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Doping: Springreiter Ludger Beerbaum gesteht unerlaubte Praktiken

Ein Beben durchzuckt den Reitsport. Außgerechnet der erfolgreichste Springreiter, Ludger Beerbaum, hat weit verbreitete Praktik der verbotenen Medikation von Pferden eingeräumt.

Berlin - Eigentlich wollte Otto Becker nun in Ruhe trainieren. Seit dem Ende des vergangenen Jahres ist der 50-Jährige Bundestrainer der deutschen Springreiter. Es läuft gut, sportlich betrachtet sind die Erfolge da, die Vorbereitung für den Höhepunkt des Jahres, die EM Ende August im britischen Windsor, sollte langsam beginnen. „Und auch der Teamgeist stimmt“, sagt Becker. Doch nun haben die Aussagen eines seiner Topathleten die Arbeit des Bundestrainers einmal mehr gestört.

Ausgerechnet Ludger Beerbaum, der erfolgreichste Springreiter der vergangenen 20 Jahre, äußerte sich nun öffentlich zur offensichtlich weit verbreiteten Praktik der verbotenen Medikation der Pferde. Beerbaum sagte gegenüber der „FAZ“, er habe sich „im Laufe der Jahre darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht“. In der Vergangenheit habe er die Haltung gehabt: „Erlaubt ist, was nicht gefunden wird.“ Beerbaum fügte zwar noch hinzu, dass das „heute nicht mehr aufrechtzuerhalten“ sei, gerade das erscheint aber angesichts der nicht abreißen wollenden Gerüchte über weitere Fälle nicht unbedingt glaubwürdig. Der Reitsport kommt einfach nicht zur Ruhe.

Auf die Dopingaffäre um Christian Ahlmann und sein Pferd Cöster bei den olympischen Reitwettbewerben in Hongkong 2008 folgten in den vergangenen Wochen weitere Spekulationen, diesmal um Marco Kutscher und Ludger Beerbaum. Kutschers Pferd Cornet Obolensky hatte in Hongkong eine Injektion erhalten, die nicht offiziell angemeldet worden war. Außerdem hatte man im Gepäck der beiden Reiter das Mittel „Equiblock“ gefunden, das die verbotene Substanz Capsaicin enthält, die wiederum Grund für die achtmonatige Strafe von Ahlmann war. Kutscher und Beerbaum wurden allerdings in der vergangenen Woche vom deutschen Springaussschuss wegen Mangels an Beweisen freigesprochen.

Nach Beerbaums Aussagen aber werde es wohl ein neues Verfahren geben, sagt Dennis Peiler, Sprecher der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Man habe Beerbaums Aussagen „mit Erschrecken aufgenommen“, sagt Peiler, der Verband werde sich damit intensiv auseinandersetzen. Auch einen Ausschluss aus der Nationalmannschaft schließt Peiler nicht aus. Auch wenn die FN betont, man könne „diese Aussagen nicht pauschal auf den Spitzensport übertragen“, räumt auch Peiler nun ein, man könne längst nicht mehr von einem Einzelfall sprechen. „Wir werden alles versuchen, die Fälle aufzuklären“, sagt Peiler. „Aber das geht nur auf der Grundlage von Beweisen.“

Beerbaum selbst wollte seine Aussagen gestern gegenüber dem Tagesspiegel nicht weiter kommentieren. Sein Bundestrainer aber gab sich „sehr überrascht“. Auch wenn Otto Becker schon lange nichts mehr auf Gerüchte gibt. Nach der Vielzahl von Spekulationen zählt für ihn nur noch der sportliche Eindruck. Verärgert ist Becker trotzdem. Denn: „Nun reden wieder alle über diese Dinge und nicht über die sportlichen Erfolge.“

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