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Boykott-Aufruf. Ein Grafitto in Manama zeigt König Hamad in einem Rennwagen, unter dessen Reifen Blut aufspritzt. Foto: dadp

© dapd

Sport: Tage des Zorns

Proteste und Unterdrückung in Bahrain befeuern Debatte um erneute Absage des Formel-1-Rennens.

Berlin - Die Rennstrecke steht bereit, der Wüstensand ist dank Sprays gezähmt und der Formel-1-Tross hat die Flugtickets von China nach Manama gebucht. Dennoch ist immer unsicherer, ob der Große Preis von Bahrain am 22. April dieses Jahr tatsächlich stattfinden wird. Denn die Massenproteste in dem winzigen Golfstaat, die im letzten Jahr brutal erstickt wurden und schließlich zur Absage des Rennens 2011 führten, dauern an. Fast täglich sterben Demonstranten, werden Journalisten und Kritiker inhaftiert und angeblich weiterhin gefoltert. Und der prominenteste Menschenrechtler des Landes, Abdelhadi al Khawaja, der seit 60 Tagen mit einem Hungerstreik gegen seine lebenslange Gefängnisstrafe wegen angeblicher Bildung einer terroristischen Vereinigung protestiert, wurde am Freitag in kritischem Zustand in ein Militärkrankenhaus eingeliefert. Dänemark und auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, fordern die Freilassung al Khawajas, der auch die dänische Staatsbürgerschaft besitzt.

Vor diesem Hintergrund drängen Menschenrechtler, Politiker und nun angeblich auch einige Formel-1-Teams darauf, den Grand Prix im Golfstaat wie im Vorjahr abzusagen. „Wenn ich brutal ehrlich bin, dann können sie dieses Rennen nur ohne Zwischenfall durchziehen, wenn sie es komplett militärisch abschirmen. Das wäre inakzeptabel“, zitierte der „Guardian“ einen ungenannten Teamchef.

Doch Bernie Ecclestone hält bisher eisern an dem Rennen fest. Für ihn stehen rund 30 Millionen Euro Antrittsgeld auf dem Spiel. „Wir haben mit der Politik in Bahrain nichts zu tun oder damit, wer recht und wer unrecht hat“, sagte Ecclestone zunächst. Allerdings schränkte er am Dienstag ein: „Es wäre ein Verstoß gegen unsere Verträge, aber wir haben keine Chance, die Leute zu zwingen. Die Teams müssen selbst entscheiden.“

Der Rennstall Lotus will offenbar teilnehmen. In einem internen Bericht haben Vertreter sich für die Ausrichtung des Rennens ausgesprochen. Das war aber noch, bevor am Montagabend bei einer Explosion sieben Polizisten verletzt wurden. Am Dienstag sollen daraufhin Hunderte sunnitische Bahrainer schiitische Dörfer angegriffen haben. Die englische Tageszeitung „The Times“ hatte daraufhin gemeldet, dass die Rennställe für Hunderte Mitarbeiter einen zweiten Rückflug vom Grand Prix in China gebucht hätten: Statt nach Manama können sie nach Hause fliegen.

Doch es geht nicht nur um Sicherheit, sondern um Politik und Moral. Eine erneute Absage wäre eine Blamage für König Hamad, der sein Königreich mit der Austragung der Formel 1 auf die Weltkarte setzen wollten. Der König hatte nach der brutalen Niederschlagung der Protestbewegung, die mehr Rechte für das Parlament und die Absetzung des Premiers fordert, eine relativ unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt. Diese beklagte unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstranten und weit verbreitete Folter. Der König gelobte Besserung. Gleichzeitig stellt das sunnitische Regime die Proteste als religiös motiviert hin, weil sie von der schiitischen Bevölkerungsmehrheit getragen werden.

Doch nach Ansicht von Menschenrechtlern hat sich die Lage in Bahrain seither nicht verbessert. „Es gab kosmetische Veränderungen“, sagte der Nachfolger des inhaftierten al Khawaja als Leiter des Golf-Zentrums für Menschenrechte, Nabil Rajab, kürzlich in der BBC-Sendung „Hard Talk“. Seit Veröffentlichung des Untersuchungsberichts seien Dutzende Menschen getötet worden. Die Jugendgruppe „Revolution des 14. Februar“ hat „Tage des Zorns“ während des Rennens angekündigt. Möglicherweise stehen auch sie hinter dem Angriff auf den Facebook-Auftritt der bahrainischen Fluggesellschaft Gulf Air am Montag: Das Unternehmenslogo soll durch ein Foto des inhaftierten al Khawaja ausgetauscht worden sein.

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