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Der Anfang vom Ende. Der Rücktritt von Mäzen Andreas Rudolph riss eine Riesenlücke in den Etat des HSV Handball.

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Update

Lizenzentzug für HSV Handball: Mäzen Andreas Rudolph: Ein Gott will Liebe

Weil der Geldgeber Andreas Rudolph keine Lust mehr hat, steht der HSV Hamburg ohne Handball-Lizenz da. Lässt der Mäzen seinen Klub abstürzen? Der Champions-League-Sieger steht vor dem Aus.

Einst war er angetreten, um den deutschen Klubhandball zu beherrschen. „Wir wollen der FC Bayern des Handballs werden“, diese vollmundige Parole hatte Andreas Rudolph, Präsident des HSV Handball, 2005 ausgegeben. Der HSV gewann daraufhin große Trophäen: Zweimal den Pokal (2006, 2010), vor drei Jahren die Deutsche Meisterschaft, aktuell tragen die Hanseaten den Titel des Champions League-Siegers. Heute ist der Klub dennoch Äonen von Rudolphs Vision entfernt: Die Handball-Bundesliga (HBL) hat dem HSV am Donnerstag die Lizenz für die Saison 2014/15 verweigert, „da er seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht nachweisen konnte“.
Der Klub hat bereits Beschwerde eingelegt. „Wir sind nach wie vor in Gesprächen und geben nicht auf“, sagte HSV-Geschäftsführer Holger Liekefett. Eine Woche Zeit bleibt, um dem HBL-Präsidium eine seriöse Finanzierung für die kommende Saison vorzulegen. Auch für die laufende Serie, die am 24. Mai endet, muss er Zahlungen in Millionenhöhe nachweisen – selbst dann, wenn die Mannschaft auf ein Monatsgehalt verzichten würde. In dieser Woche wird sich alles um Rudolph drehen, den diplomierten Mineralogen, der mit Medizintechnik zum Millionär wurde und am 8. Mai mit seinem Rücktritt vom HSV-Präsidentenamt ein Beben im deutschen Handball auslöste.
„Ich will keine neue Ich-AG schaffen. Ich war und bin ein Teamplayer“, auch das hatte Rudolph nach seinem Amtsantritt vor zehn Jahren versprochen. Tatsächlich duldete der gebürtige Gummersbacher, der für Rheinhausen in der Bundesliga gespielt hatte, keine Götter neben sich. Er hielt wie ein König Hof, über all die Jahre. Er war der HSV Handball, eine Ein-Mann- Show. Am meisten genoss er die Nähe zu den Spielern, zu Weltmeistern wie Michael Kraus (den er im Alleingang verpflichtete), Torwart Johannes Bitter oder Torsten Jansen.
Rudolph zahlte horrende Gehälter, kümmerte sich teils rührend um die Profis. So half er dem dänischen Rechtsaußen Hans Lindberg aus der Klemme, als dieser durch Immobiliengeschäfte finanziell in die Bredouille geraten war — und er warnte alle anderen Profis vor unbedachten Käufen. Aber für sein Engagement erwartete er auch so etwas wie Gegenliebe, wenigstens Anerkennung. Dass die Profis ihn in seiner Finca auf Mallorca besuchten, war für ihn selbstverständlich. Über Ostern hatte er die Handballer wieder auf die Baleareninsel eingeladen. Doch keiner kam. Möglich, dass die letzten Wochen sonst anders verlaufen wären.
Erst als das Projekt auseinanderzubrechen drohte, flogen einige Spieler nach Mallorca, darunter Pascal Hens, ein Weltmeister von 2007. Sie brauchen seine Millionen jetzt – eine Patronatserklärung erkennt die HBL nicht mehr an, sondern nur Bankgarantien. Wie dieser ökonomische Ritt auf der Rasierklinge ausgeht, darüber lassen sich derzeit keine Prognosen abgeben. Denn Rudolph hat in den letzten Tagen erneut unter Beweis gestellt, wie unberechenbar und wankelmütig er ist.
„Rudolph, bitte melden!“, hatte die Hamburger Ausgabe der „Bild“ ihn angefleht. Dass andere Sponsoren einsteigen würden, war nach Rudolphs spektakulärer Pressekonferenz („Der HSV ist ein Sanierungsfall“) unwahrscheinlich. Und selbst die Sanierung des Klubs ist ohne Rudolph undenkbar: Er müsste auf Forderungen aus seinen Darlehen verzichten. Zudem muss sein jüngerer Bruder Matthias, der 25 Prozent der HSV-Anteile hält, mitspielen.

„Ich bin raus!“ antwortete Rudolph auf den Hilferuf. Er habe der Presse entnommen, dass er erst helfen solle und der Verein dann nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle. „Warum sollte ich dann noch Geld geben?“ Doch parallel signalisierte Rudolph den Vereinsverantwortlichen, den HSV doch noch retten zu wollen. Es kommt in diesen Tagen nur auf ihn an. Und ja, man kann davon ausgehen, dass er all das genießen wird.

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