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Der 43-jährige Himar Ojeda (Mitte) ist seit Februar Albas Sportdirektor. Hier bespricht sich der Spanier mit Cheftrainer Sasa Obradovic (l.) und Assistenzcoach Milenko Bogicevic.

© Imago

Alba Berlin in den Play-offs: „Natürlich müssen wir kreativer sein“

Alba Berlins Sportdirektor Himar Ojeda spricht im Interview über die Play-offs der Bundesliga und seine Planungen für die Zukunft.

Herr Ojeda, Sie sind seit fast drei Monaten Sportdirektor bei Alba Berlin. Womit beschäftigen Sie sich zurzeit am meisten: mit den Play-offs und der Viertelfinalserie gegen die Frankfurt Skyliners? Oder mit den Planungen für die kommende Saison?

Als Sportdirektor muss ich immer aufmerksam sein und an die Zukunft denken. Aber jetzt sind wir in den Play-offs, es ist auch meine Aufgabe, dass jetzt alle konzentriert bleiben. Die Mannschaft für nächstes Jahr können wir auch nach dem Saisonende noch planen.

Wie sehr hängen die Planungen davon ab, ob sich Alba in den Play-offs gut schlägt, früh ausscheidet oder gar Meister wird?

Wir müssen global denken. Wie war das Jahr insgesamt? Wie sehen wir die Zukunft des Teams? Ich analysiere eine Saison erst, wenn sie beendet ist.

Was ist Ihre Rolle während der Play-offs?

Ich bin Teil der Gruppe. Ich lasse den Trainer das Team führen, das ist sein Job. Er hat die Kontrolle und ich unterstütze ihn, wo ich nur kann. Ich versuche einfach, da zu sein und zu vermitteln, dass jetzt die wichtigste Saisonphase kommt.

Und dass der Chef zuguckt.

Genau (lacht). Wir müssen positiv denken. Es ist wie in der Schule: Deine Ergebnisse bekommst du am Ende des Jahres. Jetzt kommt der große Test und wir müssen unser Bestes geben.

Frankfurt ist dieses Jahr auch deshalb so stark, weil das Team vom Vorjahr weitestgehend zusammen geblieben ist. Die Kontinuität war auch bei Alba zuletzt immer ein großes Thema. Wie wichtig ist Ihnen das?

Generell halte ich viel davon. Ich mag es, einen Kern des Teams zu behalten und dann einzelne Spieler hinzuzufügen. Manchmal klappt das, manchmal nicht.

Alba ist nur Sechster geworden. Sollte man früh scheitern, gäbe es kaum Gründe, das Team zusammenzuhalten.

Selbst wenn wir in der ersten Runde ausscheiden sollten, heißt das nicht, dass wir eine schreckliche Saison hatten und alle gehen müssen. Wir bewerten die Spieler nicht nur als Gruppe, sondern auch individuell. Aber wir leben in einer globalen Welt. Früher haben die Klubs manche Spieler fünf oder sechs Jahre behalten. Ein Spieler von Alba kann mittlerweile aber überall hingehen, nicht nur nach München oder Leverkusen.

In der Regel gehen Alba-Profis aber immer noch nach München oder Bamberg.

Das stimmt. Aber inzwischen kommen Angebote von überall auf der Welt. Das ist für uns einerseits hart, weil unsere Spieler dahin gehen, wo sie mehr Geld bekommen. Andererseits heißt das, dass diese Spieler gut waren und wir sie richtig ausgewählt haben.

Ist es nicht frustrierend, dass Bamberg und München finanziell enteilt sind?

Wir haben die Bayern doch im Pokalfinale besiegt, in ihrer Halle, im wichtigsten Spiel der Saison! So ist Sport.

Es war allerdings nur ein Spiel. Wie wollen Sie über die kommenden Jahre mit Bamberg und Bayern mithalten?

Natürlich müssen wir kreativer sein, um mit den größeren Budgets zu konkurrieren. Wir müssen mehr riskieren. Wie München oder Bamberg holen auch Barcelona oder Real Madrid gerne Spieler, die sich schon in der Liga bewährt haben. Wir müssen es anders machen.

