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Trainer Jos Luhukay hat schon alle Ambitionen Herthas auf die Europa League aufgegeben.

© dpa

Nach 0:3 gegen Hannover: Herthas Trainer Luhukay wünscht sich Verstärkung

Nach der 0:3 Niederlage gegen Hannover wird klar: Herthas Kader ist zu dünn für den Europapokal. Hertha-Coach Jos Luhukay gibt jede Ambition darauf auf: "Ab heute muss man darüber nicht mehr reden."

Regenschirme flogen davon, Äste krachten von den Bäumen, Mützen riss es von den Köpfen. Es war so windig am Trainingsplatz von Hertha BSC, dass einige Zuschauer nach dem 0:3 tags zuvor von Ausläufern des Taifuns Korkut sprachen; Galgenhumor, in Anlehnung an den Trainer von Hannover 96. Das schmuddelige Herbstwetter im Frühjahr hielt die Berliner Fußballer nicht davon ab, mitten in den Sturmböen zu erklären, warum sie derzeit nicht mehr so luftig stürmen wie im Herbst, warum die Leichtigkeit der Hinrunde verweht scheint.

Ins Mittelmaß der Tabelle gestürzt

„Wenn man sich die letzten Wochen ansieht, dann sind wir mit Platz neun gut bedient“, sagte Verteidiger Sebastian Langkamp mit windzerzaustem Haar. Auf dem Europapokalrang sechs war Hertha aus der Winterpause gekommen, nach acht Punkten aus acht Rückrundenspielen sind die Berliner ins Mittelmaß der Tabelle gestürzt. Zwar habe man die Europa League nie als Ziel ausgegeben, „doch wir wollten trotzdem so lange wie möglich dort oben bleiben, das war ein schönes Gefühl“, sagte Langkamp. Das Gefühl hat sich nach dritten Niederlage im vierten sieglosen Heimspiel 2014 verflüchtigt. Dennoch ist die Stimmungslage nicht so schlecht wie das Wetter. Nachdem einige Spieler und Verantwortliche nach Schlusspfiff mit hängenden Köpfen die vereinzelten Pfiffen des Publikums vernommen hatten, lachten sie in den Katakomben des Olympiastadions schon wieder.

Hertha zehrt vom Punktevorrat

Die aktuelle Schwächephase schmerzt nicht wirklich. Das offiziell nie geänderte Ziel Klassenerhalt wird erreicht werden, Hertha zehrt da vom angelegten Punktevorrat. Doch über die Saison hinaus könnten die akuten Symptome zu einem Dauerleiden auswachsen. Denn Berlin, das wird deutlich, hat eine Mannschaft, die Bundesligaansprüchen genügt, in Bestform sogar gehobenen – aber keinen kompletten Kader auf konstantem Erstliganiveau. „In der Hinrunde haben wir über unserem Limit gespielt“, sagte Langkamp, „dahin kommen wir derzeit nicht mehr.“ Selbst der Rasen im Olympiastadion ist seit der Rückrunde außer Form.

Gegen Hannover gab Trainer Jos Luhukay den Reservisten Peter Niemeyer, Ronny und Nico Schulz eine Chance, dazu durften erneut Lewan Kobiaschwili und Fabian Holland in der Defensive aushelfen. Die letzteren beiden waren mit ihren natürlichen Tempolimits dankbare Einfallstore für Konter. Niemeyer und Ronny waren auf Höhe der Mittellinie nicht ohne Ballverlust anspielbar, was für ein Riesenloch in der Zentrale sorgte. Und auf dem Flügel brachte der bemühte Schulz kaum eine brauchbare Flanke in den Strafraum.

Europa bleibt ein Traum

„Wir haben keinen Kader, um mit Teams mitzuhalten, die um die Europa League spielen“, sagte Luhukay, der sich tief in seiner Jacke vor dem Wind zurückzog. Europa sei ein Traum gewesen, „ab heute muss man nicht mehr darüber reden“. Dafür redete er umso mehr über die Zukunft. „Die Mannschaft muss offensiv besser aufgestellt werden.“ Unklar war, ob er damit vom Management mittelfristig Verstärkungen forderte oder kurzfristig eine andere Personalauswahl von sich selbst. Denn seine fast schon gewohnt ungewohnte Formation ging diesmal nicht auf. Doch schien Luhukay wegen Formschwächen keine andere Wahl zu sehen, als etwa Sami Allagui und Johannes van Bergh auf die Bank zu setzen. „Unsere Außenspieler liefern zu wenig, Johannes hat in der Saison nur eine Vorlage gegeben“, kritisierte der Trainer. „Wenn Adrian Ramos vernünftige Bälle in den Strafraum bekommt, dann schießt er auch die Tore.“

Hertha ist harmlos, wenn Ramos nicht trifft. Und Ramos trifft nicht, wenn Hertha harmlos ist. Eine Aussicht, die Sorgen bereitet für den Fall, dass der Torjäger nach dieser Saison wirklich geht. Selbst wenn Leihstürmer Pierre-Michel Lasogga zurückkäme. „Wir können uns nicht auf einen verlassen, der dann kommt, da sind alle Spieler gefragt, mehr Tore und Vorlagen zu liefern“, sagte Luhukay und sagte mit dem Blick auf die nächste Transferphase: „Es ist normal, dass man in den letzten Saisonmonaten bei den eigenen Spielern genauer hinschaut.“

Hinschauen konnte er am Sonntag immerhin bei Spielern, die seine Mannschaft nach auskurierten Verletzungen kurzfristig verstärken könnten: Fabian Lustenberger trainierte teilweise wieder wie Änis Ben-Hatira mit der Mannschaft, Marcel Ndjeng und Tolga Cigerci liefen schon wieder. Ob die vier für die englische Woche mit schweren Spielen gegen Gladbach, Bayern und Schalke fit werden, sei aber offen. Kobiaschwili dagegen fehlte mit einer Grippe. Hoffentlich verkühlte sich der Rest nicht ebenfalls im Wind.

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