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Philipp Lahm: Heute behaupte ich das Gegenteil

Ein Kommentar über das Nachtreten des profilierungssüchtigen Nationalelf- und Bayern-Kapitäns Philipp Lahm gegen seine Ex-Trainer Felix Magath, Jürgen Klinsmann und Louis van Gaal.

Philipp Lahm hat also ein Buch geschrieben. Das heißt: er hat es schreiben lassen, von einem Ghostwriter, der eine gewisse Popularität erreicht hat mit Kolumnen über seinen Hund. Der Hund ist tot, Philipp Lahm gerade 27 geworden, da wird es Zeit für eine Autobiographie. Was steht drin? Nichts, was nicht längst bekannt wäre. Jürgen Klinsmanns taktische Kompetenz ist bescheiden, Felix Magath steht nicht unbedingt für nachhaltiges Arbeiten und Louis van Gaal schätzt vor allem die Meinung von Louis van Gaal. Das alles weiß heute auch jeder durchschnittlich interessierte Zeitungsleser.

Interessant ist gar nicht so sehr, was Philipp Lahm da schreiben lässt. Interessant ist, dass er sich aus der sicheren Position des zeitlichen Abstandes überhaupt hinreißen lässt zum Nachtreten. Die Sache mit van Gaal hat Lahm vor zwei Jahren übrigens noch ganz anders gesehen. In einem viel beachteten Interview stellte er sich vor den eitlen Holländer und lobte vor allem dessen bedingungsloses Eintreten für seine Spielphilosophie. Damals wählte Lahm den intellektuellen Ansatz über die „Süddeutsche Zeitung“, heute behauptet er über einen Vorabdruck in „Bild“ das genaue Gegenteil.

Die große van-Gaal-Verteidigungsrede hat Lahms Berater damals gegenüber dem FC Bayern damit gerechtfertigt, ein Führungsspieler müsse sich in der Öffentlichkeit auch mal profilieren. Und Macht im Profifußball besteht heute auch darin, rechtzeitig in der Öffentlichkeit Positionen zu besetzen. Philipp Lahm galt lange als Deutschlands liebster Fußballschwiegersohn. Aber nur so lange, bis es Zeit war für den nächsten Schritt. Beim FC Bayern ist ihm seine Position als kickender Meinungsführer sicher. In der Nationalmannschaft hat er einem gealterten Michael Ballack im bestmöglichen Augenblick die Beine weggesäbelt. Der liebe Lahm hatte plötzlich ein Image mit Ecken und Kanten, dabei inszenierte er sich doch bloß als Löser eines Problems, das sich mit der Zeit von allein gelöst hätte.

Dem Bundestrainer war das recht. Lahms Anspruch auf das Kapitänsamt in der Nationalmannschaft fügte sich in Joachim Löws Konzept der Verjüngung. Mal sehen, wie Löw reagiert, wenn sein neuer Kapitän mal eine Bemerkung fallen lässt über die Taktik im missratenen WM-Halbfinale gegen Spanien. Dass da einiges danebenging, weiß heute jeder durchschnittlich interessierte Zeitungsleser. Nur öffentlich gesagt hat es noch keiner, jedenfalls kein Nationalspieler.

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