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Das fehlt. Der Berliner Verteidiger Maik Franz (r.) fällt bis Saisonende mit einem Kreuzbandriss aus. Ein emotionaler Grenzgänger wie er könnte einem Team wie Hertha, das zuletzt in Duldungsstarre verfiel, gut tun. Wenn er verletzt fehlte, stiegen seine Klubs ab.

© picture alliance / dpa

Herthas verletzter Abwehrspieler: Die Legende von Maik Franz

Herthas Saisonverlauf ähnelt dem von Frankfurt in der vergangenen Saison. Maik Franz, der vor einem Jahr noch bei der Eintracht unter Vertrag stand, erlebt derzeit ein kleines Deja-vu in Berlin.

Berlin - Eigentlich ist es ganz einfach, das mit dem Klassenerhalt. Hertha BSC muss einfach, und sei es nur für die Schlusssekunden, einen Rekonvaleszenten einwechseln, der kaum laufen kann. Das muss er auch gar nicht. Es ist die Symbolik, die zählt im Fußball, der wohl abergläubischsten Branche abseits der Fernseh-Wahrsagerei. Denn kann Maik Franz mit Stollenschuhen einen Fußballplatz betreten, verzieht sich die Abstiegsgefahr ins Reich der bösen Geister, so lautet zumindest die Legende. Wenn der Abwehrspieler aber verhindert ist, droht großes Unheil, erzählt man sich.

Zweimal fehlte der Verteidiger verletzt am Saisonende, zweimal folgte der Abstieg, 2009 mit dem Karlsruher SC, 2011 mit Eintracht Frankfurt. Also scheint die Lösung für die Sorgen des Tabellenvorletzten aus Berlin einfach. Doch es gibt da ein Hindernis: „Es wird noch drei Monate dauern, bis ich wieder fit bin“, sagt Franz. Der 30-Jährige hat drei Übungsleiter verpasst, seit er verletzt ist. Wenn er nach seinem Kreuzbandriss wieder spielfähig ist, ist es Sommer und ein vierter Trainer wird kommen. Otto Rehhagel betreut dann in Berlin höchstens Politiker, die Frage ist, in welcher Liga er Hertha hinterlässt.

Die Vorzeichen dafür, dass es die Bundesliga sein wird, stehen nicht gut. Nicht nur, weil die Berliner neun von zehn Rückrundenspielen verloren haben. Sondern auch, weil der Saisonverlauf bei Franz böse Erinnerungen weckt. „Es ist ein kleines Déjà-vu“, sagt Franz. Wie vor einem Jahr in Frankfurt muss er tatenlos mit ansehen, wie bei seiner Mannschaft eine aufsteigende Saisonkurve zur Parabel wird und abstürzt. „Leider Gottes ähnelt sich der Verlauf“, sagt Franz. Auch Frankfurt hatte vorige Saison eine gute Hinrunde gespielt. Es gab einen neuen Vertrag für einen Trainer namens Michael Skibbe, der aber in der Rückrunde gehen musste. Es folgte ein Trainer, der seine größten Bundesligaerfolge in den Achtziger- und Neunzigerjahren gefeiert hatte und mit seiner Erfahrung und Aura Fans, Mannschaft und Medien bezaubern sollte (Christoph Daum). Am Ende stand der Abstieg.

Dieser in der Bundesliga-Geschichte nie dagewesene Absturz innerhalb einer Saison diente vielen Klubs als Warnung. Doch in Berlin scheint man den Ablauf möglichst originalgetreu nachzustellen.

Franz ist einer, der vor Wiederholung der Geschichte warnen könnte, aber ihm sind sozusagen die Füße gebunden. „Ich will als verletzter Spieler keine klugen Sprüche machen“, sagt Franz. Neben der Reha in Berlin schaut er ein- bis zweimal die Woche beim Training vorbei, trifft Mitspieler, verfolgt Heimspiele im Stadion und Auswärtsspiele am Fernseher.

Aber als Zeitzeuge sieht Franz auch die kleinen Unterschiede zu Frankfurt. „Wir hatten nach der Hinrunde mehr Punkte“, erinnert sich der 30-Jährige. Die Eintracht träumte als Siebter vom Europapokal, mit 26 Punkten. Hertha war diesen Winter Elfter, mit sechs Zählern weniger. „In Frankfurt war es schleichend, die Situation wurde zu spät erkannt, wir dachten: Wir brauchen nur einen Sieg, andere Teams sind schlechter.“ In Berlin sei dies anders. „Hier ist es reeller, man hat die Gefahr seit Wochen erkannt und arbeitet dagegen an“, sagt Franz.

Nun ist es zwar so, dass Hertha wie einst Karlsruhe und Frankfurt mit Franz mehr Punkte geholt hat als ohne ihn. In Berlin lag das aber vor allem an der erfolgreichen Hinrunde der Mannschaft, für Franz lief es weniger gut. Erst brach er sich das Nasenbein, verlor danach den Startelfplatz, kämpfte sich zurück – und riss sich dann das Kreuzband. Nun fehlt er, nicht nur als Verteidiger, sondern auch als emotionaler Grenzgänger in einer zuletzt in Duldungsstarre verharrenden Mannschaft. Und als Symbolfigur gegen den Abstieg.

Auch wenn er sich trotz Vertrages mit Erstligagültigkeit auch ein Bleiben im Abstiegsfall vorstellen kann – Franz glaubt „als positiv denkender Mensch an den Klassenerhalt“. Denn es gebe auch andere Beispiele. Mönchengladbach vergangene Saison. Oder, wieder einmal, Eintracht Frankfurt, 1999. Aber ein Übersteigertor in letzter Minute, das wäre wohl zu viel verlangt von einem eingewechselten Glücksbringer.

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