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Nur einer kennt den Weg. Felix Magath (r.) sagt, wo es lang geht. Foto: dapd

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Rekordeinkäufer Magath: Felix Magath im Kaufrausch

Oh, ich kauf' mir was! Wolfsburgs Trainer Felix Magath schreibt Bundesligageschichte und wundert sich über Kritik an seinem Handeln.

Der VfL Wolfsburg nimmt in der bundesweiten Wahrnehmung eine eher untergeordnete Position ein. Das große Publikum verfolgt den Klub mit mäßigem Interesse. Mike Hanke, Profi von Borussia Mönchengladbach, darf da schon fast als Intimkenner gelten. Der Stürmer hat zwei Jahre für den VfL gespielt, doch auch er verliert langsam den Überblick. Ob er denn alle Wolfsburger gekannt habe, wurde Hanke nach dem 0:0 seiner Mannschaft beim VfL gefragt. „Nee“, antwortete er – und bezifferte seine Quote auf 60, 70 Prozent.

Was soll da erst der flüchtige Betrachter sagen? Wie soll er Giovanni Sio von Ibrahim Sissoko unterscheiden, der am Samstag sein Debüt für den VfL gab und damit gleich Geschichte schrieb? Der Ivorer war der 36. Spieler, den Felix Magath in dieser Saison eingesetzt hat. Wolfsburgs Trainer hält jetzt den alleinigen Bundesligarekord. Bisher musste Magath ihn mit einem Kollegen teilen – mit dem früheren Frankfurter Trainer Felix Magath.

Allein im Winter hat Wolfsburgs Alleinherrscher noch einmal fast 30 Millionen Euro für acht neue Spieler ausgegeben. Auf Kritik an seinem Geschäftsgebaren reagiert Magath trotzdem mit Unverständnis. „Wir haben wieder einen Schritt nach vorne gemacht“, sagte er nach dem 0:0 gegen Gladbach. Der VfL spielte in der zweiten Hälfte tatsächlich druckvoll, hat allerdings in den drei Begegnungen der Rückrunde erst ein einziges Tor erzielt.

Für das Stadionmagazin hatte Magath sogar eine Erklärung in eigener Sache verfasst. Mit „Realitäten“ war sein Beitrag überschrieben. Realsatire hätte es besser getroffen. „Wir haben jeden Transfer genauestens analysiert, die Spieler intensiv beobachtet“, heißt es da. „Kritisches Urteilsvermögen, langjährige Erfahrungen auf dem Transfermarkt und im Berufsfußball waren eine feste Basis für unsere Vorgehensweise.“ Und weiter: „Kein wahlloses Agieren nach dem Zufallsprinzip, sondern strategisches Handeln prägt unsere Philosophie.“ In der Berichterstattung hatte Magath stattdessen nur „Parolen statt Realitäten“ ausgemacht. Immerhin gestand er damit zumindest indirekt ein, dass es mehr als eine Realität gibt: seine eigene und die der anderen.

Magath ist ein Meister darin, alles auszublenden, was ihm nicht in den Kram passt. So stilisiert er sich gerade als Retter in der Not, der mit seiner exzessiven Transfertätigkeit nur die Fehler aufarbeitet, die im Sommer beim VfL gemacht wurden. Dummerweise hieß der Verantwortliche auch da schon: Felix Magath. Von den zwölf zu Saisonbeginn geholten Spielern standen am Samstag zwei in der Startelf, drei haben den Klub schon wieder verlassen.

Eine Linie ist nur schwer zu erkennen: Gegen Gladbach saß Mario Mandzukic, der beste Torschütze des VfL, nur auf der Bank, nachdem ihm zuletzt Wechselgelüste nachgesagt worden waren. Der Kroate habe eine Woche zuvor in München nicht besonders gut gespielt, sagte Magath, „und im Training hat er das bestätigt“. Als Mandzukic’ Ersatz Sissoko in der ersten Halbzeit ein paar leichte Fehler unterliefen, hätte man wetten können, dass der 20 Jahre alte Debütant in der Pause ausgewechselt wird. Genauso kam es.

Magaths Menschenführung und seine Personalpolitik sind für den VfL-Eigner VW eigentlich ein PR-Desaster. Trotzdem gibt es nicht einen Hauch von Kritik. Magath erfreut sich im Gegenteil einer fast surrealen Heldenverehrung, wie es sie zuletzt im kommunistischen Ostblock gegeben hat. Das Stadionmagazin zum Spiel gegen die Gladbacher enthielt nicht nur zwei Textbeiträge des Trainers, sondern auf 76 Seiten auch 21 Fotos mit Magath. Beim Heimspiel zuvor war im Programmheft ein Bild vom Magazin „11 Freunde“ mit Magath als Motiv auf dem Cover zu sehen. Nicht zu sehen war die Schlagzeile auf dem Titel, sie war wegretuschiert worden. Der Titel lautete: „Sind Sie der Bösewicht der Liga, Felix Magath?“

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