zum Hauptinhalt
FC Aufgeregt. Bastian Schweinsteiger (Mitte) legt sich derzeit nicht nur mit Schiedsrichtern an – vielleicht liegt das auch an der sportlichen Krise seines Klubs Bayern München.

© dpa

Bayern München: Meister im Meckern

Im Kampf um die Champions League zeigen die Bayern jetzt Nerven – auch weil viele Transfers haken.

Natürlich hätte Bastian Schweinsteiger auch einfach Ruhe bewahren können. Gelassen grinsen, wie es sich für einen erfahrenen Fußball-Profi mit 86 Länderspielen gehört, die provokante Wortneuschöpfung des frechen Boulevard-Journalisten demonstrativ weglächeln. Doch der ziemlich direkte Vorwurf, Schweinsteiger komme in diesen wichtigen Tagen seinen Führungsaufgaben nicht nach, hatte ihn getroffen. Schweigen wollte Bastian Schweinsteiger diesmal nicht: „Ich bin kein Chefchen“, sagte er. „Ich tue alles für Bayern, spiele auch mit Schmerzen, und am Ende bin ich der Idiot. Oft wisst ihr doch gar nicht, welche Aufgabe ich im Spiel habe.“

Was folgte, hatte es in München in dieser Form lange nicht gegeben: ein Wortgefecht, bajuwarische Kraftausdrücke, die Schweinsteiger dem Journalisten vom Boulevard hinterherschickte. Dann verließ der Nationalspieler den Raum, wutschnaubend, unter Protest, konnte erst von Bayerns Mediendirektor Markus Hörwick besänftigt werden. Einen stärkeren Beweis, dass die Nerven beim Rekordmeister drei Spieltage vor Saisonschluss ziemlich blank liegen, braucht es wohl nicht.

Das Beste an diesem öffentlichen Disput war noch, dass er die sportliche Situation der Münchner für einige Momente von der Agenda verdrängte. Zwei Wochen vor Toreschluss in der Bundesliga ist die Situation für den Verein brandgefährlich: Der große FC Bayern München lässt sich von einem Klub wie Hannover 96 an der Nase herumführen, muss gar auf einen Ausrutscher der Niedersachsen hoffen, um den Qualifikationsrang für die Champions League noch zu erreichen. „Die Lage ist sehr kritisch“, erklärte stellvertretend Philipp Lahm, „viel kritischer als vor einer Woche.“

Wie die Spieler die Aufgaben an den kommenden drei Spieltagen meistern, ist kaum abzuschätzen. Schließlich ist es auch für die Bayern-Profis eine neue Situation: In den vergangenen Jahren war der Champions-League-Platz zu diesem Zeitpunkt der Saison längst gesichert; die Frage war nur, ob der Klub die Spielzeit auch als Meister beendet. Diesmal droht ein anderes Szenario: die unliebsame Tingeltour durch ukrainische und türkische Dörfer, während sich die Ligakonkurrenten aus Dortmund, Leverkusen und Hannover womöglich in der Champions League sonnen. „Keiner will in die Europa League“, sagt auch Kapitän Philipp Lahm, „das steckt in jedem Kopf.“

Die Frage, ob die Bayern auch in der kommenden Saison international eine attraktive Rolle spielen können, betrifft sehr direkt auch die Transferpolitik. Zwar zweifelt niemand an der grundsätzlichen Bereitschaft der Bayern, viel Geld auszugeben, um die Mannschaft zu verstärken – so will es der urbayerische Reflex nach einer verkorksten Spielzeit. Das Interesse an Manuel Neuer, der mit seinem Noch-Arbeitgeber FC Schalke 04 ausgerechnet an diesem Samstag nach München kommt, ist offenkundig. Als neuer Außenverteidiger ist der holländische Vize-Weltmeister Gregory van der Wiel (Ajax Amsterdam) im Gespräch, für die Innenverteidigung gilt Nationalspieler Jerome Boateng als A-Lösung, der bei Manchester City derzeit keine gesonderte Wertschätzung genießt.

Die schmerzliche Frage ist jedoch: Was passiert, wenn den Bayern lediglich die Qualifikation für die Europa League gelingt? Kommt Boateng auch, wenn er stattdessen mit Manchester in der Champions League spielen würde? Und was wird aus Manuel Neuer, der seinen Abschied aus Schalke zwar schon verkündet, dessen Wechsel nach München aber noch nicht vollzogen ist? Die Bayern – auch das ist eine neue Situation – müssen abwarten und können die kommende Spielzeit nicht planen.

So bleibt ihnen vor dem Schalke-Spiel nur, neuerlichen Zoff zu vermeiden. In einem ungewohnt offenen Brief hat der Klub an seine Fans appelliert, von ihnen „Respekt, Achtung, Toleranz und Fairness“ eingefordert. Der Name von Manuel Neuer fiel in der Erklärung zwar nicht. Was gemeint war, wusste trotzdem jeder.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false