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Und dann die Hände zum Himmel... Ronny lässt sich nach dem 1:1 in Hannover feiern. Es war der erste Treffer des Brasilianers aus einer Standardsituation in dieser Saison.

© dpa

Ronny rettet Hertha: Punkten mit Ballermann

Die prägende Spielfigur ist Ronny bei Aufsteiger Hertha BSC nicht mehr, aber er ist immer noch der Mann mit dem gewissen Extra.

Am Tag danach trabte Ronny auf dem Übungsgelände eine halbe Stunde locker aus. Viel auszutraben hatte er ja nicht gehabt, so wenig, wie er am Abend zuvor gelaufen war. Da hatte ihn Herthas Trainer Jos Luhukay erst zehn Minuten vor Spielende eingewechselt. Dann hatte es einen Freistoß gegeben, den Ronny, sein erster Ballkontakt, mit ein paar Schritten Anlauf in den linken Winkel des Tores knallte: 1:1. Punkt, Aus, Ende.

Da war es wieder, das brasilianische Freistoßungeheuer aus Berlin. Zwar hatte sich auch bis Niedersachsen und Hannover 96 herumgesprochen, dass dieser Kerl einen verrückten linken Fuß hat, aber dennoch ist es schwer, seinen Schüssen, wenn sie dann kommen, etwas entgegenzusetzen. In der Zweiten Liga hat es die Konkurrenz überhaupt nicht geschafft. 18 Tore hatte der 28-Jährige in der vorigen Spielzeit erzielt, darunter zahlreiche Freistöße direkt verwandelt. Nur in der Bundesliga, der momentanen Spielzeit, wollte es nicht so recht klappen. Was einerseits daran lag, dass Ronny eben nicht mehr gesetzt ist als Stammspieler. Das Spiel in der Bundesliga ist zu schnell für ihn. Zudem bevorzugt Trainer Jos Luhukay ein aktives Spiel seiner Mannschaft. Das wiederum bedeutet, dass der Aufsteiger ein sehr laufintensives und temporeiches Spiel betreibt. Es ist eine Art Jagdfußball, den Luhukay sehen will. Den Gegner früh anlaufen, stets Druck auf den Ball ausüben und bei Balleroberung rasch umschalten in ein vertikales Spiel nach vorn, um schnell Tiefe zu gewinnen. Für dieses Spiel ist Ronny oft zu tranig und umständlich, mal ganz unabhängig von seinem fatalen Fitnesszustand, mit dem er nach seiner üppigen Vertragsverlängerung aus dem sommerlichen Brasilienurlaub zurückgekehrt war.

Und trotzdem besitzt Ronny das eine Etwas, was ihn so wertvoll machen kann für die Berliner. Gegen Hannover waren die Berliner mit zunehmender Zeit die bessere, die intensivere Mannschaft. Doch irgendwie wollte ihnen an diesem Abend kein Tor gelingen. 30 Flanken flogen vor das Tor des Gegners, aber kaum eine kam an den Mann. Und wenn, wie im Fall Adrian Ramos’ und Änis Ben-Hatiras, wurde sie vergeben. „Das war so ein Tag, an dem wir aus dem Spiel heraus nicht zum Torerfolg kommen würden“, wiederholte Luhukay seine Überlegung vom Vorabend. „Vielleicht aber aus einer Standardsituation.“ Also brachte er Ronny, den er nach drei schwachen Auftritten in der Startelf erst spät einwechselte. Und als Einwechselspieler erzielte er sein drittes Saisontor.

Damit dürfte sich Ronny als eine Art Edel-Joker festgespielt haben. „Ach, über Ronny kann man sich immer Gedanken machen“, sagt Luhukay. Gut möglich, dass er mal wieder in der Startelf steht, aber manchmal hilft er als späte Zugabe mehr. „Er hat einfach was Spezielles“, sagt Luhukay. „Seine Schüsse sind einzigartig.“

Vorige Woche gegen Mainz blieben Ronnys Freistöße schwach. „In der vergangenen Saison hatte ihn das Glück oft begleitet, in den vergangenen Wochen war es nicht so. Aber wir beide wissen, was wir aneinander haben“, sagt Luhukay. Das weiß auch die Mannschaft. Oder wie es Fabian Lustenberger sagte: „Vielleicht hat ihn der Trainer gereizt, als er sagte, dass sein linker Fuß noch nicht so justiert ist wie sonst.“ Jetzt habe sich Ronny „etwas Frust“ von der Seele geschossen. „Wir sind froh, dass wir ihn haben.“ Ein bisschen verhält es sich mit Hertha und Ronny wie mit Mallorca und S’Arenal, dem Ballermann. Er ist das Andere, das Schrille, Schräge und manchmal Gewöhnungsbedürftige. Muss man nicht zwingend haben, aber es zieht. Und irgendwie würde etwas fehlen.

In Hannover hat Hertha im achten Saisonspiel zum vierten Mal einen Rückstand gutgemacht. Das zeigt, dass die Mannschaft mental stabil und körperlich in Schuss ist, um hintenraus immer noch etwas bewegen zu können. In Hannover brauchte Hertha den fulminanten Ronny. Und auch für ihn war es wichtig. „Er ist ein Spieler, der solche Erfolgserlebnisse braucht“, sagt Luhukay. Was daran liegen mag, dass Ronny viel sensibler ist, als seine Urgewalt im Fuß vermuten lässt.

Vielleicht werden durch Ronny die Standards wieder zu einer Waffe Herthas. Die 18 Tore aus der Zweiten Liga werden in der Bundesliga nicht möglich sein, sagt Luhukay. „Aber sollte es die Hälfte werden, würde ich sehr zufrieden sein.“

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