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Michael Carter-Williams (mit Ball) und die Philadelphia 76ers sind grottenschlecht - für den ersten Sieg der Saison reichte es am Mittwochabend gegen Minnesota trotzdem.

© AFP

Big Four - die US-Sport-Kolumne: Philadelphia 76ers: Slapstick nach Plan

Die Philadelphia 76ers sind das schlechteste Team der NBA - mit voller Absicht. Jetzt haben sie erstmals gewonnen, Spott und Niederlagen werden sie aber weiter verfolgen.

Tanzende Spieler, erleichterte Fans – und billige Pizza für alle. Die Philadelphia 76ers sind immer noch das schlechteste Team der NBA, die Mannschaft spielt Basketball zum Weggucken, Wegschalten, Wegwerfen. Einem Negativ-Rekord sind die 76ers am Mittwochabend allerdings entronnen: Nach dem 85:77-Sieg bei den Minnesota Timberwolves laufen die 76ers nicht mehr Gefahr, den schlechtesten Saisonstart der NBA-Geschichte hinzulegen. Den Rekord hatten die New Jersey Nets 2009 mit 18 Niederlagen in Serie aufgestellt, Philadelphias Bilanz steht nun bei einem Sieg und 17 Pleiten. Der Erfolg bedeutet allerdings nicht, dass die 76ers jetzt eine Aufholjagd starten werden. Dafür ist das Team einfach zu schlecht. Und das mit Absicht.

Schon die zweite Spielzeit in Folge geht es für den Klub nicht darum, möglichst viele Siege zu holen. Die 76ers wollen vielmehr reichlich Niederlagen einfahren, damit sie am Ende der Saison im Draft die besten Chancen auf die Stars von Morgen haben. Dafür hat sich der Klub aller teurer Profis entledigt und junge, hoffnungsvolle Spieler verpflichtet – zur Not auch verletzte, hoffnungsvolle Spieler. Power Forward Nerlens Noel setzte die komplette vergangene Saison verletzt aus, ähnlich ergeht es Center Joel Embiid in dieser Spielzeit.

Die Highlights wirken wie Slapstick

Diese „Tanking“ genannte Strategie ist umstritten. Es gibt keine Garantie dafür, dass sich aus dem College gedraftete Jungprofis tatsächlich zu Stars entwickeln, die ein NBA-Team über Jahre hinweg tragen und in eine bessere Zukunft führen können. Großes Vorbild in dieser Hinsicht sind die Oklahoma City Thunder, die als Preis für eine schlimme Saison NBA-Topscorer Kevin Durant an Land zogen. Die Besitzer der 76ers, eine Gruppe von Wall-Street-Financiers, setzen voll auf die Tanking-Taktik. Selbst wenn das bedeutet, wahrhaft grässlichen Basketball anzubieten und die Fans des Traditionsklubs zu verprellen. Es kommen zwar immer noch mehr als 14.000 Zuschauer zu den Heimspielen der 76ers, dieser Schnitt ist aber der zweitschlechteste aller NBA-Teams. Ein Fan sagte kürzlich dem TV-Sender ABC, die Show rund um die Spiele sei immer noch sehenswert, die Atmosphäre gut, „nur das Basketball-Team kann man sich echt nicht anschauen“.

Die Highlights von 76ers-Spielen wirken oft wie Slapstick-Komödien: Pässe landen im Aus oder beim Gegner, Spieler stolpern, Spieler werfen den Ball irgendwohin – nur äußerst selten in den Korb. Kein Wunder, leistet sich Philadelphia doch nicht nur das jüngste NBA-Team, sondern auch das billigste. Gestandene Spieler sucht man vergeblich, wie auch der in Philadelphia aufgewachsene Reggie Redding, Profi bei Alba Berlin, gemerkt hat:

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Natürlich ziehen derart miese Leistungen jede Menge Spötter an. In den vergangenen Wochen wurde in den USA ernsthaft darüber diskutiert, ob die 76ers eine Chance gegen das Universitäts-Team von Kentucky hätten, die derzeit beste College-Mannschaft. Weniger ernsthaft – aber ebenfalls nicht völlig abwegig – war die Überlegung, ob die 76ers in dieser Saison mehr Siege holen können als das Football-Team der Philadelphia Eagles, das zurzeit bei neun Erfolgen steht. Allerdings hat die reguläre Saison in der NFL nur 16 Spiele – und nicht 82 wie in der NBA. Die 76ers sind so schlecht, dass Fans im Sportbereich schon gar keine Vergleichsmöglichkeiten finden und sich mittlerweile am Tierreich orientieren:

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Angesichts der Misere hatte ein Sponsor des Teams – die Pizza-Kette Papa John’s – vor der Saison an jedem Tag nach einem Sieg der 76ers einen Nachlass von 50 Prozent auf alle Pizzen versprochen. Weil die Siege ausblieben, gibt es jetzt aber schon Billig-Pizza, sobald Philadelphia 90 Punkte oder mehr erzielt. Das gelang der Mannschaft in Minnesota zwar nicht, dafür gab es den ersten Sieg der Saison zu bejubeln. Den Freudentanz der Spieler führte der Dauerverletzte Joel Embiid an, der sich jetzt aber wohl wieder ganz auf seine Genesung und die Rettung der 76ers konzentrieren wird. Irgendwann einmal, wenn der Klub genug Niederlagen angehäuft hat, wird auch er das Trikot der 76ers tragen, um sich wieder ans Siegen zu machen.

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