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Sport: Was kosten die Spiele?

Berlin debattiert weiter lebhaft über Olympia

Von Benjamin Apitius

Berlin – Gleich zum Start legt Nikolaus Fuchs, Marketingchef der Berliner Olympiabewerbung für die Spiele 2000, mit einer Provokation los. „Neun Stimmen von nichtkorrupten IOC-Mitgliedern sind doch toll“, freut sich Fuchs rückblickend und streicht sich die Krawatte mit dem alten gelben Olympiabärchen glatt. „Ich hätte ja auch noch welche dazukaufen können, dann hätten wir die Spiele vor elf Jahren in Berlin gehabt.“ Die 200 Zuhörer am Donnerstagabend im Olympiastadion raunen sich zu. Und Roland Baar schüttelt den Kopf. Baar, mehrfacher Olympiamedaillengewinner mit dem Ruder-Achter und langjähriges Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), ruft: „Na, hören Sie mal. Das IOC ist doch nicht die Fifa. Vielleicht hat es das mal gegeben, aber heutzutage wird da sauber gearbeitet.“ Natürlich gebe es viel Lobbyarbeit, auch Einfluss von Sponsoren, das habe man gerade erst an der Vergabe der Winterspiele 2018 nach Südkorea gesehen, so Baar, jede Olympia-Entscheidung sei eben politischer Natur. Auch Thomas Härtel zeigt sich über den angriffslustigen Unternehmensberater Fuchs erbost. „Wenn sich Berlin noch einmal bewerben sollte, dann sicherlich nicht gemeinsam mit Ihnen“, meint der Sport-Staatssekretär des Senats in scharfem Ton.

Berlin streitet noch immer lebhaft um Olympia. Der Tagesspiegel hatte deshalb zur Diskussion ins Olympiastadion eingeladen. Am Ort der Nazi-Spiele vor 75 Jahren sollte über eine neue Bewerbung debattiert werden. Und die Emotionen kochten in der von Tagesspiegel-Sportchef Robert Ide moderierten Runde hoch wie bei einem sportlichen Wettkampf. Dafür sorgte auch Gabriele Hiller, die Sportsprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Stimmenkauf hin oder her, eine weitere Bewerbung funktioniere nur mit breiter Akzeptanz der Bevölkerung: „Was hat denn die Hausfrau in Marzahn von Olympia in Berlin?“, fragte Hiller. „Nur Baustellen und höhere Preise! Berlin zahlt jeden Monat sechs Millionen Euro an Zinsen. Irgendwann ist auch mal gut.“ Für Härtel, der wie sein Regierender Bürgermeister und SPD-Kollege Klaus Wowereit von einem neuen Anlauf träumt, steht ein Bürgerentscheid erst mal nicht an: „Natürlich brauchen wir die Zustimmung aller Berliner. Aber gleich einen Entscheid? Wofür haben wir die parlamentarische Demokratie?“ Härtel sieht die Stadt generell gerüstet für eine Bewerbung. Mit der Ausrichtung großer Ereignisse wie dem Berlin-Marathon, der Fußball- und der Leichtathletik-WM habe sich Berlin zur Sportmetropole entwickelt. Baar allerdings gab zu bedenken, dass auch der deutsche Sport voll hinter der Bewerberstadt stehen müsse. Wenn vielleicht bald Thomas Bach neuer IOC-Präsident sei, wäre eine neuer Anlauf, ob jetzt von München, Hamburg oder Berlin, bedeutend aussichtsreicher. „Deutschland ist dran. Da bin ich mir sicher“, sagte Baar und erhielt Applaus.

Für Fuchs bleibt eine Bewerbung nichts weiter als Stadtmarketing. Sein Friedensangebot an Härtel: Die Stadt könne gerne auf sein Konzept für die Spiele 2000 zurückgreifen, „in Berlin hat sich seitdem nichts verschlechtert, sondern nur verbessert“. „Und die S-Bahn?“ ruft ein Zuschauer. „Hat sich auch verbessert“, lacht Fuchs. „Berlin kann die Spiele aus dem Stand ausrichten. Alles ist schon da: Hotels, Infrastruktur, Sportstätten.“ Doch Hiller weiß: „Die Schwimmhalle in der Landsberger Straße ist die modernste der Welt. Doch nicht mal die würde im jetzigen Zustand ausreichen.“ Härtel stimmt ein: „Wir müssen zugeben: Es fehlt noch an einigen Dingen wie Regattastrecke oder Olympischem Dorf.“ Hier würde Härtel die Region Brandenburg involvieren, Hiller sogar Nachbarland Polen.

Vor allem müsse man bei einer neuen Bewerbung innovativ sein, so Fuchs. Und völkerverständigend, so Hiller. Man dürfe die Spiele nicht nur wegen eines Imagegewinns nach Berlin holen wollen, so Baar, sondern vor allem, um den Olympischen Geist in die Welt zu tragen. Bei der lebhaften Debatte zumindest war er zu spüren.

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