amüsierte sich nach eigenen Angaben auf seinem „Twitter-Account“ über den FC St. Pauli und seine „kultivierten feingeistigen Fans“. In einem späteren Tweet allerdings wirkte es dann eher beleidigt. Der Chefredakteur der „Bild-Zeitung“ veröffentlichte einen modifizierten Sticker der Bild-Aktion für Flüchtlinge mit dem Titel „Wir helfen“ – statt des Bild-Logos war dort das Klublogo des Hamburger SV zu sehen.

Der FC St. Pauli ist allerdings nicht allein geblieben. Nach dem Hamburger Zweitligisten werden nun auch der 1. FC Union, der SC Freiburg, der VfL Bochum,1. FC Nürnberg, der 1. FC Kaiserslautern, der MSV Duisburg und Eintracht Braunschweig am Wochenende das Logo „Wir helfen“ nicht am Ärmel tragen. Der TSV 1860 München und Fortuna Düsseldorf nehmen zwar weiter an der Aktion teil, verzichten jedoch auf die Sponsorenlogos. Nun sind es also nur noch 26 von 36, die in der 1. und 2. Bundesliga den Aufdruck der „Bild“-Aktion tragen - statt des sonst an der Stelle klebenden großen Sponsorenlogos des Versandunternehmens Hermes. Klein sind dabei auf dem Ärmel-Logo auch die Logos der Zeitung und von Hermes abgebildet. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hatte zu dieser freiwilligen Aktion aufgerufen – und damit einige Klubs irritiert. Offensichtlich weil sie die Aktion auch als Werbeaktion der Bild-Zeitung interpretieren. Inzwischen regt sich allerdings auch immer mehr Fan-Protest gegen die Aktion der Bild-Zeitung: Viele Anhänger fordern ihre Klubs auf, es den bislang zehn Zweitligisten nachzutun: In einem offenen Brief rief die Fanvereinigung "Unsere Kurve" zu einem Verzicht auf die geplante Aktion auf.

"Wir alle waren mal Flüchtlinge"

Entsprechende Stellungnahmen der Fans gab es bisher unter anderem beim FC Schalke 04, Hertha BSC, dem SC Paderborn und Werder Bremen. Dortmunder Fans zeigten beim Europapokalspiel gegen Krasnodar zahlreiche kritische Banner auf der Südtribüne. Bei Hertha BSC sagt der "Förderkreis Ostkurve" in einer Stellungnahme "nein" zur Bild-Aktion. Dort heißt es unter anderem: "Wir fordern den Verein HERTHA BSC hiermit auf, der für den kommenden Spieltag angesetzten Aktion „Wir helfen“, welche von der einschlägig bekannten Zeitung mit den vier Buchstaben initiiert wurde, eine deutliche Absage zu erteilen." Hertha BSC reagierte auf die Kritik an der Aktion und teilte am Freitag in einer Stellungnahme unter anderem mit: "Leider treten die vielen Initiativen der Erst- und Zweitligisten gegenüber der Diskussion um die Trikotärmel-Aufnäher der Aktion 'Wir helfen' vollkommen in den Hintergrund. Das ist bedauernswert und wird der Situation sowie dem übergeordneten humanitären Ziel nicht gerecht. Wir respektieren im Übrigen die Sicht der Vereine, die sich gegen die 'Wir helfen'-Aktion entschieden haben. Die darauf erfolgte Kritik an den jeweiligen, klubeigenen Entscheidungen ist aus unserer Sicht unangemessen!"

BILD. Erst hetzen, dann herzen.

schreibt NutzerIn knutwuchtig

Freiburgs Trainer Christian Streich äußerte sich auf einer Pressekonferenz ausgiebig zum Thema Flüchtlinge. Jetzt gehe es darum, "dass man sich den Menschen öffnet, dass man sie empfängt, dass man Ängste abbaut", sagte Streich: "Es geht oft um die Angst vor dem Anderen und die Angst vor dem Fremden. Das kann man bei sich selbst beobachten. Es geht darum, andere Denkweisen kennenzulernen." Und auch darum, "auf einen gewissen Wohlstand für eine Zeit zwar nicht zu verzichten, ihn aber umzuverteilen. Von Menschen, die mehr haben zu Menschen, die weniger haben. (...) Wir alle waren mal Flüchtlinge."

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Anders als der SC Freiburg haben manche Klubs bereits angekündigt, trotz öffentlicher Proteste der eigenen Fans mit dem Logo aufzulaufen. Dazu gehören Fortuna Düsseldorf, der Hamburger SV, Mainz 05, Hannover 96, der 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt. Und auch von der Spitze ist wohl kein Protest zu erwarten: "Bild" präsentierte auf Twitter bereits stolz, wie das Logo auf das Trikot von Bayern-Star Thomas Müller genäht wurde.

Bochum und der Club begründeten den Verzicht am Donnerstag mit der Reaktion von Kai Diekmann auf die erste Absage durch den FC St. Pauli. „Darüber wird sich die @AfD_Bund freuen: Beim @fcstpauli sind #refugeesnotwelcome“, hatte Diekmann am Mittwoch getwittert.

Dazu erklärten die Bochumer Vereinsvorstände: „Der VfL Bochum 1848 begrüßt sämtliche Hilfsmaßnahmen, die in Not geratene Menschen unterstützen. (...) Allerdings hat uns die scharfe Reaktion seitens der Chefredaktion ob der Absage eines anderen Klubs an die Aktion dazu gebracht, sich mit diesem Verein solidarisch zu zeigen.“

Die „Bild“ äußerte sich in einer schriftlichen Stellungnahme enttäuscht über die Absagen: „Bild findet es sehr schade, dass einzelne Vereine die gemeinsame Aktion mit DFL und Hermes nicht unterstützen - hier geht es schließlich um die gute Sache.“ Und wohl darum, dass alle Fußballklubs das Bild-Logo durchs Stadion tragen. Aber die Werbeaktion hat ja jetzt schon geklappt für Europas größte Zeitung, egal, wie die Sache nun ausgeht. (mit dpa)

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