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Sport: Rummenigges Revolution

Der Bayern-Boss verlangt Reformen in der Fifa und greift den DFB-Präsidenten an – auch aus Eigeninteresse

Berlin - Die Welt des Fußball-Weltverbandes Fifa ist mal wieder aus den Fugen. Dabei hat sich die exklusive, abgeschirmte Welt des größten Sportverbandes der Erde gar nicht geändert. Fifa-Präsident Joseph S. Blatter, der sich selbst verniedlichend Sepp nennt, hat nach vielen gewonnenen Machtkämpfen auch das Duell mit seinem katarischen Gegenkandidaten Mohamed Bin Hammam für sich entschieden. Wie nach Blatters Siegen üblich, wird nun der Unterlegene aus dem Nest geworfen, das mit Millionengeldern aus dem Fußballgeschäft gewärmt wird. Schließlich hat Bin Hammam sich offenbar beim Bestechen im Zuge seiner Wahlkampagne erwischen lassen – Blatters Truppen dagegen haben wieder mal nur Entwicklungshilfe geleistet und wieder mal die meisten Stimmen aus Entwicklungsländern auf sich vereint.

Umgangssprachlich könnte man also durchaus von einem in Zürich ansässigen „Korruptionsstadl“ reden. Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München, hat die Fifa jetzt so bezeichnet. Und damit eine Debatte im deutschen Fußballfunktionärswesen ausgelöst. Denn Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hat sich erst kürzlich in die Fifa-Exekutive wählen lassen. Zwanzigers bisher erkennbare Fifa-Politik, öffentlich Reformen von Blatter zu fordern und gleichzeitig neben ihm auf den Ehrentribünen die Frauen-Weltmeisterschaft zu bejubeln, findet Rummenigge jedenfalls „nicht sehr klug“. Was er damit genau meint? „Blatter stets zu verteidigen, obwohl die ganze Welt weiß, wie es wirklich ist.“

Solch harsche Kritik an Zwanziger hat es aus der Bundesliga noch nie gegeben – auch wenn die Bayern schon manches nationale Krisenmanagement des Juristen aus dem Westerwald grummelnd begleiteten. Zwanziger, der kurz vor der skandalumwitterten Fifa-Präsidentenwahl den Bayern Franz Beckenbauer als deutschen Vertreter im Machtzentrum des Weltfußballs abgelöst hatte, reagiert auf die Kritik wie zuletzt so oft: dünnhäutig. „Ich finde es befremdlich, dass nach Uli Hoeneß nun auch Karl-Heinz Rummenigge in dieser Sache den Weg über die Öffentlichkeit sucht, statt zunächst einmal persönlich mit mir zu sprechen“, ließ der DFB-Präsident in einer Erklärung wissen, in der er die Vorwürfe als „nicht nachvollziehbar“ klassifiziert.

Rummenigge aber redet sich weiter in Rage. „Ich werde es nicht länger akzeptieren, dass uns Menschen führen, die nicht ernsthaft und sauber arbeiten“, legte er am Mittwoch in einem Interview mit der englischen Tageszeitung „The Guardian“ nach. Um schließlich auszurufen: „Ich bin bereit für eine Revolution, wenn das der einzige Weg ist, eine Lösung zu finden.“

Große Worte. Mit den Taten dürfte es indes schwierig werden. Rummenigge ist Chef der Vereinigung der europäischen Spitzenklubs ECA. In dieser Funktion liefert er sich eine Dauerfehde mit der Fifa – es geht um Abstellgebühren und Versicherungspolicen für Nationalspieler, Spieltermine für Länderspiele, auch um Quoten inländischer Spieler in den Vereinen – kurzum: um alles, was es dem Klubfußball schwer macht, noch mehr Geld zu verdienen. Auch Rummenigges Bayern. Die Fifa verteidigt dagegen die Exklusivität ihrer Weltmeisterschaften, bei denen sie die besten Spieler aller Klubs auf sich vereint und mit denen sie ihr großes Geschäft macht. Das Geld landet dann nicht selten in der Entwicklungshilfe der Fifa.

Die Klubs fühlen sich zunehmend machtlos. Auch Nationalverbände, die mehr Transparenz fordern, stehen oft allein da. Es bleibt eine Ausnahme, dass der englische Verband bei der Wahl des Fifa- Präsidenten nicht mitstimmte, weil er weder für einen mehrmals von Affären geschüttelten König Blatter noch für den Chef der auf dubiose Weise siegreichen WM-Kampagne von Katar die Hand heben wollte.

Die Welt der Fifa lässt sich von innen kaum revolutionieren – das hat Franz Beckenbauer schnell erkannt, Theo Zwanziger ist gerade dabei. Und Rummenigge wird Blatter kaum von außen stürzen können, selbst wenn er ihn als „König ohne Reich“ bezeichnet. An Blatter tropft fast alles ab; zu Rummenigges Kritik sagt er nur: „kein Kommentar“. Die Welt der Fifa ist eben eine andere als die des Fußballs.

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