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German Open

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German Open: Ende eines Tennismythos

Nach dem Aus der German Open bleiben Ausrichter Rot-Weiß offene Rechnungen und ein teures Stadion.

Berlin - Es rollten Tränen, an jenem denkwürdigen Tag im Mai 1986 am Hundekehlesee. Nicht die 16 Jahre alte Überraschungssiegerin der German Open weinte vor Rührung, stattdessen vergoss die 13 Jahre ältere Martina Navratilova bei der Siegerehrung ein paar Tränen. Womöglich weil die Weltranglistenerste ahnte, dass sie den Beginn ihrer Ablösung durch einen neuen Tennisstar erlebt hatte. Tatsächlich startete Steffi Graf eine beispiellose Karriere. Das Berliner Turnier gewann sie insgesamt neun Mal, weshalb 2004 das Stadion im Grunewald, in dem sie im Mai 1986 ihren ersten großen Erfolg gefeiert hatte, nach ihr benannt wurde. Es könnte als Bauruine enden.

Der Tennisverband von Katar, dem das Berliner Frauenturnier seit 2004 gehörte, hat die Lizenz an die Spielerinnen-Organisation WTA zurückgegeben. Somit gibt es die German Open in Grunewald nicht mehr. Das hat WTA-Chef Larry Scott dem Präsidenten des ausrichtenden LTTC Rot-Weiß, Josef Minderjahn, am Montag in einer Mail bestätigt. Von den Katarern hatte Minderjahn zuletzt nichts mehr gehört. Der Vereinschef hat die WTA in einem Brief gefragt, ob sie das Turnier in diesem Jahr nicht selber austragen wolle. Eine Antwort steht noch aus.

Auch die Zukunft des Stadions, das 1996 für 20 Millionen Mark aus Lottomitteln ausgebaut worden ist, ist offen. „Ein Abriss würde 2,5 Millionen Euro kosten“, sagt Josef Minderjahn, „aber dieses Geld haben wir nicht.“ Der Unterhalt kostet den Verein eine sechsstellig Summe, zuletzt waren immer wieder Reparaturen nötig. Der Verein versucht nun, mit einem internationalen Jugendturnier und internationalen Seniorenturnieren Geld einzunehmen.

Rätselhaft bleibt der Umgang der Katarer mit ihrem Geschäftspartner Rot-Weiß. Die Turnierbesitzer hatten etwa eine Million Euro an offenen Rechnungen nach den German Open 2008 hinterlassen. Kurz vor Weihnachten wurden die Internetfirma und Rot-Weiß ausbezahlt. Wie sich jetzt herausstellt, stammte dieses Geld jedoch nicht aus Katar, sondern aus Vermarktungserlösen der WTA. Das bestätigte Ulrich Kroeker, Vizepräsident des Deutschen Tennis-Bundes. Noch immer sind Rechnungen an Dienstleister in Höhe von 800 000 Euro offen, wie der Tagesspiegel aus dem Turnierbüro erfuhr. Dort gibt es die Hoffnung, dass die Außenstände beglichen werden, da in der vergangenen Woche Wirtschaftsprüfer im Auftrag des Olympischen Komitees von Katar die Buchhaltung eingesehen haben.

„Ich bin sehr traurig, dass es jetzt so gekommen ist“, sagt der ehemalige Turnierdirektor Eberhard Wensky, der nach dem Einstieg der Katarer als Turnierdirektor abgesetzt worden war. „Es ist ja teilweise als das beste Frauen-Turnier der Welt ausgezeichnet worden.“ Für ihn war es nur eine Frage der Zeit, bis die Katarer sich aus Berlin zurückziehen. Wensky sagt: „Das Ende ist nicht bloß ein sportlicher Verlust, sondern auch ein gesellschaftlicher.“

Hans-Jürgen Jobski empfindet das Ende der German Open „als Schaden für die Sportstadt Berlin“. Der frühere Rot-Weiß-Präsident kann sich vorstellen, dass der Deutsche Tennis-Bund, der Berliner Verband und Rot-Weiß ein Modell entwickeln, um ein großes Alternativturnier auf die Beine zu stellen. Josef Minderjahn hält das für nicht möglich. „Das kostet drei Millionen Euro“, sagt der Vereinspräsident, „das kann ich mir bei Rot-Weiß nicht vorstellen, wir wollen alte Fehler nicht wiederholen.“

Auch die Politik sieht sich für ein Tennisturnier nicht zuständig. „Wir bedauern den Verlust des Turniers“, sagt eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, „aber es ist eine privatwirtschaftliche Sportveranstaltung, die nicht unter das Sportfördergesetz fällt.“ Höchstens beim Werben um ein neues Turnier könne der Senat behilflich sein.

1979 sind zur ersten Auflage des Turniers in einer Woche 4000 Zuschauer gekommen. Später bevölkerten mehr als 50 000 Zuschauer die Anlage. „Ich habe den Aufstieg aus kleinen Anfängen zum größten Frauentennisturnier in Deutschland miterlebt“, sagt Eberhard Wensky. Jetzt erlebt er auch das Ende.

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