zum Hauptinhalt

Basketball: Das Ende einer langen Reise für Nowitzki

Es ist die späte Krönung des wohl besten deutschen Basketballers aller Zeiten: Nach 13 Jahren voller Rückschläge erfüllt sich Dirk Nowitzki seinen größten Traum und gewinnt mit den Dallas Mavericks den Titel in der NBA.

Berlin - Fassungslosigkeit. Direkt nach Spielschluss eilt Dirk Nowitzki ergriffen und ungläubig in die Kabine. Keine Umarmungen, kein Abklatschen. Der Basketballstar von den Dallas Mavericks will für ein paar Momente mit sich allein sein, bevor die große Sause beginnt. Der 32 Jahre alte Würzburger setzt sich allein in die Umkleidekabine. Die Tränen rollen, wie er später erzählt. So wie im Juli 2008, nachdem er mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking das erste seiner zwei großen Karriereziele erreicht hatte. Der 105:95-(53:51-)Sieg bei den Miami Heat im sechsten Finalspiel der „Best of Seven“-Serie am Sonntagabend bedeutet die Weltmeisterschaft, wie die US-Amerikaner ihren NBA-Titel nicht gerade unbescheiden nennen.

Für Nowitzki ist der Titelgewinn das Ende einer langen Reise. Seit 13 Jahren spielt er in der NBA, hat 1117 Spiele für die Mavericks bestritten und dabei 22 792 Punkte erzielt. 2006 hatte er schon einmal in der Finalserie gestanden, ebenfalls gegen Miami, mit 2:0 nach Siegen geführt – und den Titel in Miami schließlich doch noch verloren. Als „No-win-tzki“ verspotteten ihn die Amerikaner deshalb. Alles vergessen, Nowitzki ist jetzt auf Augenhöhe mit den Größten seines Sports. Basketball-Legende Magic Johnson verglich ihn mit Michael Jordan, so stark habe er im letzten Viertel gespielt. Nowitzki selbst blieb auch in der Stunde seines größten Triumphes zurückhaltend. Er könne noch gar keine Worte finden für diesen Erfolg, stammelte er. „Aber das kann uns nie mehr einer nehmen, die Meisterschaft im Jahr 2010/11 gehört für immer den Dallas Mavericks.“

Die späte Krönung des besten deutschen Basketballers aller Zeiten und wertvollsten Spielers dieser Finalserie ist eher eine stille Erleichterung als ein lauter Knall. Natürlich bricht großer Jubel unter den Dallas-Fans aus, als Nowitzki am Sonntagabend nach einer gefühlten Ewigkeit aus der Umkleidekabine zurück in die Arena schreitet, in champagnergetränktem Meistershirt und mit Baseballkappe. Unmittelbar nach der Schlusssirene aber war es still gewesen. Die Spieler der Mavericks freuten sich zunächst eher zurückhaltend. Auch in der Magnet-Bar in Berlin-Mitte wurde es für eine kurze Weile ruhig, bevor die über 100 Fans bei einem der wenigen Public Viewings in Deutschland ihren Star um fünf Uhr morgens lautstark zu feiern begannen. Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner schießen auf der Tribüne in Miami die Tränen der Freude und Erleichterung in die Augen.

Nicht nur für Nowitzki, auch für seine Mitstreiter Jason Terry und Jason Kidd hatte die Finalserie den Charakter einer allerletzten Chance. Terry war 2006 beim Final-Kollaps der Mavericks dabei, der 38-jährige Kidd hatte 2002 und 2003 die Endspiele mit den New Jersey Nets verloren. Nowitzki erzählte, was Terry im vierten Viertel zu ihm gesagt habe: „Denk an 2006, heute holen wir uns das Ding.“

Selbst Miamis Star Dwyane Wade gratulierte Nowitzki: „Seit fünf Jahren brannte dieses Feuer in ihm. Er war immer aggressiv, hat wichtige Würfe getroffen. Jetzt ist er ein Champion!“ Vor Spiel fünf in Dallas hatten Wade und sein Teamkollege LeBron James noch jeden Respekt vor dem Deutschen vermissen lassen. Vor laufenden Kameras hatten sie abwechselnd in ihre T-Shirts gehustet und Nowitzki damit auf wenig charmante Weise die Simulation seiner fiebrigen Grippe unterstellt, die ihn in Spiel vier gequält hatte.

Beim Spiel am Sonntagabend war Nowitzki deutlich fitter, doch er zeigte die wahrscheinlich schwächste Leistung in diesen von ihm überragend geführten Play-offs. In der ersten Halbzeit kam er nur auf drei Punkte und einen Treffer bei zwölf Würfen. Dennoch führte Dallas 53:51, weil Nowitzkis Mitspieler um Terry, J.J. Barea, Shawn Marion und Kidd aufdrehten. „Zehn Spieler haben drei Spieler besiegt“, analysierte Magic Johnson mit Blick auf Miamis Superstars James, Wade und Chris Bosh.

Ähnlich wie Nowitzki zu Beginn zeigten sich James mit einem Airball aus Nahdistanz und Wade, der sich auf den Fuß dribbelte, sehr nervös. Doch Nowitzki hatte im Schlussviertel wie in der Finalserie immer noch etwas zu bieten, traf einige schwierige Würfe und erzielte zehn wichtige Punkte (insgesamt 21), die dafür sorgten, dass Miami nicht noch einmal Hoffnung schöpfte und Dallas die letzten zwei Minuten der Begegnung relativ ungefährdet herunterspielen konnte.

Nach seinem Innehalten in der Kabine ging Nowitzki später am Abend dann doch noch richtig aus sich heraus. „Wir brauchen mehr Alkohol“, rief er und stolzierte bewaffnet mit einer Champagnerflasche aus dem Umkleideraum heraus. „Simply Mav-elous“ (einfach fantastisch), titelten die „Dallas Morning News“ auf ihrer ersten Seite der Montagausgabe und zeigten einen ausgelassen jubelnden Nowitzki. „No-win-tzki“ existiert seit Sonntag nicht mehr. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false