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Sport: Das traurige Quartett

Startverbot für die Bahnrad-Boykotteure von Stuttgart

Berlin. Lange und hitzig wurde am Donnerstag diskutiert. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) musste schließlich über ein heikles Thema beraten: Welche Strafe sollte es für die Boykotteure des deutschen Bahnradvierers bei der WM in Stuttgart geben? Immerhin waren sich beim BDR alle einig, dass die vier Fahrer aus Thüringen, die bei der WM in nicht starten wollten, bestraft werden müssen. Freitag wurde bekannt: Die Fahrer haben vorerst keine Zukunft im Nationalteam. Mit einer Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2004 wird es für das Quartett Christian Bach, Jens Lehmann, Sebastian Siedler und Daniel Becke wohl nichts.

Auslöser des Boykotts von Stuttgart war die Nichtnominierung von Jens Lehmann durch Bundestrainer Bernd Dittert für das Einzelfahren. Dafür sah sich Lehmann als Zweiter der deutschen Meisterschaft als gesetzt. Doch Robert Bartko bekam den Vorzug vor Lehmann, weshalb Jens Lang, Heimtrainer der vier thüringer Fahrer, per E-Mail zum Boykott aufrief. Silvia Schenk, Präsidentin des BDR, verteidigte die Maßnahme des Bundestrainers. „Niemand hat durch Erfüllung der Normen oder Platzierungen bei der deutschen Meisterschaft ein festes Startrecht bei der WM“, sagt die BDR-Präsidentin. „Die endgültige Aufstellung wird kurz vorher entschieden. Die Form der Fahrer ist ausschlaggebend.“

Einzig Bach darf noch auf einen Start in Athen hoffen. Nur bis Anfang 2004 wurde er aus dem Nationalkader verbannt. Sebastian Siedler wurde bis zum 31. August 2004 gesperrt, Jens Lehmann und Daniel Becke bis zum 31. August 2005. Zudem bekommen Lehmann, Bach und Siedler keine Sportfördergelder mehr. Auch der Sonderstatus als Sportsoldat wurde Bach und Siedler aberkannt. Ab sofort heißt es wieder strammstehen ohne Privilegien.

„Die unterschiedlichen Strafen sind damit zu erklären, dass jeder Fall einzeln behandelt wurde“, sagt Sylvia Schenk. „Christian Bach hat sich mehrfach entschuldigt, weshalb wir ihm die Chance auf Olympia 2004 nicht verbauen wollten. Becke jedoch fährt für ein Profi-Team, und Lehmann ist Halbprofi, wohingegen Sebastian Siedler auf die Fördergelder angewiesen ist.“ Jens Lehmann hatte die Rolle des Anführers beim Boykott, daher ist seine Strafe wohl auch so hart wie bei Profi Becke. Der BDR betont jedoch, dass über eine Wiederaufnahme der gesperrten Fahrer ins Nationalteam nach Ablauf der Sperre beraten werden wird.

Christian Bach hat mit seiner Entschuldigung sicher ein Zeichen gesetzt. Die restlichen Fahrer erklärten ihr Verhalten zwar für indiskutabel und bedauerten den Rückzug des Bahnvierers, Reuebekundungen für ihr Handeln gab es aber nicht. Bach, Lehmann und Siedler starten bei Straßenrennen für das Team Köstritzer, allerdings sind sie nach dem Vorfall von Stuttgart auch von ihrer Mannschaft suspendiert worden. So dürfen die drei Fahrer momentan zwar Rennen bestreiten – allerdings nicht unter dem Namen des Thüringer Radstalls. Privates Radeln zum Zwecke der Formerhaltung sozusagen.

Tobias Erlemann

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