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Dampf im Kessel. Dresdener Fans beim Auswärtsspiel in Rostock.

© Imago

Willmanns Kolumne: Dynamo Dresden - das Elend trägt Schwarz-Gelb

Dynamo Dresden fällt nur noch durch Randale auf. Unseren Kolumnisten Frank Willmann macht das wütend. Und er fragt sich: Wo ist der schöne Dresdner Fußball geblieben?

Mich bemächtigte dieser Tage die Idee, Schwarz-Gelb sei derzeit nicht angesagt. Scheinriese Jürgen Klopp weiß in Dortmund nicht mehr weiter. Einsam irrlichtert er durch die Bundesliga, noch emanzipiert sich kein schwarzgelber Karussellbremser zum Faxenverderber und stoppt ihn. Armes Borussia Dortmund, aber fraglos ist es sehr spannend, dem einstigen Volkstribun Klopp bei der Selbstdemontage zuzusehen.

Auch in Dresden gewandet sich 2014 das Elend in Schwarz-Gelb. Wenn Dynamo Dresden in den Achtzigern im Europapokal die Gegner schwindlig zauberte, tanzte noch am nächsten Tag die Stadt. Der Dynamofußball war göttlich. Dynamo machte das DDR-Einheitsgrau bunt und schenkte den Sachsen Glück. Die genialen Spielzüge von Kreische, Häfner, Dörner, Minge, Kotte und Lippmann brachten die Herzen der Stadt zum Leuchten. Doch seit 1989 spielt der einst glänzende, ostsächsische Club nur noch eine untergeordnete Rolle im deutschen Fußball. Wenn er überregional auffällt, dann durch Nebengeräusche seiner Fans.

Die Dresdner Fans leiden: 25 Jahre Höllensturm

Wo ist der schöne Dresdner Fußball geblieben? Die Dresdner Fans leiden. 25 Jahre Höllensturm. Ihre Seelen brennen. Dresdens Fanszene ist bunt. Dresdens Fanszene hat ein deutliches Gewaltpotential. Die Liste der Sünden ist lang. Das zieht die entsprechende Klientel magisch an. 2011 gab es zuletzt daheim Randale. Gegen Eintracht Frankfurt. Mit „Juden Frankfurt“ und einem versuchten Blocksturm quittierten etliche rechtsgesinnte Dynamofans eine geschmacklose Provokation der Frankfurter: „Bomber Harris, mach’s noch einmal“. Es ist das Wehklagen und Greinen der Verkannten und Zukurzgekommenen. Nach 1989 haben sich die besten Fußballer von Meistern der Brieftasche (Calmund und Konsorten), in den Westen beamen lassen. Ein kurzes Kapitel Bundesliga folgte, seitdem ist Dynamo höchstens mal am Tabellenende der Zweiten Liga anzutreffen. Doch die Sehnsucht der Dresdner nach dem großen Fußball ist da.

Im schwarzgelben Dynamoland Dresden rumpelt der Fußball dürftig durch die Dritte Liga. Einzig Das Konzert für drei zu viele Böller und Leuchtspurgeschichte funktioniert. Bei Hansa Rostock traten am Wochenende die Meister der Großlappalie wieder ins Offene. Das Hansastadion mit seinem falsch platzierten Auswärtsfanblock. Er liegt direkt neben der Südtribüne. Die Süd, wie sie liebevoll genannt wird, ist die Heimat aller aktiven Hansafans. Nur ein Minipufferblock und ein Netz trennen die Fanlager, dämlicher geht es nicht. Warum die Auswärtsfans in keinem anderen Teil des Stadions untergebracht werden, wird wohl immer Hansas Geheimnis bleiben. Zuletzt sperrte Hansa nach Ausschreitungen anlässlich der Heimniederlage gegen RB Leipzig im Mai 2014 die Süd.

Die Dresdner sind anfällige Seelen. Sie sind schwach und können nicht widerstehen. Mit dem Verlust der Scham beginnt der Schwachsinn. Wegen irgendeiner Unwichtigkeit meinen etliche junge Dresdner Männer, alle Rostocker hassen zu müssen. Also haben sie Böller und Leuchtspurgeschosse ins Stadion geschmuggelt, um es den Fischköppen mal so richtig zu zeigen. Dreißig Neidknirscher und Wegbeißer gegen zwanzigtausend Zuschauer, die nur Fußball sehen wollten. Mir wurde vorm Fernseher speiübel, als der Schiedsrichter wegen der Böllerwürfe und Leuchtspurgeschoße in den Hansablock das Spiel abbrechen musste. Warum knödelt der Dynamoblock diese anonymen  Pfeifen nicht einfach aus dem Block? Das wäre eine feinsinnige Maßnahme.

Der Dynamomob scheint nicht mehr zivilisierbar

Die Rostocker blieben im Stadion friedlich und kühlten ihr Mütchen nach dem Spiel auf der Baustelle einer Polizeidienststelle. Schmerzgrame Jungmänner, zu nächtlicher Stunde flog manches Bömbchen, ein weiterer Großeinsatz der Polizei folgte. Sigmund Freud würde sagen, sie haben ihr ES nicht im Griff. Nun ermittelt der DFB gegen beide Vereine, besonders die Strafe gegen Dynamo wird happig ausfallen. Eine Teilsperrung des Dynamostadions beim nächsten Heimspiel? Beide Klubs distanzierten sich vom Randalepöbel, doch irgendwie hat man den Eindruck, als sei wenigstens der Dynamomob nicht mehr zivilisierbar. Eine Selbstreinigung der Szene findet nicht statt, die Friends of Anarchy sind einfach zu mächtig. Die Ultras Dynamo sind zwar im Stadion Stimmungsmacher, doch ihr Einfluss auf marodierende Idioten ist sehr gering. Was kann es für einen sächsischen Dörfler Schöneres geben, als im Schutz einer anonymen Fußballfanschar ordentlich am Zeiger zu drehen? Eine zügellose Befriedigung der Triebe nach dem Lustprinzip führt zu Konflikten in der Realität und ist unvereinbar mit einer zivilisierten Gesellschaft.

Im Sommer stieg Dynamo Dresden aus der Zweiten Liga ab. Auch am letzten Spieltag gegen Bielefeld gaben die Fans kein gutes Bild ab.
Im Sommer stieg Dynamo Dresden aus der Zweiten Liga ab. Auch am letzten Spieltag gegen Bielefeld gaben die Fans kein gutes Bild ab.

© p-a/dpa

Zu Zonenzeiten regierte König Fußball in Dresden, da reichten tausend ungute BFC-Fans und die Sachsen stoben davon. Die Masse war friedlich und niedlich, schmuggelte im Hirschbeutel Bier ins alte Harbigstadion und feierte ihre Götter. Am 13.12. spielt Dynamo daheim gegen Cottbus. Klingt nach Problemspiel, wird es auch. Wegen irgendeiner Unwichtigkeit werden etliche junge Dresdner Männer alle Cottbuser hassen müssen. Umgekehrt genau das Selbe. Wieder werden tausende Polizisten die beiden Fanlager trennen. Ja, es nervt, es nervt mich unheimlich.  Und obwohl die Fußballverhinderer diesen Text nicht lesen werden, möchte ich ihnen meinen Ekel ins Gesicht schreien. Ihr Sargnägel des Fußballs seid in eurem selbstsüchtigen Drang nicht besser als Blatters korrupte Schar und manch tollwütiger Innenminister dies und jenseits der Elbe.

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