Wie viel Glück ist dabei? In den vergangenen Jahren stellten sich Reggie Redding, Alex Renfroe oder Jamel McLean als Stars heraus, in der aktuellen Spielzeit wurde Mitchell Watt weggeschickt. Und Ivan Aska schaffte es nicht einmal, die Vorbereitung zu überstehen.

Die Wahrscheinlichkeit, einen Fehler zu machen oder Pech zu haben, ist in unserer Situation natürlich größer. Das Ziel ist, dabei die Misserfolge zu minimieren. Wenn man eine Quote von 75 oder 80 Prozent hat, ist das brillant.

Wie entscheiden Sie, dass ein Spieler zum Klub passt?

Wir müssen eine Mannschaft bauen – und nicht nur einzelne Spieler verpflichten. Ich mag es, mir mit eigenen Augen einen Eindruck zu verschaffen, anstatt nur Videos zu studieren.

Wie wichtig ist Ihnen die Persönlichkeit eines Spielers?

In der Summer League habe ich einmal Jaycee Carroll beobachtet, der inzwischen ein Star bei Real Madrid ist. Er sprach fließend Spanisch, das wusste ich vorher gar nicht und hat mir gut gefallen. Und in Las Vegas hatte er nicht nur seine Eltern und seine Frau dabei – sondern auch seine Schwiegereltern. In Vegas! Da wusste ich: Dieser Typ wird bestimmt nicht feiern gehen und mir Probleme bereiten.

Wie muss man sich den Scout Himar Ojeda vorstellen?

Ich fahre mit Stift und Papier zu Turnieren. Ich habe inzwischen eine Menge Notizbücher. Jedes Jahr versuche ich, die in den Computer zu übertragen. Aber irgendwie finde ich dann doch nicht die richtige Software.

Was sagt Ihre Frau zu den Papierbergen?

Die stehen im Büro, nicht zuhause (lacht). Schwierig ist es, damit zu reisen. Aber ich habe viele Spieler im Kopf.

Ihre Verpflichtung bei Alba kam überraschend. Wie haben Sie eigentlich Marco Baldi kennengelernt?

Vor ein paar Jahren war ich als Spielerberater in Deutschland unterwegs, in Berlin wollte ich den Alba-Spielern Reggie Redding und Levon Kendall Hallo sagen, die bei uns unter Vertrag standen. Im Hotel habe ich mir ein Fahrrad geliehen, weil ich hier so viele Radfahrer gesehen habe. Mithat Demirel hat mich in den Vip-Bereich eingeladen, Marco und ich waren die letzten, wir haben uns lange unterhalten. Am Ausgang dachten alle, ich gehe zum Parkhaus, stattdessen stand da mein Fahrrad. Das war mir ein bisschen peinlich.

Es scheint Ihnen nicht geschadet zu haben. Als Sportdirektor bei Alba kümmern Sie sich jetzt nicht nur um die Rekrutierung von Spielern, sondern auch von Trainern. Der Vertrag von Alba-Coach Sasa Obradovic läuft im Sommer auf. Sind Sie auf der Suche nach einem Nachfolger?

Wir haben da keine Eile, wir haben ja einen Coach. Das ist auch ein ganz anderer Markt, man weiß, wie die interessanten Coaches arbeiten. Aber das ist nichts, was uns zurzeit beschäftigt. Wir brauchen diese Diskussion jetzt nicht.

Aber Ihnen werden sicherlich auch Trainer angeboten.

Ja. Als Sportdirektor bin ich derjenige, der die Anrufe und E-Mails bekommt.

Wie viele?

Viele! Es variiert von Tag zu Tag, zurzeit werden mir vielleicht zehn Trainer und 50 Spieler angeboten.

Ist auch richtiger Spam dabei?

Die meisten Spieleragenten arbeiten professionell. Aber vor Kurzem habe ich auch eine Liste von Spielern aus der vierten spanischen Liga zugeschickt bekommen. Als ob die für Alba in Frage kämen.

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