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Robin Dutt.

© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Robin Dutt: Ein Diktator wie Kim Jong Un?

Werder Bremens Trainer Dutt gibt sich als Diktator und verhängt ein Informationsverbot. Gebracht hat es nichts. Unser Kolumnist empfiehlt verunsicherten Teams stattdessen Hochliteratur.

Was ist mit Bremens Robin Dutt los? Erleben wir hier den Übergang vom Trainer zum Diktator? In der sportlichen Krise verhängte der Werder-Coach ein sogenanntes „Zeitungsverbot“. Sämtliche Schrifterzeugnisse wurden aus der Kabine und den Aufenthaltsräumen entfernt. Die Spieler sollten nicht durch negative Presseberichte psychologisch verunsichert werden.

Und? Zeigte die Maßnahme Wirkung? Allerdings! Vergangene Woche, also mit Zeitung, war Bremen noch Vorletzter. Diese Woche, ohne Zeitung, sind sie bereits Letzter. Und was lernen wir daraus? Die Unterdrückung unliebsamer Nachrichten bringt nix. Das hätte man eigentlich schon von diesen durchgeknallten asiatischen Machthabern wissen können.

Ich muss ja ehrlich sagen, ich finde es eigentlich sehr gut, dass in der Bremer Kabine Zeitungen ausliegen. Denn das heißt doch, dass die Spieler noch lesen. Sollte man das nicht eher unterstützen? Wie oft wird die Bildungsferne junger Menschen bemängelt. Vielleicht hätte der Trainer das Schriftgut nicht entfernen, sondern eher durch höherwertige Publikationen ersetzen sollen. Für die zweikampfschwachen Abwehrspieler statt der „Sportbild“ etwa Schopenhauers „Welt als Wille und Vorstellung“, so als kleine Anregung. Und für das desorganisierte Mittelfeld Foucaults „Ordnung der Dinge“. Damit mal wieder Struktur reinkommt.

Apropos fehlende Struktur. Was Borussia Dortmund derzeit in der Liga abliefert, ist unterirdisch. Um es mal ganz, ganz fies zu sagen: Sie liegen einen Punkt hinter Hertha BSC! Das muss ein Schock sein.

Wenn Trainer Klopp jetzt den Ideen aus Bremen folgen wollte, dann würde es in Dortmund nicht ausreichen, Zeitungen zu verbieten. Man müsste den Spielern auch die Handys wegnehmen, ihnen das Internet abschalten und zumindest Hummels und Ramos in den Steinbruch schicken. Schade eigentlich, sind nette Jungs.

Dass Massenmedien sportliche Leistungen allerdings auch befördern können, zeigt das Beispiel der Hamburger. Die HSV-Torwartlegende Uli Stein versuchte Stürmer Lasogga in einem Radiointerview mit den Worten zu motivieren: „Solche Spieler hätten bei uns früher das Ballnetz tragen dürfen.“ Das könnte man als Beleidigung auffassen.

Muss man aber nicht. Vielleicht war es eher der versteckte Hinweis, der erfolglose Stürmer sollte beim HSV erst mal ein soziales Jahr ableisten. Netze schleppen, Rasen sprengen, solche Sachen. Das kann für junge Menschen eine wertvolle Erfahrung sein. Sie finden zu sich selbst, werden ausgeglichener und verstolpern nicht jeden Ball im Fünf-Meter-Raum. Lasogga wollte aber allen beweisen, dass es auch ohne soziales Jahr geht. Er machte ein prima Spiel und erzielte den Siegtreffer gegen Dortmund. Das steht jetzt in jeder Zeitung und alle können es lesen. In Hamburg. In Dortmund. Nur nicht in Bremen.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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