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Auf Anhieb erfolgreich: Herthas neuer Trainer Dardai (M.) konnte sich in Mainz über den ersten Berliner Sieg 2015 freuen.

© dpa

Unter Pal Dardai: Hertha BSC - reanimiert bis auf Weiteres

Pal Dardai wirkt im Übersinnlichen und hat Erfolg – doch vor Herthas ehemaligem Spieler und neuem Trainer liegt noch ganz andere Arbeit.

Beim Gespräch über den Sieg landet Pal Dardai ungefragt bei seinem Vater. Der ist vor wenigen Tagen aus der ungarischen Heimat eingeflogen, mal zwei Wochen Urlaub machen in Berlin. Der Vater habe ein paar ungarische Köstlichkeiten im Gepäck gehabt, man wollte zusammen ein bisschen Fußball gucken, schwatzen und die Familie genießen. „Dann bin ich plötzlich Trainer von Hertha geworden“, erzählt Pal Dardai. Zwei Tage Vorbereitung mit einer angeschlagenen Mannschaft, ein Spiel in Mainz, ein Sieg. „Am Abend habe ich dann mit meinem Vater eine schöne Flasche Wein getrunken“, sagt Pal Dardai.

Ist ja viel passiert in den vergangenen vier Tagen – mit Pal Dardai und mit Hertha BSC. Am Donnerstag trennte der Verein sich von Jos Luhukay. Befördert wurde Pal Dardai, der im vereinseigenen Nachwuchs coacht und nebenher die ungarische Nationalmannschaft betreut. Ihm zur Seite gestellt bekam er einen anderen alten Bekannten, Rainer Widmayer, der seinerzeit Markus Babbel assistierte. „Der Sieg tut uns allen gut, aber das ist nicht nur meine Arbeit“, sagt Dardai.

Etwas euphorischer hörte sich das bei den Spielern noch am Ort des Geschehens an. „Wir haben ein Endspiel gewonnen, 14 weitere kommen noch“, sagte etwa Julian Schieber. „Obwohl wir nicht viel Zeit hatten zur Vorbereitung, stand eine Einheit auf dem Platz. Wir haben mit Spaß, Ehrgeiz und Leidenschaft gespielt.“ Das war so unter Dardais Vorgänger nicht mehr möglich. Das Verhältnis zwischen Mannschaft und Luhukay war angespannt und verkrampft, und so spielte sie auch – unsicher, fahrig, hilflos. Nicht mehr in der Lage, vorhandene Qualitäten und Überzeugungen auf den Platz zu bringen. „Dieser Sieg gehört auch Luhukay und seinem Team“, sagte Peter Niemeyer. Ein Luhukay-Gedächtnis-Sieg.

Natürlich steckt noch sehr viel Luhukay in dieser Mannschaft. Die Spieler sind dieselben, der Spielplan ist der gleiche, nur im übersinnlichen Bereich hat ein kleiner Wandel stattgefunden. „Pal hat uns richtig heißgemacht mit seiner Ansprache in der Kabine. Er war als Spieler ein Kämpfer, und so ist er auch als Trainer geblieben“, sagte Nico Schulz.

Dardai hat als Spieler Herthas erfolgreichste Phase erlebt

Dabei möchte Dardai sein eigenes Dazutun möglichst klein halten. „Ich bin kein Zauberer, ich habe nur versucht, die mentale Stärke ein bisschen aufzufrischen und für bessere Laune bei den Jungs zu sorgen. Ich wollte in erster Linie Mentalität und Kampfgeist sehen und das hat gut geklappt“, sagt der 38-Jährige.

Was gar nicht so einfach ist für eine verunsicherte Mannschaft, die lange kein Erfolgserlebnis mehr hatte und in der Tabelle immer weiter abgesackt war. „Du musst mental stark sein, dich diesem Druck zu stellen“, sagt Dardai, der als Spieler die erfolgreichste Phase der Berliner erlebt und es bis in die Champions League gebracht hat. „Der Druck Champions League ist einfach, da hast du eigentlich Spaß dran, aber im Abstiegskampf heißt es ackern, ackern, ackern.“ Und das mit Laune und Leidenschaft.

Vielleicht ist es die Einfachheit und Klarheit seiner Worte, die bei den Spielern Wirkung erzielen. „Ich weiß doch wie es ist, wenn da plötzlich eine neuer Trainer vor einem steht: Der erste Satz des Neuen muss sitzen, das erste Training passen und dann gleich der erste Sieg – ich denke, dass ich auch ein bisschen Glück gehabt habe.“

Hertha BSC sprang durch den ersten Sieg des Jahres auf Platz 14

So sah es auch Fabian Lustenberger. „Wir haben alles reingeworfen und endlich auch mal das Quäntchen Glück gehabt, dass uns zuletzt so oft fehlte.“ Wichtig sei gewesen, dass die Mannschaft eine Reaktion gezeigt habe, dabei sei es egal, „wer da draußen an der Linie steht“, wie es der Kapitän ausdrückte. In zwei Tagen könne man ja ohnehin nicht viel machen, aber ja, „einen neuen Spirit“ habe der Neue schon reingebracht.

Der erste Sieg des Jahres, der Sprung von Platz 17 auf Platz 14, sollte der Mannschaft Zutrauen schenken. „Wir müssen jetzt dran bleiben“, sagt Dardai, der aber auch weiß, dass er nicht ewig im Übersinnlichen arbeiten kann. Die Mannschaft gilt halbwegs als reanimiert, jetzt liegt vor dem Neuen eine erste komplette Trainingswoche, an deren Ende das Heimspiel gegen den SC Freiburg steht. „Wir müssen weiterbauen“, sagt Dardai.

Dass seine Anstellung „bis auf Weiteres“ laute, stehe ihm dabei überhaupt nicht im Weg. Auch hierbei kommt ihm sein Hang zum Pragmatismus entgegen. Die Rechnung sei denkbar einfach. „Solange ich gewinne, bin ich hier“, sagt Pal Dardai. Dann geht er in den Sonntagnachmittag. Der Vater wartet.

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