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Bescheiden auf dem Flügel. Lukas Podolski fühlt sich wohl in London, obwohl ihn Arsenals Trainer Arsène Wenger nur auf der linken Außenbahn und nicht als zentralen Angreifer einsetzt.

© AFP

Lukas Podolski bei Arsenal London: Glücklich im Linksverkehr

Mit seinem direkten Charakter und seiner direkten Spielweise macht sich Lukas Podolski in London beliebt. Am Dienstag trifft er mit Arsenal London in der Champions League auf Bayern München.

Wenn er kann, schießt er aufs Tor. Bilanz: zwölf Treffer in allen Wettbewerben. Wenn nicht, flankt er scharf nach innen; zehn Tore hat er so schon vorbereitet. „Es ist noch zu früh, um zu sagen, dass ich ein Held bin“, hat Lukas Podolski neulich in einem Interview mit der „Daily Mail“ zugegeben, aber auf dem Weg zum Liebling der Fans befindet sich der 27-Jährige bereits. Gerade im Stadion des FC Arsenal, das in den vergangenen acht titellosen Jahren oft ein Tempel des unproduktiven, fragilen Kurzpassspiels war, goutiert man Podolskis fast schon britischen Zug zum Tor, seine Direktheit.

„Mit einem Torjäger, der wie Podolski immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz steht, gibt es immer einen Ausweg“, schrieb der seriöse „Independent“ nach Arsenals 2:1 gegen Olympiakos Piräus in der Champions League. Ohne Ball beackert er die linke Seite, bis er ihn zurückgewinnt oder sich verausgabt hat. In seinen 28 Spielen in der Startelf wurde er von Trainer Arsène Wenger 24 Mal ausgewechselt. Zuletzt durfte er jedoch häufiger durchspielen. Den „Kulturschock“ der Premier League, wie es Wenger formulierte, hat der Angreifer mittlerweile verdaut. „Er musste sich an das intensivere Arbeitspensum erst gewöhnen“, sagte der Elsässer. „Als er in Köln spielte, konnte er nebenbei seinen Freunden zuwinken.“

Dafür bleibt in England naturgemäß weniger Zeit. Podolski hat dezent angedeutet, dass er sich als Mittelstürmer oder auf der Zehnerposition noch eine Spur wohler fühlen würde, aber er hat sich mit seiner Rolle als Linksaußen arrangiert. Nur bei seinem Debüt auf der Insel, dem 0:0 gegen Sunderland, durfte er sich in der Sturmzentrale versuchen. „Podolski hat mehr als hundert Länderspiele für Deutschland gemacht, alle auf links“, hat Wenger auf Nachfrage der englischen Reporter faktisch nicht ganz korrekt ausgerichtet.

Vor dem Hinspiel in der Champions League am heutigen Dienstagabend (20.45 Uhr, live bei Sky) gegen den FC Bayern ist er in England besonders in den Mittelpunkt gerückt. Das liegt an seiner Münchner Vergangenheit, aber auch an der insgesamt eher trostlosen Lage des Vereins. Nach Arsenals blamablem Pokal-Aus gegen Zweitligist Blackburn Rovers (0:1) am Samstag könnten für den Tabellenfünften schon bald alle Saisonziele außer Reichweite geraten. Der mit sich, seiner Form und seinem Leben in der britischen Hauptstadt hochzufriedene Podolski kommt da als Kontrastprogramm zum von vielen Seiten kritisierten, gereizt wirkenden Wenger gerade richtig.

Ende der vergangenen Woche fuhr Podolski in einem klassisch-schwarzen Londoner Taxi zwei Stunden lang durch die Stadt und besichtigte Sehenswürdigkeiten wie Big Ben, Buckingham Palace und das „London Eye“-Riesenrad. „London ist eine tolle Stadt, ich hatte viel Spaß“, erzählte er der „Sun“, „wenn ich nach Deutschland zurückgehe, nehme ich ein Londoner Taxi mit.“ Im Oktober war Podolski bereits mit dem Bus in seinem Viertel Hampstead unterwegs, die Boulevardpresse druckte begeistert Fotos von dem Ausflug ab. „Er stand vor dem Einsteigen artig in der Reihe und fuhr dann ganz bescheiden in ein Pizza-Restaurant“, wusste ein Reporter zu berichten. Wahrscheinlich ohne es zu wissen, erinnerte Podolski mit der Aktion an jene vermeintlich goldene Zeit vor der Kommerzialisierung des Fußballs auf der Insel, als Spieler nach getaner Arbeit zusammen mit den Fans im Bus nach Hause fuhren. Bescheidenheit, Humor und ein Schuss Exzentrik sind die perfekte Mischung für jeden, der in England in der Öffentlichkeit steht.

Über die Partie gegen die Münchner äußerte sich Podolski eher zurückhaltend. „Es wird ein gutes Spiel, aber Bayern ist für mich Vergangenheit“, sagte er. Etwas ganz anderes, nämlich „emotional intensiv“, wäre es hingegen gewesen, gegen den 1. FC Köln anzutreten: „Das ist mein Verein, das wäre schwer für mich geworden.“ Bis die Kölner den Weg in die Champions League finden, wird es womöglich noch etwas dauern. Doch auch der FC Arsenal kann sich keineswegs sicher sein, im nächsten Jahr wieder im wichtigsten Europapokal zu landen. Die Qualifikation für den Millionenwettbewerb wird von Wenger in jedem Sommer als wichtigstes Ziel vorgegeben; der Franzose muss keine Trophäen gewinnen, solange er mindestens Vierter wird. Nach acht Monaten im Dienste des Franzosen hat Podolski Wengers Mantra verinnerlicht: „Nicht die Leistung des Einzelnen ist wichtig, sondern, dass wir die Champions League schaffen.“

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