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Sport: Aufschlag Karatantschewa

Trotz Niederlage im Viertelfinale ist die 15-jährige Bulgarin die Entdeckung bei den French Open

Gut, dass es sich Nick Bollettieri noch einmal anders überlegt hat. Eigentlich hatte der berühmte Tennis-Trainer keine Lust, sich das Spiel einer kleinen, aufmüpfigen und drängelnden 12-jährigen Sesil Karatantschewa anzuschauen. Zumal die kleine Bulgarin gerade in der ersten Runde eines internationalen Nachwuchsturniers in Florida ausgeschieden war. „Sie kam zu mir und fragte mich trotzdem, ob ich mir ihr Spiel anschauen könnte, sie sei sehr gut“, erinnert sich Bollettieri, der ihr zunächst antwortete, dass er keine Zeit habe. „Dann kam sie zurück und sagte zu mir, dass es ein Fehler wäre, ihr nicht zuschauen.“ Bollettieri gab nach. „Am nächsten Morgen habe ich sie zu mir in die Halle gebeten und nach 30 Sekunden habe ich zu meinen Trainer gesagt, dass sie einmal großartig wird.“

Drei Jahre später sollte er Recht bekommen. Karatantschewa ist mit 15 Jahren die Überraschung der French Open. Zwar scheiterte sie gestern im Viertelfinale an der Russin Elena Lichowtsewa mit 6:2, 4:6 und 4:6, trotzdem bleibt sie die Neuentdeckung in Paris. Auf dem Weg ins Viertelfinale hatte sie unter anderem die ehemalige Nummer eins der Welt, Venus Williams aus den USA, ausgeschaltet. „Während des Spiels dachte ich gar nicht daran, ob ich gewinne oder verliere, ich wollte einfach mein bestes Tennis spielen“, erklärte die Bulgarin. Auch in der Partie gegen Lichowtsewa war für die Nummer 98 der Weltrangliste mehr drin. Im zweiten Satz lag sie schon ein Break vor, dann bekam sie Angst vor der eigenen Courage. „Ich bin enttäuscht, weil ich meine Chance nicht genutzt habe, aber ich hoffe, dass ich in Zukunft noch einige Viertelfinals spielen und dann auch gewinnen werde“, sagte Karatantschewa. Ihr Spiel ist schon jetzt sehr stark und überlegt. Insbesondere mit ihrer Vorhand kann sie ihre Gegnerinnen unter Druck setzen.

Auch Thomas Haas kann das beurteilen. Denn in Nick Bollettieris Tennisakademie in Bradenton/Florida war Karatantschewa seine Trainingspartnerin. „Ich war geschockt, ich wusste überhaupt nicht, was ich sagen sollte, als ich erfuhr, dass ich mit Haas spielen sollte. Es war eine Ehre für mich“, erinnert sich Karatantschewa. Auch Haas war von der Qualität der Bulgarin überzeugt: „Sie spielt sehr stark, hat schnelle Beine, trifft den Ball sehr hart, aber auch mit Spin und hat dadurch viel Kontrolle in ihrem Spiel.“

Mittlerweile wohnt und lebt Sesil Karatantschewa nicht mehr in Florida, sondern wieder bei ihren Eltern in Sofia. „Es war einfach zu schwierig, Amerika, Bulgarien und die Turniere zu verbinden. Jetzt ist alles unter einem Hut, und das ist besser so“, erklärte sie. Ihr Vater Rado, ein bulgarischer Rudermeister, trainiert die junge Nachwuchshoffnung. Die gesamte Familie ist dem Sport stark verbunden, denn auch ihre Mutter war Volleyballmeisterin. Was aus ihrer Schwester wird, weiß man noch nicht. Auf jeden Fall hat sie von Sesil Karatantschewa schon mal den Namen Gabriela bekommen. „In Anlehnung an Gabriela Sabatini, die ich verehre, denn sie hatte ein elegantes Spiel und immer Spaß auf dem Platz.“ Sie selbst hatte in Paris auch viel Spaß, trotz der Viertelfinalniederlage. Die French Open waren erst ihr drittes Grand-Slam-Turnier.

An den Rummel abseits des Platzes muss sie sich noch gewöhnen. Sprachprobleme hat sie dabei jedoch nicht. Sie spricht sehr gut Englisch, und das nicht etwa nur, weil sie ein halbes Jahr in Bollettieris Obhut war, sondern „weil ich sehr viel die Spice Girls gehört habe“. Jetzt ist die Teenagerin musikalisch umgestiegen, steht mehr auf Queen. „Die habe ich in Neubesetzung live gesehen – großartig“, sagte sie. Vor allem das „We are the Champions“ hat es ihr angetan.

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