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Sport: „Korruption beseitigt man nicht über Nacht“ Eckhard Cordes, Chef des Ost-Ausschusses der Wirtschaft, über Fußball, Olympia, Russland und schwule Manager

Herr Cordes, deutsche Unternehmen sollen im Umfeld der Winterspiele Aufträge über 1,5 Milliarden Euro gewonnen haben. Ist das viel?

Herr Cordes, deutsche Unternehmen sollen im Umfeld der Winterspiele Aufträge über 1,5 Milliarden Euro gewonnen haben. Ist das viel?

Dass die deutsche Wirtschaft Aufträge im Vorfeld von Sotschi bekommen hat, ist natürlich positiv. Allerdings sollte man das nicht überbewerten. Zuletzt betrug das Handelsvolumen mit Russland insgesamt rund 80 Milliarden Euro im Jahr. Auch das klingt hoch, aber es könnte und sollte noch höher sein. Hier schöpfen beide Seiten ihre Potenziale noch lange nicht aus.

Spricht eine Fußball-WM andere Unternehmen an als Olympische Spiele?

Ja, man denke nur an den Stadionbau oder den Aufbau der Verkehrsinfrastruktur. Da wird die WM einen noch breiteren Kreis an Unternehmen anziehen. Zudem findet die WM im ganzen Land und nicht nur an einem Ort statt.

Wo sehen Sie Effekte, die über diese Ausrüstung der Turniere hinausgehen?

Die Fußball-WM 2006 in Deutschland hat maßgeblich dazu beigetragen, das deutsche Image in der Welt zu verbessern. Damals haben alle gesehen: Die Deutschen können ja auch fröhlich sein! Wenn solche Ereignisse also gut ablaufen, geben sie einem Land die Chance, sich positiv in der Weltöffentlichkeit darzustellen. Daraus resultieren nicht unmittelbar, aber mittelbar positive Effekte, die auch die Wirtschaft befördern.

Sie prangern regelmäßig die Korruption in Russland an: Zahlen deutsche Firmen dort Schmiergeld?

Ich glaube nicht, dass das der Fall ist. Nicht nur große Firmen, auch die Mittelständler messen dem Thema Compliance heute eine große Bedeutung zu. Vor zehn bis 15 Jahren wusste kaum jemand, was das ist. Es herrscht eine große Einsicht, dass Korruption extrem negativ ist. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass von deutschen Unternehmen keine aktiven Korruptionsmaßnahmen ausgehen.

Dann haben Deutsche einen Nachteil, wenn sie nicht schmieren.

Das glaube ich nicht, da auch andere Firmen aus Europa und den USA mittlerweile sehr hohe Compliance-Standards haben. Korruption beseitigt man nicht über Nacht, auch die Umstellung auf ein westliches Rechtssystem braucht Zeit. Aber da diese Dinge heute von höchster Stelle thematisiert werden, glaube ich an Fortschritte in den nächsten Jahren.

Sie haben auch oft über die Bürokratie in Russland geklagt. Wo sehen Sie am meisten Forschritte beim Abbau: In Moskau, Berlin oder Brüssel?

Ich glaube, dass die bürokratischen Prozesse in Russland immer noch komplizierter sind als bei uns, wobei ich nicht sage, dass wir in Deutschland schon das Ziel einer Entbürokratisierung erreicht hätten. Aus meiner Erfahrung als ehemaliger Metro-Chef weiß ich, etwa bei der Eröffnung neuer Standorte: Heute geht so etwas einfacher als früher, aber nicht einfach genug.

Herr Cordes, kennen Sie schwule Manager, die in Russland Geschäfte machen?

(Überlegt). Da kenne ich niemanden. Das heißt aber nicht, dass ich glaube, schwule Manager würden dort keine Geschäfte machen. Und mir ist auch in meiner Funktion aus Ost-Ausschuss-Vorsitzender kein Fall bekannt geworden, wo ein Unternehmen wegen der neuen Rechtslage Abstand von einer Investition in Russland genommen hätte. Dass das Thema aus westlicher Sicht schwierig ist, stimmt aber.

Fahren Sie selbst nach Sotschi?

Leider nicht, da ich keine Zeit habe. Das hat aber wirklich nur praktische Gründe. Ich hätte große Lust dazu.

Eckhard Cordes (63) war Chef von Mercedes und Metro. Seit Ende 2010 führt er den sogenannten Ost-Ausschuss, der die Interessen der Wirtschaft in Osteuropa und Zentralasien vertritt. Mit Cordes sprach Kevin P. Hoffmann

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