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Nur noch 15. Miroslav Klose hat im Nationaltrikot bereits 53 Tore erzielt. Gerd Müller, Deutschlands Meisterstürmer aller Klassen, hat es einst auf 68 gebracht.

© dpa

Nationalmannschaft: Klose allein vorm Tor

Miroslav Klose hat alle Widerstände in der Nationalmannschaft überwunden. Im Gegensatz zu Michael Ballack hat der 32-Jährige im Sturm keine Konkurrenz.

Fußballspielern wird gelegentlich vorgehalten, dass sie sich nicht mehr als notwendig mit ihrem Beruf beschäftigten. Für Miroslav Klose gilt das mit Sicherheit nicht. Der Nationalstürmer besitzt ein hohes Arbeitsethos, ist wissbegierig und kenntnisreich. Mit der Frage, wie viele Tore Gerd Müller in seiner Länderspielkarriere erzielt hat, muss man ihm daher gar nicht erst kommen. 68 waren es, „68“, sagt Klose. Ein Rekord für die Ewigkeit, hieß es immer, doch Klose ist diesem Rekord inzwischen gefährlich nahegekommen. Am Freitag, im EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien, hat der Münchner sein 53. Tor für die Nationalmannschaft erzielt, und Klose ist davon überzeugt, „dass das eine oder andere noch hinzukommen wird“.

Unter Deutschlands Stürmern ist Gerd Müller immer noch der Meister aller Klassen. Er hat die meisten Länderspieltore geschossen, die meisten Bundesligatore (365) und auch die meisten Tore in einer Saison (40). Seine Rekorde werden bis heute immer wieder als Vergleichsgröße herangezogen, dabei sind Müllers Werte im Grunde unvergleichlich. Für die 68 Tore in der Nationalmannschaft hat er ganze 62 Länderspiele gebraucht. Miroslov Klose steht schon jetzt bei 102. Und trotzdem ist dessen Leistung kaum weniger bemerkenswert. Was Klose auszeichnet, ist die Hartnäckigkeit, mit der er sich über die Jahre in der Nationalmannschaft behauptet hat – gegen alle Widerstände und gegen alle Konkurrenten.

Kurz vor der Weltmeisterschaft in Südafrika hat Klose seinen 32. Geburtstag gefeiert. Es war ihm natürlich klar, dass seine dritte WM auch seine letzte sein würde; inzwischen aber ist er sich da nicht mehr so sicher. „Ich bin erst 32, so alt ist das noch nicht“, sagt er. „Wenn ich in vier Jahren noch fit bin und meine Leistung stimmt, warum sollte ich dann nicht spielen?“ Miroslav Klose ist in der Vergangenheit nicht unbedingt als weltfremder Spinner aufgefallen. Insofern sind solche Überlegungen durchaus ernst zu nehmen.

Es ist ja nicht so, dass Kloses Karriere seit seinem Länderspieldebüt vor mehr als acht Jahren in einer geraden Linie von null auf hundert geführt hat. Es gab Brüche und Abschweifungen, Phasen, in denen Klose an sich selbst zu verzweifeln schien und eine bemitleidenswerte Figur abgab: Je mehr er strampelte, desto tiefer rutschte er in den Sumpf. Aber Klose ist immer wiedergekommen, und nie war seine Stellung in der Nationalmannschaft so ungefährdet, wie sie es im Moment ist.

Als Bundestrainer Joachim Löw sich vor der WM auf Klose als Stürmer Nummer eins festgelegt hat, ist diese Entscheidung nicht unbedingt auf allgemeine Begeisterung gestoßen. Klose hatte die erfolgreiche Saison der Bayern hauptsächlich von der Bank aus miterlebt: In seiner persönlichen Bilanz standen elf Spiele in der Startelf und drei Bundesligatore. Das Volk rief nach Stefan Kießling und Kevin Kuranyi, doch Löw hat sich von solchen Einflüsterungen nicht beirren lassen: Kuranyi wurde gar nicht erst für die WM nominiert, Kießling durfte in Südafrika den Kader auffüllen – Klose spielte.

Inzwischen nimmt der Münchner diese Rolle mit einer ungewohnten Selbstverständlichkeit hin. Klose hat mit den Jahren zu einer Leichtigkeit gefunden, die ihm nicht unbedingt naturgegeben ist. Das mag auch an der Schwäche der Konkurrenz liegen. „Noch versuche ich, da niemanden ranzulassen“, sagt Klose. Wen auch? Mario Gomez kommt schon im Verein nicht an ihm vorbei, Kevin Kuranyi hat mit seinem Wechsel nach Russland bewiesen, dass er andere Prioritäten setzt als sportliches Fortkommen, und Stefan Kießling hat mit seinen Länderspielauftritten (gegen Malta und im Spiel um Platz drei) Löws allgemeine Skepsis an seiner Befähigung zum Nationalspieler eher bestätigt als zerstreut.

Miroslav Klose ist der letzte aktuelle Nationalspieler, der schon bei der WM 2002 zum deutschen Kader gehörte. Vielleicht kehrt Michael Ballack noch einmal zurück. Doch der Kapitän muss sich längst einer jungen, willigen Konkurrenz erwehren, die ihm seine Stellung streitig macht. Bei Klose ist das anders. „Ich erwehre mich nicht“, sagt er. Es greift ihn ja auch niemand richtig an.

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