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Sport: Ronaldo? Ronaldo!

Angerer, Neid und Heynckes bescheren dem deutschen Fußball einen großen Abend – aber Bayerns Ribéry geht leer aus bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres.

Vielleicht hätte Franck Ribéry mal bei Alex Ferguson anfragen sollen. Wie das so funktioniert mit dem Ausschalten von Cristiano Ronaldo, es gibt da nämlich durchaus Möglichkeiten, genau genommen zwei, so hat es der emeritierte Fußballprofessor von der Insel unlängst erzählt: „Plan A: eine Machete! Plan B: ein Maschinengewehr!“

Franck Ribéry aber ist unbewaffnet ins Züricher Kongresshaus gekommen und ein bisschen traurig wieder abgereist. War schön, mal dabei zu sein bei der Gala des Weltverbandes Fifa. Ribéry fand wie seine Münchner Kollegen Philipp Lahm und Manuel Neuer ein Plätzchen in der Weltelf, er freute sich für seinen Mentor Jupp Heynckes und dessen Auszeichnung zum Welttrainer, wie auch für die Bundestrainerin Silvia Neid, die diesen Titel bei den Frauen gewann, und für Nadine Angerer, die als erste Torhüterin zur besten Fußballspielerin der Welt gekürt wurde.

Ja, es war ein großer Abend für den deutschen Fußball. Aber die begehrteste Trophäe dieses Abends, sie blieb der Bundesliga vorenthalten. Franck Ribéry war ein heißer Kandidat, aber als Pelé dann den ominösen Umschlag öffnete, wurde offiziell, was viele vermutet hatten: Der Goldene Ball für den weltbesten Fußballspieler des Jahres 2013 geht an Cristiano Ronaldo.

Der Portugiese spazierte mit seinem Söhnchen auf die Bühne und feierte ungewohnt bescheiden, die Kameras fingen höchst vorteilhaft eine Träne ein. Und Ribéry? Landete hinter Ronaldo und Lionel Messi nur auf Platz drei und erzählte leicht säuerlich, wie froh er schon über die Einladung zur Ehrung sei. Dem Münchner Franzosen half auch nicht die großartige Saison mit dem FC Bayern und allen Pokalen, die es zu gewinnen gab.

Das mit den Trophäen ist der einzige Makel dieses für Ronaldo so außergewöhnlichen Jahres, er hat es mit 69 Toren in 59 Spielen für Real Madrid und Portugal ausgestaltet. Aber gewonnen hat er dabei nichts. Keinen nationalen Titel mit Real Madrid, in der Champions League war schon im Halbfinale Schluss, und der späte Triumph mit Portugal im Nachsitzen der WM-Qualifikation gegen Schweden – nun ja.

Und doch ist Ronaldos Wahl eine angemessene, verdiente und logische. Sie ehrt den aufregendsten und komplettesten Fußballspieler des zurückliegenden Jahres, da können sie beim FC Bayern noch so wütend über Mauscheleien klagen und von Intrigen schwadronieren. Franck Ribéry war ein großartiger Bestandteil einer großartigen Münchner Mannschaft. Die nicht ganz so unbedeutende Mannschaft Real Madrid aber wäre ohne Cristiano Ronaldo kaum vorstellbar gewesen. Das hat auch Sir Alex Ferguson zu spüren bekommen, in seiner letzten Saison als Trainer bei Manchester United, beim Achtelfinal-K.-o. in der Champions League gegen Real.

Jeder weiß um Ronaldos Schnelligkeit und seine Schussstärke mit beiden Füßen, er hat der Kunst des Dribblings zu einer späten Renaissance verholfen, aber das ist eben noch nicht alles. Da war dieses Spiel vor bald einem Jahr gegen United, seinen früheren Verein. Reals Angel di Maria hatte von links in die Mitte geflankt, wo Ronaldo zwischen Patrice Evra und Jonathan Evans in die Luft stieg. Das heißt: Eigentlich stand er in der Luft, erhaben wie ein Adler, eine kleine Ewigkeit lang, Evra ging ehrfürchtig in die Knie und schaute aus bester Perspektive mit an, wie Ronaldo den Ball aus einer anderen, scheinbar unerreichbaren Sphäre mit der Stirn ins Tor wuchtete. Ferguson hat Ronaldo einst als 17-Jährigen aus Lissabon nach Manchester geholt, er kennt ihn so gut wie kaum ein anderer, aber nach in Augenscheinnahme dieses Kopfball-Mirakels rang auch er nach Worten: „Wenn Cristiano den Ball bekommt, dann hilft nur Beten.“

Ronaldo hat lange gewartet auf diesen großen Augenblick in Zürich, ziemlich genau vier Jahre, in denen er jeweils dem Argentinier Lionel Messi den Vortritt lassen musste. Dass der letzte Weltfußballer vor Messis Regentschaft Cristiano Ronaldo hieß, ist schon ein wenig in Vergessenheit geraten. Das war noch zu seiner Zeit in Manchester, wo er übrigens auch den einen oder anderen Titel gewonnen hatte: drei Englische Meisterschaften mit United und einmal die Champions League. Dem „Daily Telegraph“ hat er mal erzählt: „Ich bin der beste, zweitbeste und drittbeste Spieler der Welt.“

Seine gar nicht so wenigen Kritiker dagegen nennen ihn arrogant und affektiert. Er hat Spaß daran, seine Gegner der Lächerlichkeit preiszugeben, das Schinden von Elfmetern gilt ihm als legitimes Stilmittel. Aber auch in dieser Hinsicht hat Ronaldo an sich gearbeitet. Früher war sein Spiel zu 70 Prozent Show und zu 30 Prozent Wettkampf. Heute kann er in jedem Spiel den Unterschied machen, und wie groß dieser Unterschied ist, war in den WM-Play-offs gegen die Schweden und deren Alleinunterhalter Zlatan Ibrahimovic zu sehen. Ronaldo schoss das 1:0-Siegtor im Hinspiel und traf dreimal beim 3:2 im Rückspiel. Auf dem Platz klatschte der Egomane Ibrahimovic demonstrativ Beifall, und das kommt nun wirklich nicht so oft vor.

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