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Will bei der Tournee ganz nach vorn fliegen: Severin Freund.

© dpa

Vor der Vierschanzentournee: Severin Freund: Rücken gesund, Kopf frei, Form stabil

Skispringer Severin Freund startet nach zwei Siegen in diesem Weltcupwinter erstmals als Mitfavorit bei der Vierschanzentournee – und geht mit der neuen Rolle gelassen um.

„Ich reise frisch und ausgeruht nach Oberstdorf“, sagt Severin Freund. Nicht nur deshalb traut Jens Weißflog dem 24-jährigen Skispringer vor der am Sonntag beginnenden Vierschanzentournee einiges zu. „Severin gehört neben den Österreichern Andreas Kofler und Gregor Schlierenzauer zu meinen Topfavoriten“, sagt der viermalige Tournee-Gesamtsieger. Zwei Wettkämpfe hat Freund in diesem Winter schon gewonnen, hinter Vorjahressieger Schlierenzauer belegt er Platz zwei im Weltcup. Das ist gut fürs Selbstbewusstsein.

Der 24-Jährige kennt die Vierschanzentournee bestens, weil er schon fünfmal daran teilgenommen hat. Acht Sprünge bei vier Wettkämpfen von vier Schanzen in vier Orten. Alles in acht Tagen. Das ist an sich schon Stress. Doch als Mitfavorit ist Freund noch nie an den Start gegangen. Von Kamerateams auf Schritt und Tritt verfolgt wird jede noch so kleine Geste eingefangen. Trotzdem glaubt auch Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner, dass der deutsche Skispringer zu den ernsthaftesten Konkurrenten seiner Springer gehört: „Severin ist schon lange dabei, den kann man als belastbar einstufen.“ Freund selbst sieht seinen Status gelassen. „Es ist eine große Ehre, wenn man als Tourneemitfavorit genannt wird“, sagt er.

In diesem Frühjahr hatte Freund bereits eine heftige Bewährungsprobe zu bestehen. Nach einer Bandscheibenoperation im April stand erst einmal Aufbautraining auf dem Trainingsplan. „Das war hart für mich, denn ich habe gemerkt: Ohne Springen, das halte ich nicht aus“, sagt er. Bis zum ersten Sprung im Juli sei seine Geduld überstrapaziert worden. Dann die Erlösung, im doppelten Sinne. Der erste Sprung, und der hat auch gleich bestens funktioniert. „Es geht doch, alles okay mit dem Rücken.“ Von da an ging es bergauf mit seinem Selbstvertrauen. „Skispringen ist ja auch viel Kopfsache“, gibt er zu. Und weil der Kopf absolut okay ist, fühlt er sich gerade so gut. Ein anderes Argument bringt Jens Weißflog: „Nach seiner Bandscheiben-Operation musste er im Sommer sein Training umstellen. Vielleicht war das genau der Weg, den er gebraucht hat.“

Unter seinen Kollegen genießt Freund höchste Anerkennung. „Severin hat dasselbe Potenzial wie Martin Schmitt und Sven Hannawald“, urteilt der Pole Adam Malysz. Bundestrainer Werner Schuster hat dieses Potenzial schnell erkannt, obwohl Freund anfangs noch zwischen Weltcup und dem zweitklassigem Continental-Cup pendelte. Aber Schuster erkannte auch dessen Schwächen. Intensiv hat das Duo daran gearbeitet, um diese auszumerzen. Mit Erfolg. Mittlerweile ist Freund ein Siegspringer, der momentan sehr stabil springt. „Nicht der Erfolg hat Severin verändert, sondern er hat sich verändert, um Erfolg zu haben“, sagt Physiotherapeutin Carolin Otterbein.

Ganz besonders eingebrannt hat sich nicht etwa sein erster Weltcupsieg am 15. Januar 2011 in Sapporo, sondern der zweite 15 Tage später beim Heimspiel in Willingen. „Das war ein sehr schönes Gefühl“, beschreibt er sein Empfinden. Gerne würde Freund ähnliches bei der Tournee erleben, entweder in Oberstdorf oder Garmisch-Partenkirchen. Nirgends sei ein Sieg so emotional wie zuhause.

Obwohl Severin Freund als der momentan Erfolgreichste im Team ein wenig herausragt, möchte er keine Sonderstellung einnehmen. Sobald die Frage nach seiner Rolle als Leader aufkommt, hakt er ein: „Ich selbst sehe mich nicht so. Denn ich glaube, dass wir nicht zwingend einen Leader brauchen, also einen, der alleine den Ton angibt.“ Jeder sei gleichberechtigt, dies sei auch die Stärke des deutschen Teams. „Wenn ich ständig Kommandos verteilen würde, dann wäre das doch sehr gezwungen. Also lasse ich’s lieber.“ Er sieht sich lieber als Primus inter pares. Sollte Severin Freund bei der Tournee im Mittelpunkt stehen, würde ihm das auch gut gefallen. Schließlich ist er ein Genießer.

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